Montag, 11. Juli 2022

USA Arizona Trail Thruhike Etappe 1

Etappe 1: Mexiko - Vail


Strapaziöser Start

Lange war aufgrund der massiven weltweiten Corona-Einschränkungen unklar wohin die Reise gehen würde. Erst kurzfristig haben mein Mann und ich uns festgelegt, den Arizona Trail zu gehen.

Die ersten Tage in den USA waren vollgestopft mit nerviger Organisationsarbeit – für Sightseeing blieb keine Zeit. Unsere Laune war deswegen noch nicht wirklich fröhlich.

Da wir von Phoenix aus erst zum Startpunkt kommen mussten, startete der Tag extrem, damit wir den Bus nach Tucson zu erwischen, wo uns ein Shuttleservice abholen sollte. Zum Glück hat das alles pünktlich geklappt, sodass wir um halb zehn endlich loslaufen konnten. Doch loslaufen bedeutete in dem Fall noch nicht wirklich, den Arizona Trail zu starten, den der geht erst an der mexikanischen Grenze los. Dahin fährt aber kein Shuttle, sodass wir noch ein paar Zusatzkilometer und Höhenmeter dahin bewältigen mussten. Das führte dazu, dass zu den üblichen 12.8km bis zur ersten Wasserquelle noch 6 weitere dazu kamen. Es sollte ungefähr 2000hm bergauf gehen. Fängt ja gut an... Mein Mann war sich unsicher, ob das realistisch machbar ist, weshalb er extra viele Lebensmittel einpackte. Alle anderen Thruhiker die wir in den nächsten Tagen sehen sollten, sagten der erste Tag sei der schwierigste.


Die Aussicht entschädigte an dem Tag, schon nach dem ersten Anstieg in Richtung der mexikanischen Grenze war es atemberaubend schön. An der Grenze wurde das übliche Startbild gefertigt und dann ging es wieder hoch. Am Parkplatz befanden sich eine Menge Tageswanderer. Die Aussicht wurde mit jedem hm noch schöner. Ist das überhaupt möglich? Anscheinend ja. Die mexikan. Seite fanden wir übrigens schöner, da dort keine Siedlungen zu sehen waren. Es wurde wärmer und der Anstieg wollte nicht enden. Harry Potter motivierte auf englisch zum weitergehen und so verstrichen die Stunden. Endlich! Der Abzweig zum Miller Peak, ein Gipfel den fast alle mitnehmen. Hier hatte man einen fantastischen 360 Grad Rundumblick. Kalt und windig war es auch – sogar winzige Schneereste lagen hier herum. 



Doch wir mussten weiter, schließlich waren es noch ein paar km und die Sonne würde bald untergehen. Bald darauf führte der Weg ca. 3km über alte Schneeeste, die aber so festgetreten waren, dass keine Schuhspikes nötig waren. Die hatten wir aus Gewichtsgründen Zuhause gelassen. Erschöpft, aber glücklich kamen wir bei der vollen Bathtub-Spring an und machten uns sofort daran das Zelt aufzubauen.


Mehr bergab als bergauf

Wie kalt es werden würde in dieser ersten Nacht on trail auf ca. 2600m Höhe, war eine Frage, die wir uns vorab gestellt hatten. Doch die Nacht war nicht ganz so frostig wie anfangs befürchtet. Und das Wasser aus der Quelle schmeckte ausgezeichnet. Im Gegensatz zum ersten Tag sollte es heute viel bergab gehen und weniger bergauf. Da wir mit einem Schlafdefizit losgelaufen waren, standen wir erst um halb acht auf - die anderen zwei Hiker, die wir am Vorabend nur aus der Ferne gesehen hatten, waren schon weg.


Auch heute glänzte der Trail wieder mit schönen Aussichten nach Mexiko. Hin und wieder ging der Weg durch Wald, was angenehmen Sonnenschutz bot. Zwischendurch konnten wir unser Wasser immer mal wieder an kleinen Bächen oder Überresten von solchen auffüllen – schön, wenn das so einfach ist. Doch am Nachmittag wurde es mir schon so warm, dass ich meinen neuen Sonnenschirm ausprobieren wollte. Doch so recht kam ich damit noch nicht zurecht. Entweder war der Schirm so tief, dass ich kaum noch sehen konnte oder die Sonne schien mir ins Gesicht. Echt nervig! Unseren Nachtplatz fanden wir nach 24km ganz in der Nähe vom Bach im Parker Canyon - hier war Platz für ein paar mehr Zelte, doch es kam keiner mehr. Im Gegensatz zum letzten Abend war es diesmal warm genug um noch draußen sitzen und essen zu können.


Erschöpfung & eine frostige Nacht

Diesmal standen wir um 6:30 Uhr auf, was sich in den nächsten Tagen als die übliche Zeit zum aufstehen einstellen sollte. Zuerst stieg der Weg nur leicht an und führte durch hügeliges Gelände mit ein paar grünen Büschen. Nach 12km fanden wir einen Kuhteich als Wasserquelle, welche zusätzlich als Rastplatz für die Mittagspause diente. Das Wasser sah optisch bräunlich aus, schmeckte aber deutlich besser als es aussah. Anschließend ging es einige hm bergauf auf einen Hügel. 



