Montag, 14. August 2023

Polarkreis - Sulitjelma

Polarkreis bis Sulitjelma 


Saltfjell und Junkerdalen


11.08.2023 Mal wieder zelten


Irgendwie fühlte ich mich morgens um halb sieben noch müde. Am Abend hatte ich es erst um 23 Uhr ins Bett geschafft, zu schön war der gemeinsame Abend. Auf Dauer ist das jedoch zu wenige Schlaf, stellte ich fest. Ich nahm mir vor, diese früher schlaf zu gehen. 

Trotzdem schafften wir es bereits um 7:50 Uhr loszulaufen, nachdem Daniel bereits eine Stunde unterwegs war. Er steht üblich sehr früh auf und ist diesmal vergleichbar spät gestartet. 

Kurz nach dem Start kamen wir am Grabmal von Sebastian vorbei. In dem Hüttenbuch am Polarkreis hatte ich die tragische Geschichte von ihm gelesen. Er hatte dieses Tal geliebt, litt aber an einer psychischen Erkrankung, die ihn dazu brachte Suizid zu begehen. Seine Frau Jaana hat seine Asche im Saltfjell verstreut, da er gerne nochmal hierher gekommen wäre. Diese Geschichte rührte mich und als ich am Grabmal stand, kamen mir die Tränen.

Der Pfad war auf den ersten Kilometer anstrengend, denn nicht immer war er gut erkennbar und zudem oft sumpfig. Steil ging es bergab ins Tal, wo wir eine anstrengend Furt befürchteten. 

Doch zwei Brücken erleichterten uns den Wanderalltag sehr. Der Bjøllåga sah auch nach einem tiefen Fluss aus, der schon bei trocknen Bedingungen eine große Herausforderung darstellen würde. 

Der Weg folgte dann dem Tal und war zunächst nicht immer sofort erkennbar. Es ging nur noch leicht auf- und ab bis zur Krukkistua, einer DNT-Hütte. Zwei Norweger verließen gerade die Hütte, als wir sie betraten. Innen war es noch angenehm warm, sodass es uns anschließend schwer fiel, weiterzugehen. Wo ist bloß die Motive geblieben? 

Draußen war es zwar trocken, aber kalt. Der Pfad zwischen Krukki und Saltfjellstua machte echt Spaß. Wenn bloß alle Wege so wären... Zwischen beiden Hütten kommt nan an der kostenfreien Steinstua ved Krukki vorbei. Dies ist eine große, aber spartanisch eingerichtete Hütte. Dort war gerade eine Mutter im Kartenspiel mit ihren Kindern vertieft. 

Unterwegs trafen wir Robert aus Deutschland. Er ist am Nordkap gestartet und möchte auf dem E1 bis Sizilien wandern. Da wir heute zelten wollten, ließen wir uns von ihm Tipps geben. Nach der Saltfjellstua geht es nämlich steil bergauf in eine ausgedehnte Steinwüste. 

An der Saltfjellstua trafen wir Daniel wieder, der es sich dort bereits für eine Übernachtung gemütlich gemacht hatte. Bei einem Kaffee verquatschten wir uns und kamen deutlich später los als geplant. 

Über den reißenden Bjøllåga gab es auch hier eine Brücke. Der Anstieg begann sanft und wurde ab dem Bjellåvatenet deutlich steiler. Rund vier Kilometern hinter der Saltfjellstua fanden wir eine große Ebene mit trockenem Boden, wo eine Menge Zelte Platz finden würden. Es war eisig kalt, auch wegen dem steifen Wind, der hier wehte. Der Zeltaufbau gelang dennoch und kurz darauf fing es an zu regnen. Zusammen mit dem Regen nahm auch der Wind an Intensität zu. Zumindest rüttelte er ordentlich am Zelt. 


12.08.2023 Die Steinwüste im Steindalen


Trotz Wind und Regen konnte ich genügend schlafen. Am Morgen war das Zelt schon wieder trocken. Ein Vorteil, wenn es windig ist.

Es ging weiter bergauf auf über 1000m. Der Anteil an Fels und Geröll nahm stetig zu. Anfangs bis zum Lønstindvatnet gab es noch Zeltstellen, später nicht mehr. Stattdessen liefen wir durch eine Art Geröllwüste, die sich naturgemäß nicht sonderlich zum übernachten eignet. Etwa sechs bis sieben Kilometer dauerte die Strecke durchs Blockgestein an. Mir und auch Nadja gefiel diese Route sehr gut, auch wenn man sich beim Gehen stark konzentrieren muss. Die Steine waren trocken und meistens fest verankert. 

