Freitag, 15. Juli 2022

Arizona Trail Roosevelt - Pine

Arizona Trail Etappe 4: Lake Roosevelt - Pine


Weiter gehts


Schon bald führte der Weg durch eine mit Kakteen übersäte Landschaft bergauf. Die Wüste war hier doch noch nicht zu Ende… Unserer Start zur Mittagszeit war für den Anstieg denkbar ungünstig, war es doch inzwischen viel zu heiß geworden. 



Laut Wettervorhersage sollte es in den nächsten Tagen im Ort Roosevelt in der Nähe vom Lake Roosevelt 36 Grad heiß werden. Keine tolle Aussicht! Aber oben in der Four Peaks Wilderness sollte es doch hoffentlich weniger warm sein. Schleppend ging es mit schöner Aussicht auf den See bergauf. In der Nähe von einer Wasserquelle, die sich ein klein wenig off trail befand, platzierten wir unser Zelt. Eigentlich hätten wir noch ein paar mehr km wandern wollen, doch nachdem wir so langsam waren, schafften wir dies nicht mehr. 15 Kilometer hatten wir heute geschafft. Immerhin gab es hier Sitzgelegenheiten in Form von großen Steinen.


Quälerei in der Four Peaks Wilderness


Die ersten Kilometer in der Früh waren noch ganz angenehm. An einer natürlichen Quelle füllten wir unsere Wasservorräte auf, bis ein ca. 1000hm Aufstieg bewältigt werden wollte. Blöderweise wurde es schon schnell heiß. Einige Zeit versuchte ich trotz des dichten Buschwerks mit Schirm zu gehen, gab es aber irgendwann auf, da ich immer wieder hängen blieb. Ohne Schirm belastete mich die Hitze noch mehr. Immerhin war der Aufstieg dann geschafft, der Weg sollte nur noch leicht ansteigend den Berg queren. Die Aussicht auf den Lake Roosevelt war zwar schön, aber der Weg war einfach zu anstrengend. 



Zu allem Überfluss war er auch noch mit Büschen zugewachsen, durch die man sich immer wieder durchkämpfen musste. Nervig! Als ob dies nicht genug wäre, fing meine Kopfhaut auch noch wie verrückt an zu jucken. Das passiert mir, wenn ich meine Haare (bzw. die Kopfhaut) zu lange nicht gewaschen habe.


Verzweifelt suchten wir ein Plätzchen für eine längere Pause, doch wir fanden einfach keine Stelle mit Schatten, wo man sich hinsetzen konnte. Notdürftig hockten wir uns auf den Weg. Ich fühlte mich total schwach, meinem Mann ging es besser, aber auch er war erschöpft. Trotzdem hatte ich kaum Lust irgendwas zu essen und zwang mich dazu zumindest einen Riegel zu essen. Mehr schaffte ich in dem Moment nicht. Und als wäre dies noch nicht genug, taten mir ständig meine Schultern weh, wenn ich den Rucksack trug. Also die meiste Zeit. Mir war die Ursache, massive Verspannungen aufgrund von Überlastung, bekannt. Doch wie konnte ich dies nur verhindern? Mein Mann massierte mich an dem Tag sehr oft, doch oftmals taten mir die Schultern schon nach zehn Minute erneut weh.


Erst einige Kilometer später gelangten wir zu einem Rinnsal, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen konnten. Die Gelegenheit musste ich nutzen und bat meinem Mann, mir dabei zu helfen, dass ich mir meine Haare waschen kann. Dazu füllte ich Wasser an der Quelle ab, lief einige Meter zurück und bat ihn das Wasser über meine Haare zu gießen. Für solche Fälle führe ich eine winzige Menge Trockenshampoo mit mir. Anschließend fühlte ich mich schon etwas besser. Wir kletterten die Felsen unterhalb von dem Rinnsal herunter und setzten uns mit den Evazote Matten in den Schatten. Dort aß ich eine Müslimischung aus der Hikerbox, wozu ich in dem Zustand ganze 45 min. brauchte.


Zum Glück wurde der Weg irgendwann wieder einfacher und auch schattiger, als wir die andere Seite vom Berg erreicht hatten. Dort füllten wir an einem schnell fließenden Bach erneut auf und suchten uns ein paar Kilometer weiter eine notdürftige Zeltstelle. Geschafft hatten wir bei dem langsamen Tempo bloß 23km.