Der Anstieg war zwar weder schwierig noch steil, doch es war inwzischen so warm, dass der Anstieg trotz Sonnenschirm sehr anstrengend war. Die nächste Übernachtung peilten wir 27km hinter unserer letzten Zeltstelle an, da sich dort eine gute Wasserstelle befinden sollte. Der Weg wurde zwar wieder flacher, doch es fühlte sich für mich weiterhin anstrengend an. Die grandiose mit gelbem Gras übersehene Hügellandschaft heiterte meine Laune auf. 











Erschöpft kamen wir bei der Wasserquelle an und stellten fest, dass die Pumpe nun, wo die Sonne bereits weg war, nicht mehr funktionierte, da sie mit Solarbetrieb funktionierte. Zum Glück befand sich daneben noch eine Art Miniteich mit klarem Wasser. Da man eine Viertelmeile im Umkreis der Quelle nicht zelten dufte, zogen wir weiter. Als wir eine sehr idyllische Zeltstelle gefunden hatte, musste ich mich erst mal ausruhen, so erschöpft war ich, bevor es ans aufbauen ging. Den ganzen Tag laufen ist ganz schön anstrengend, stellte ich fest. "Warum bin ich so erschöpft und habe doch nicht so viele km geschafft?" dachte ich mir und Zweifel kamen auf. Erst viel später kam ich darauf, dass ich viel zu wenig gegessen hatte. Vorräte hatte ich zwar genug mit, doch da ich die ersten Tage versucht hatte beim gehen zu essen, aß ich kaum was. Im gehen essen hat sich für mich nicht praktikabel erwiesen – heißt also für mich entweder essen oder laufen. Der Großteil von unserem Wasser gefror in der Nacht, so kalt wurde es. 


Endlich in Patagonia!

Morgens kam ich nur schwer in die Gänge, weil es mir so kalt war. Langsam packte ich meinen Teil und wir gingen mit langer Kleidung los. Kurz nach Aufbruch sahen wir eine tote Kuh in einem Graben liegen. Ein trauriger Anblick.


Bald darauf kamen wir bei einer Wasserquelle an und füllten erst mal auf um für den Weg bis Patagonia ausgerüstet zu sein. Nachdem es frostig losging, wurde es schnell warm, sobald die Sonne bis auf den Trail schien. Schon um halb zehn spannten wir die Schirme auf. Eine gute Entscheidung! Wir stellten fest, sie nützen umso mehr, wenn man sie aufspannt bevor man überhitzt. So ließ es sich schon viel besser laufen. Die letzten km bis Patagonia liefen wir auf einer Asphaltstraße bis wir nach insgesamt 16km zur späten Mittagszeit beim neuen Campingplatz Terrasol ankamen. Dort hatten wir auch WIFI, was auch dringend notwendig war, da wir trotz unserer amerikanischen T-Mobile Sim-Karte keinerlei Empfang hatten. Erstmal duschen – was für eine Wohltat! Die Inhaberin Mary war so freundlich uns je ein Fahrrad auszuleihen, um damit fußschonend in den Ort zu fahren, wo wir unsere Vorräte in zwei kleinen lokalen Geschäften auffüllten und uns ein leckeres Abendessen zu gönnten.


Forststraßentag

Für einen Ruhetag war es noch zu früh, obwohl es auf dem Campingplatz, der extra für Thruhiker ausgerichtet war, echt toll war. Der fünfte Tag versprach anstrengend zu werden, denn es sollte ungefähr 1000hm bergauf gehen. Doch der Weg entpuppte sich als Forststraße, die den größten Teil der Höhenmeter bergauf verlief. So war der Weg zwar langweilig, aber extrem einfach zu gehen, sodass wir schneller voran kamen als vorab vermutet. Bei einer von mehreren Wasserquellen, die sich auf dem Weg bergauf fanden, machten wir eine ausgiebige Mittagsrast, denn auch heute war es wieder so warm und sonnig, dass wir seit halb zehn mit den Schirmen liefen. Die halfen enorm gegen die Hitze. Erst die letzten hm zum Pass wurde der Weg wieder zu einem Trail, welcher zu schmal für die Schirme war. Oben angekommen war es endlich kühler und wir teilten uns den ersten Elektrolytdrink auf dem AZT. Der half tatsächlich die Konzentrationsfähigkeit zu steigern, nachdem diese nach dem langen Anstieg ziemlich gelitten hatte. Nun waren es nur noch wenige km bis zur Bear Spring, wo auch tolle Zeltplätze sein sollten. Nach 25km dort angekommen zeigte sich, dass unsere Wahl hervorragend war, war das Wasser klar und kühl und genügend Platz für viele Zelte. Es lief zwar am späten Abend noch jemand mit einer Stirnlampe vorbei, doch wir blieben alleine und die Nacht war angenehm warm.