Als das Flusstal erreicht war, hörte die Steinwüste auf. Leider wurde es zwischenzeitlich auch wieder sumpfig... Daniel hatte uns bereits in der Früh überholt, als wir noch gezeltet hatten, doch inwieweit hatten wir ihn eingeholt. Ihm hatte das Blockwerk weniger gefallen. Wir alle nahmen den Abzweig links vom Fluss, auch wenn man diesen dann zweimal queren muss. Oben ließ er sich dast trocken auf großen Steinen furten, im unteren Bereich funktionierte dies nicht ganz. Es war trotzdem einfach. 

Hinter der letzten Furt wurde der Pfad immer einfacher, auch kamen uns vermehrt Wochenendausflügler entgegen. Die letzten Kilometer bis zur Lonsstua waren sehr angenehm. 

Dort machten wir eine Pause, bis Daniel eintraf. Bevor wir richtig aufbrachen, statteten wir dem Polarsirkelen Hotel einen Besuch ab, in der Hoffnung, dass es dort ein Restaurant gibt. In dieser Hinsicht wurden wir leider enttäuscht. Lediglich Minipackungen Chips (30 g für 20 NOK) und Softdrinks gab es zu kaufen. Zu unserem kleinen Einkauf gab es 5 hartgekochte Eier, die vom Frühstück übrig geblieben waren, dazu. Zwei davon brachten wir Daniel, ehe wir aufbrachen. 

Der Wanderweg bis Junkerdal war erstaunlich einfach, teilweise sogar mit Planken ausgelegt. Die Landschaft war von Birken, Schneeheiden und Felsplatten geprägt. Zwischendurch gab es natürlich den ein oder anderen See zu sehen, einen sogar mit Sandstrand.

Steil ging es auf einem guten Waldpfad bergab nach Junkerdal, wo es früher einen Campingplatz gab. Laut der Angabe anderer Wanderer, könnte man dort aber immer noch zelten. Wir legten Junkerdal daher als unser Tagesziel fest und kamen um 18 Uhr dort an. Wirklich tolle Zeltplätze gab es nicht, aber neben den ehm. Cabins fanden wir eine Möglichkeit. Ansonsten gibt es hier leider nichts von Belang. 


13.08.2023 Die verfallene alte E6


Kurz nachdem wir aufgebrochen waren, stellten wir beide fest, dass wir gar nicht an dem ehemaligen Campingplatz übernachtet hatten, denn an diesem kamen wir dann vorbei. Von außen sah es wie eine verwaiste Wohnwagensiedlung aus. Tja, zu verpeilt den Campingplatz zu finden. Wie habe ich es überhaupt so weit geschafft? 

Dann bogen wir auf die alte E6 ab, welche laut Berichten anderer Wanderer zwar anstrengend, aber durchaus machbar sein soll. Der Anfang war auch richtig angenehm. Eine nicht mehr befahrene Naturpiste.

Am Fluss Skaitielva bogen wir links auf einen Pfad ab, der teils überwuchert war. Das war zwar manchmal etwas nervig, aber ganz ok zum gehen.

Irgendwann kamen wir zu dem Teil vom Weg, der wegerodiert war. Zunächst konnten wir noch ganz gut über diese Stellen hinweg kraxeln. Trittsicherheit braucht man dabei auf jeden Fall. 

Dabei blieb es aber leider nicht. Irgendwann querten wir einem Steilhang, von dem nur noch loser Kies übrig war. Ich musste mich beim überqueren am Fels oberhalb festhalten, da der Kies unter mir keinen richtigen Halt bot. Aber auch dabei blieb es nicht. Irgendwann klaffte dort, wo die alte E6 sein sollte, nur noch ein Loch. Darunter befand sich der reißende Fluss. Wir versuchten stattdessen nach oben zu gelangen, indem wir den Steilhang im dichten Dschungeldickicht hochkletterten. Ich sah manchmal etwas platt getretenes Gestrüpp und hoffte, man könne den Abhang so umgehen. Ohne so richtig zu sehen, wo ich hintrat, lief ich vorsichtig Schritt für Schritt durchs Dickicht. Nadja war direkt hinter mir. Bergab rutschte ich den letzten drei Meter unfreiwillig auf dem Hintern nach unten. 

Nadja schaffte es ohne auf dem Hintern zu landen nach unten:

Ab dort gab es dann auch wieder eine ausgetretene Spur im Gestrüpp. Brusthohe Brennesseln machten das Wandern unangenehm schmerzhaft. 

Als wir endlich die Forststraße erreichten und nach einem Kilometer die Trygvebu erreicht war, waren wir völlig erschöpft und gleichzeitig heilfroh. In der Hütte trafen wir Felix aus München, der mit MTB und Packraft unterwerfen ist. Gegenseitig unterhielten wir uns über unsere Touren, bis Daniel dazu kam und sich ebenfalls ins Gespräch einklinkte. Es vergingen etwa zwei einhalb Stunden, ehe wir aufbrachen. Simone und Stefan trudelten dann auch noch ein. Wir alle waren den Weg über die alte E6 gegangen und sind uns einig, dass dieser nicht mehr zu empfehlen ist! Das Unwetter vor ein paar Tagen hat ihn wohl nun endgültig zerstört. 