Die Schmerzen gehen weiter


Der nächste Tag war zwar genauso unangenehm heiß, aber immerhin ging es nur wenig bergauf. Außerdem führte der Trail schon bald auf eine Forststraße, die zwar langweilig war, auf der man aber immerhin schnell voran kam. Es hätte also eigentlich ganz angenehm sein können, wären da nicht immer noch meine massiven Schulterschmerzen gewesen. Wieder massierte mich mein Mann mehrfach, wieder kamen die Schmerzen jedes Mal zurück. Verschiedenste Einstellungen an den Schultergurten nahmen wir vor, um die Lage zu verbessern. Denn meine Schultern sind nicht gerade, sondern stark abfallend, sodass Schulterträger von Rucksäcken bei mir gewöhnlich nicht plan anliegen.


So hatten wir bis wir einen schönen Platz an einem Bach für die Mittagspause gefunden haben, bereits einige Kilometer geschafft. Dort wurde es dann zusätzlich zum essen noch Zeit für eine Wäsche unserer stinkenden Kleidung. Der Hitze konnten wir auch ein wenig entkommen, denn im Schatten ist es im trockenen Arizona bedeutend kühler. Selbst wenn es in der Sonne richtig angenehm ist, lässt es sich im Schatten gut aushalten. Zuletzt wurde diese in Kearny gewaschen.



Im weiteren Verlauf wechselte der AZT dann wieder auf einen Pfad, der diesmal bergab in ein hübsches Tal mit einem fließenden Bach führte. Der Pfad war einfach zu begehen und wir trafen ein paar andere Hiker. Im Vergleich zu dem Teil auf der Forststraße war es bedeutend schöner und trotzdem gut zu gehen. Wir liefen zum Abend hin schneller, als es auch endlich klimatisch angenehmer wurde, denn wir wollten es noch vor Einbruch der Dunkelheit bis zum Sycamore Creek schaffen, wo es laut der App tolle Zeltplätze geben sollte. Ein anderer Hiker zeltete bereits bei dem für Arizona vergleichsweise breiten Bach und wir platzierten unser Zelt auf der anderen Seite. So tolle Zeltplätze gab es aber doch nicht. Man musste sein Zelt schlicht auf den Kiesboden stellen. An diesem Tag hatten wir sogar 29km geschafft.


Eintritt in die berüchtigte Mazatzal Wilderness


Die Mazatzal Wilderness wurde in Berichten von anderen Thruhikern manchmal als herausfordernd beschrieben. Die Wege seien schwieriger zu begehen und die Markierungen wären weniger gut als auf dem Rest vom Trail. Auf diesen Bereich war ich auch deshalb besonders gespannt.


Doch bevor wir die Grenze zur Mazatzal Wilderness betreten würden, mussten wir erst dahin gelangen. Nördlich vom Sycamore Creek ging es erst relativ eben durch trostlose trockene Landschaft, bevor er nach der Querung von einem kleinen Bach in Kehren bergauf verläuft. Da wir uns vor dem Anstieg verlaufen hatten, mussten wir ein paar Zusatzkilometer laufen. Der Abzweig war zwar markiert, aber die Markierungen waren etwas versteckt angebracht. Blöderweise war es auch an diesem Tag erneut heiß und sonnig – der Aufstieg war dadurch ganz schön anstrengend. Die Mittagspause verbrachten wir am Rand eines ausgetrockneten Bachbetts.



Die Grenze zur Mazatzal Wilderness übertraten wir am Ende vom Aufstieg, hinter dem der Trail über einen Höhenweg verlief. Sobald wir die Grenze erreicht hatten, zogen erste Wolken auf und schirmten ein wenig die Sonne ab. Dadurch wurde das Wandern gleich wieder angenehmer. Ziemlich plötzlich wurde die Landschaft hügelig und überraschend grün. Es waren zwar keine hohen Bäume, aber viele etwa brusthohe Sträucher, die die Vegetation ganz anders wirken ließ. Es ging bergab zu einem Bach, dann wieder bergauf und schließlich erneut bergab zu einem anderen Bach. Dort bauten wir nach 25km unser Zelt in einer kleinen Mulde auf. So wie die Höhenlinien aussahen, würde es noch länger dauern, bis wir eine Alternative finden würden. Die Schulterschmerzen waren leider immer noch ein Problem, wurden aber mit dem abnehmenden Rucksackgewicht langsam schwächer.