Sozialer Tag

Am nächsten Tag verlief der Trail erst gemächlich eher eben über eine Art Höhenweg bis es zu einer Dirtroad runterging, wo schon der nächste fließende Bachlauf mit frischem & klarem Wasser auf uns wartete. Viel mussten wir an dem Tag also nicht tragen. Das erste Highlight des Tages war ein interessantes Gespräch mit einer deutschen Langzeitreisenden, welche den AZT kurz vor Corona angefangen hatte und ihn 2022 beenden wollte. Das zweite Highlight war eine gemeinsame Mittagsrast mit einer Kanadierin, die den AZT ebenfalls komplett laufen wollte, aber "nur" etwa 20km pro Tag gehen wollte. Es war genauso wie bei uns ihr erster Thruhike. Wir schafften die ersten Wochen auch nur so etwa 25km, obwohl wir erst kurz vor Sonnenuntergang unser Zelt aufstellten.





Ansonsten verlief der Weg auch mal durch lichten Wald und bot immer mal wieder schöne Aussichten auf die umliegenden Hügel. Zum Ende hin wurde uns dann unerwartet das Wasser knapp. Laut App sollte die Bowman Spring offtrail sein, doch es war kein aktuelles Kommentar da. Wir verließen den Wald und stiegen in einen steil abfallenden Canyon ab um dort kein Wasser zu finden. Nervigerweise war die Vegetation dermaßen dornig, dass uns beiden unsere Beine durch die erfolglose Suche nach Wasser total zerkratzt waren. Also ging es wieder zurück auf den Weg. Da die Sonne bereits am untergehen war, platzierten wir unser Zelt nach 27km direkt am Weg an einer flachen Stelle. Das Wasser war knapp, reichte aber gerade so. Als Trostpflaster bekamen wir einen schönen Sonnenuntergang zu sehen.









Tag der Trailmagic

Wären wir am Tag zuvor nur ein wenig weitergelaufen, wären wir noch am Abend an der grandiosesten Trailmagic des ganzen Trails angekommen. Es gab nicht nur ganz viele Gallonen Trinkwasser, viele versch. Lebensmittel sondern auch eine Menge Artikel, die auf einem Thruhike hilfreich sein können. 



Wahnsinn – da hat sich jemand ganz viel Mühe gegeben. Mein Mann hat sich in den letzten Tagen schon zwei Blasen an den Fersen zugezogen, doch die Compeed-Blasenpflaster wollten einfach nicht halten. Ich hatte am Vortag auch eine Blase an der Ferse bekommen, doch immerhin hielt das Blasenpflaster bei mir. Er war sehr froh über die Auswahl an verschiedenen Blasenpflastern und ich half ihm zuerst, seine Füße zu verarzten. Anschließend ließen wir uns Zeit um gemütlich in den bereitgestellten Klappstühlen zu speisen. So kann man auch auf angenehme Art & Weise am weitergehen gehindert werden. Als wir aufbrechen wollten, kam die Kanadierin von gestern an – da mussten wir uns natürlich erst mal bei einem kurzen Ratsch austauschen. Auch heute wurde es wieder heiß und die Schirme kamen reichlich zum Einsatz. Es gab nur wenig Schatten, doch für die Mittagspause fanden wir eine schattige Stelle in einem kleinen fast ausgetrockneten Bachbett. Es fanden sich sogar noch zwei kleine Wasserlöcher, sodass sogar eine Katzenwäsche möglich war. Was für eine Wohltat!



Zum Abend hin liefen wir bis zu den "Twin Tanks", die sich als zwei trübe Seen herausstellten, von denen einer ausgetrocknet war. Das Wasser war trüb, schmeckte aber ok. Auf dem vegetationslosen Boden fanden wir nach 27km eine Stelle fürs Zelt.


Hitze & Kakteen

Der nächste Tag verlief meist durch relativ eintönige leicht wellige Landschaft mit vielen Kakteen und wenig Schatten. Natürlich war es auch diesmal sonnig & heiß! Eine gehörnte Eidechse mit oval geformtem Körper huschte ins niedrige Stachelgebüsch, um meiner Kamera zu entgehen. Das Tierchen empfand sich wohl als nicht sonderlich fotogen – auch wenn ich da anderer Meinung bin. Die Mittagspause verbrachten wir unter dem einzigen Baum in Sichtweite einer Straßenunterführung. 



Die Pause im Schatten tat gut - es war gar nicht so leicht sich aufzuraffen um weiterzugehen. Am Nachmittag sahen wir die ersten Saguaro Kakteen. Krass, wie riesig die sind! 



Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir bei der La Posta Quemada Ranch an. Da man dort nicht übernachten durfte, aber es sehr bald dunkel werden würde, liefen wir ein Stück zurück und stellten unser Zelt nach 27km auf plattem Gras auf, wo scheinbar vor nicht allzu langer Zeit bereits ein anderes Zelt stand. Morgen würde es nach Vail zum Safeway und zum Taco Bell gehen.


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