Der Pfad bis zur Argaladhütte war viel einfacher zu gehen und so schafften wir die acht Kilometer in zwei Stunden. Am Weg gab es beeindruckende Wasserfälle zu bestaunen, ansonsten war er eher unspektakulär.

Kurz davor waren erneut Schäden des Unwetters zu spüren.

Die Argaladhütte ist sehr klein und riecht niedlich. Wir bezogen die neue Hütte, während Daniel die andere in Beschlag nahm. Da sowohl Nadja als auch ich bei dem sonnigen Wetter viel geschwitzt hatten, badeten wir kurz im eiskalten Fluss, ehe wir es uns gemütlich machten. Am Abend tranken wir noch mit Daniel Tee und ratschten übet die weitere Tourplanung. 

Im Hüttenbuch lasen wir, dass das Gelände drumherum vom 7. auf den 8. August durch Starkregenfälle und steigende Flusspegel überflutet war. Die ältere Hütte soll sogar innen unter Wasser gestanden haben. Wir sind froh, dies nicht erlebt zu haben. Inzwischen ist die alte Hütte wieder in einem perfekten Zustand. 

14.08.2023 Polarhitze

Da es am Nachmittag regnen soll, sind wir bereits zu dritt um sieben Uhr gestartet. Bereits nach etwa einem Kilometer gelangten wir zu dem Überschwemmungsgebiet, vor dem uns Felix gewarnt hatte. Eine große Brücke war zwar etwas schief, funktionierte aber noch ganz gut. Nur Wasser gab es unterhalb der Brücke kaum noch... 

Kurz dahinter kamen wir zu dem neuen Fluss, den wir alle nacheinander überquerten. Er war etwa drei Meter breit und das Wasser ging uns maximal bis zum Knie. Schnell war ich durch und zog meine Socken wieder an.

Anschließend lief Daniel wieder alleine weiter und wir beide folgten dem Tal zum Ballvatnet. Er war bei Sonnenschein und blauem Himmel angenehm zu gehen. Neue Wegmarkierungen führten uns zu einer neuen Brücke. Blöderweise war nur der Weg noch nicht ausgetreten, weshalb es etwas anstrengend war. 

Ab dem Ballvatnet wurde es landschaftlich noch reizvoller. Irgendwer hatte im Hüttenbuch den Weg zwischen Ballvass-Hütte und Tjoarvi als langweilig beschrieben. Nachvollziehen konnten wir das gar nicht. 

Durch den beständigen Sonnenschein war es so warm geworden, dass ich spontan die Idee hatte, eine Pause an einem See zu machen. Nadja fand die Idee ansprechend und so erfrischten wir uns kurz im sehr kalten Wasser. Es war echt kalt, tat aber total gut. Eine Weile saßen wir noch in der Sonne, bis Daniel vorbeikam. 

Die Erfrischung hielt bei dem Wetter natürlich nicht lange. Etwa acht Kilometer hatten wir noch vor uns. Etwa auf halber Strecke kämpfte ich zunehmend mit Schmerzen im Unterbauch. Der Rucksack half und die Hitze halfen auch nicht gerade. Mit dem Tempo von Nadja konnte ich nicht mehr wirklich mithalten und so fiel ich etwas zurück. Irgendwann war ich so fertig, dass ich mich auf einen großen Felsblock legte. Nadja bemerkte es und leistete mir Gesellschaft. Nach wenigen Minuten ging es wieder, ich bat allerdings darum, langsamer zu laufen. 


So klappte es besser und mein Kreislauf blieb auch stabil. Die Landschaft war so schön, dass wir beständig anhielten, um Fotos zu machen. Kurz bevor wir endlich die Tjoarvi Hütte erreichten, pflückten wir noch ein paar sehr aromatische Blaubeeren. 

Um 16 Uhr kamen wir an und erkundten zunächst die doch sehr verwinkelte Unterkunft. Dann holten wir jeder einen Eimer Wasser aus dem See, in dem ich mich zudem kurz erfrischte. Daniel kam noch vor dem Regen an, der doch relativ kräftig ausfiel. 

Gemeinsam machten wir es uns gemütlich und unterhielten uns u.a. über die weitere Tourplanung. Nadja und Daniel werden morgen zum Campingplatz in der Nähe von Sulitjelma laufen, während in zur DNT Hütte oberhalb von Sulitjelma gehen werde. Mit entsetzen stellten wir fest, dass es am Mittwoch etwa 30 Liter regnen soll. Wir alle wollen am Mittwoch einen Ruhetag einlegen. Somit ist es halb so schlimm. 