Grandioser Wandertag in der Mazatzal Wilderness mit interessanten Begegnungen


Die Mulde sah zwar auf den ersten Blick nicht ganz so bequem aus, war aber doch viel besser als anfangs gedacht. Es war auch am Abend angenehm warm, sodass man noch draußen auf einem passend geformten Stein sitzen konnte. Dies ging in den Wüstenabschnitten nur selten, da es dort keine Bäume zum anlehnen gab und meistens auch keine großen Steine.


Anfangs ging es mal wieder einige 100 Höhenmeter hinauf auf einen Pass, von dem aus man eine tolle Aussicht hatte. Dort oben wuchsen auch richtige Bäume. Da das Klima an diesem Tag angenehm war, kamen wir gut voran, auch wenn es immer mal wieder rauf oder runter ging. Mittags fanden wir einen Restbestand an Wasser in 10-Gallonen große Kanistern, die schon seit November 2021 oben auf dem Pass liegen sollten. Irgendwer muss sie irgendwie (mit Hubschrauber?) da hoch gebracht haben. Straßen gab es hier oben nicht. Der Platz war ideal für die Mittagspause.



Als wir aufbrechen wollten kamen zwei weitere Thruhiker vorbei, die sich als „Night Crawler“ und „Ric Flair“ vorstellten. Einige Kilometer weiter trafen wir sie erneut, da beide bloß kurz von dem Wasser getrunken und uns bald eingeholt hatten. Da wir seit Tagen kein Internetempfang hatten, fragten wir die beiden nach der aktuellen Wettervorhersage. Internetempfang hatten sie zwar auch nicht, aber Ric Flair hatte ein Notrufgerät von Garmin dabei, mit dem er auch eine rudimentäre Wettervorhersage abrufen konnte. Als diese ankam, waren auch er überrascht, denn sie zeigte Niederschlag und ggf. Schnee für die nächste Nacht und den übernächsten Tag an. Das ist gut zu wissen! Vom Night Crawler hatten wir zuvor schon von anderen Hikern gehört. Er berichtete jeden Tag um drei Uhr nachts loszuwandern und deshalb diesen auffälligen Trailnamen zu tragen.



Der Trail führte gut erkennbar über schmale Pfade ein Stück hinab und dann an einem aussichtsreichen Hang entlang. Die nächste Quelle sollte genügend Wasser haben, aber ein kleines Stück bergauf vom Weg sein. Der Weg darauf ging über grobes Blockgestein steil hinauf zu einer Art alten Badewanne, in dem das Wasser zusammen mit einer Menge Algen zu finden war. Einen großen Zeltplatz, der richtig viel Platz für viele Zelte bot, fanden wir nach 28km ein wenig off trail. Dort trafen wir auch Night Crawler wieder.


Verkürzter Wandertag in der grandiosen Mazatzal Wilderness


Von Anfang an waren Wolken am Himmel zu sehen, doch die Sonne kam an vielen Stellen durch. Auffällig war eher der Wind, der angenehme Kühle brachte. Dies machte das Wandern richtig angenehm. Der Weg war gut zu gehen und führte ohne viele Aufstiege vor allem an Hängen mit grandiosen Aussichten entlang. 



Alles hätte perfekt sein können, wäre da nicht diese unsichere Wettervorhersage. Irgendwann hatten wir nach langer Zeit mal wieder Aussicht auf ein paar wenige Häuser. Dies war bisher immer ein gutes Anzeichen dafür, dass es einen guten Internetempfang geben könnte, was sich auch diesmal bestätigte. Unsere Wetterapp zeigte nun auch eine Gewitterwarnung für den Abend an.


Die Mittagspause fiel kürzer aus, aber da es ohnehin kühl war, war auch keine lange Pause notwendig. Auch an diesem Tag gab es genügend Wasserquellen, sodass keine großen Mengen getragen werden mussten. Später trafen wir einen Sectionhiker, der ein paar Tage auf dem AZT verbringen wollte und uns aufgrund der schlechten Wetterprognose um eine Zeltplatzempfehlung bat. Wir empfahlen ihn unseren Pausenplatz, den dort hatte man einen guten Windschutz. Er empfahl uns ebenfalls eine Stelle, die bald kommen sollte. Der Himmel war inzwischen komplett bewölkt und verdunkelte sich zunehmend.


Diesmal beendeten wir unseren Wandertag vorzeitig bereits nach 22km an einer gut geschützten Zeltstelle, wo bereits ein uns bislang noch nicht bekannter Hiker war. Wasser konnten wir wenige Meter entfernt schöpfen. Eigentlich hatten wir geplant noch ein paar Kilometer weiterzugehen, doch dann hätten wir auf einem Sattel nächtigen müssen. Kurz nachdem wir aufgebaut hatten, fing es auch schon an zu regnen.


Schlammschlacht


Es regnete durchgängig und mitten in der Nacht fing es dazu plötzlich mit lautem Donnergrollen an zu gewittern. Am morgen hatte es gerade aufgehört, als wir den Wandertag starteten. Zuerst fühlte ich mich großartig und genoss die ungewohnte Nässe. Die Landschaft sah mit wabernden Nebelschwaden mystisch und satt aus. Auch der Aufstieg fiel leichter als sonst.



Nah dem Aufstieg ging es auf der anderen Seite wieder bergab und anschließend zu einem breiten Fluss, den wir queren mussten. Mit nassen Füßen ging es auf der anderen Seite ungewohnt steil hinauf. Anschließend sollte es überwiegend eben weitergehen, worauf wir uns beide schon freuten. Doch bald darauf merkten wir, dass die Freude unbegründet war. Der Boden stellte sich als durch den Regen, der inzwischen wieder angefangen hatte, als extrem matschig heraus. Kiloschwere Matschklumpen klebten unter unseren Sohlen. 



Immer wieder versuchten wir die Last an Steinen abzuschaben, doch schon sehr bald war neuer Matsch an den Sohlen. Dies machte das Wandern sehr mühselig, musste doch viel zusätzliches Gewicht bewegt werden. Neben den Wegen gab es leider zu wenig Steine oder Ähnliches um dem Matsch aus dem Weg zu gehen. So quälten wir uns mühselig durch den Schlamm bis zu einem kleinen Bach, wo wir die Schuhe wuschen. Dahinter ging es ähnlich matschig weiter. 



Wir hatten schon Sorge keinen Zeltplatz, da wir fürchteten, dass der Matsch auch am Zeltboden kleben bleiben könnte. Erst nach insg. 29 km fanden wir eine kleine Stelle unter einem Wacholderbaum, der so mit baumeigenen Abfällen voll war, dass der Matsch abgedeckt wurde. Erst beim Aufbau des Zeltes hörte es auf zu regnen.


Matschiger Endspurt bis Pine


Am nächsten Tag war der Weg überwiegend flach und nicht mehr ganz so matschig. Trotzdem klebte immer noch eine Menge Schlamm unter den Sohlen, wenn auch bedeutend weniger als am Vortag.



Die letzten Kilometer bis Pine führten über die nördliche Grenze der Mazatzal Wilderness runter zu einer Quelle und anschließend durch lichten Kiefernwald bis zum Wanderparkplatz. Von dort aus liefen wir nach den bereits bewältigten 14 km zum Restaurant „That Brewery“, die neben tollem Essen auch eine Hikerbox haben soll. Leider stellte sich heraus, dass diese aufgrund der Wintersaison noch geschlossen war. Also liefen wir noch ein Stück weiter und aßen eine Pizza in einem lokalen Restaurant um anschließend in einzigen Supermarkt teuer für die nächste Etappe einzukaufen. Trail Angel Shannon holte uns dort ab und brachte uns in ihr Haus, wo wir ein Doppelzimmer bezogen.


Ein richtig toller Ruhetag


In Shannon's Haus trafen wir auch Ric Flair sowie einen anderen Thruhiker wieder, den wir schon vor Lake Roosevelt gesehen hatten. Da Ric Flair Teile seiner Ausrüstung ersetzen musste, blieb er eine Nacht länger als ursprünglich geplant. Den Tag verbrachten wir neben Ausrüstungspflege mit Essen, Lesen, Planung für die nächste Etappe auch mit Gesprächen mit den anderen Thruhikern.





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