15.08.2023 Aufwändiger Resupply


Ich konnte nicht so schnell antworten einschlafen, da ich mit viele Gedanken über den kommenden Tag machte. Die Aussicht auf einen 9km langen und zudem steilen Umweg zum Einkaufen gefiel mir nicht. Die Alternative wäre zusammen mit den anderen zum Campingplatz zu wandern und von dort aus erst zum Einkaufen und dann hoch zur Hütte zu gehen. Der Weg wäre zwar kürzer, aber komplett auf Straßen. Zudem könnte ich dann meinen Rucksack vorher nicht leeren, sodass Platz für den Einkauf ist. Doof irgendwie. Da konnte ich nur auf einen Hitch zwischen Hütte und Supermarkt hoffen.

Trotzdem wachte ich bereits früh auf und fühlte mich wach. Wir verabschiedeten uns und ich startete den Wandertag bei kühlem Wetter. Es war so angenehm kühl und trocken, dass die Kilometer nur so dahinflogen. Ich trug dabei kurze Kleidung, ideal beim Wandern, für längere Pausen zu kalt. 

Nervig war nur wieder das invasive Fjellgestrüpp.

Bereits nach weniger als drei Stunden hatte ich die Tljaves Hütte erreicht. Nach einem Bliin die Hütte mit einem Rest Schokolade ging es weiter. 

Die Landschaft wurde immer schöner und der Pfad war angenehm. In der Ferne erspähte ich Ausläufer des Sulitjelmaisen. 

Runter zum Lomivatnet wurde der Weg etwas anspruchsvoller, da er zwischendurch sehr steil war. Die türkise Farbe des großen Stausees gefiel mir und ich blieb öfters stehen, um den Blick schweifen zu lassen. 

Am Ende der Straße parkten sechs Autos und ich schöpfte Hoffnung für einen Einkaufshitch. Nach 20km Wanderweg hatte ich die Schotterstraße erreicht.

Dieser musste ich etwa sieben Kilometer folgen, ehe ich um 14 Uhr die Ny-Sulitjelma Fjellstue vom DNT erreichte. Dort verwickelte mich ein norwegischer NPL-Läufer prompt in ein Gespräch. Das war an sich ganz nett, nur gab es da ein Problem: er lag sauber und entspannt auf der Couch, währen
d ich hungrig, verschwitzt und erschöpft war. Ich eiste mich los, leerte meinen Rucksack und begann den Abstieg ins Dorf. Natürlich sah ich gar kein Auto vorbeifahren... also zu Fuß runter. Da die Chance auf einen Hitch mies war, nahm ich die Abkürzung auf dem Wanderweg. Das ging ganz gut, nur das Gestrüpp war vom vorherigen Schauer nass. 

Im Coop suchte ich als erstes den Postschalter auf, um ein paar Ausrüstungsgegenstände nach Hause zu schicken und zwar folgende:

- Windjacke
- Kopfnetz
- Multi Kleidungsstück Apex
- Wasserdesinfektion
- 1 Paar Socken 
- Kackschaufel
- Gamaschen

Der Herr am Postschalter war sehr hilfsbereit und der Preis mit 190 Kronen auch völlig in Ordnung. Der Einkauf mit leerem Magen hingegen war bedeutend teurer. Ich lud den Einkaufswagen mit allerlei Leckereien für 7-8 Tage sowie Lebensmittel für den Ruhetag voll. Es passte gerade so in den Rucksack. 

Der Aufstieg war extrem anstrengend. Und natürlich fuhr dort auch diesmal kein PKW entlang. Schwitzend und schnaufend kam ich eine Stunde später in der Hütte an. Meine Lebensmittel verteilte ich im Zimmer und die nassen Schuhe kamen in den Trockenschrank.

Im Kühlschrank ist noch mehr:

Der Schweizer David wies mich auf die Möglichkeit einer Dusche hin, als ich etwas von "frisch machen" murmelte. Ich fühlte mich wie ein Kind an Weihnachten, als er dies sagte. Es gibt keine richtige Dusche, aber einen Waschraum mit Warmwasser, einem Abfluss und einer Schüssel. Demzufolge musste ich das warme Wasser bloß selber über meinen Körper gießen. Das funktionierte hervorragend! Anschließend fühlte ich mich wie neu geboren.

Am Abend gab mir David wertvolle Tipps zu meiner Route durchs Narvikfjell, da er die Gegend sehr gut kennt. 

Link zur GPX-Datei: Polarkreis bis Sulitjelma

1 Kommentar:

michael hat gesagt…

Einfach nur "wow"

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