Sentiero Italia Etappe 6: Kampanien Teil 2
Montesarchio - Senerchia (125 km & 6200 hm)
Maronenplantagen und Buchenwälder
Aussicht bis zum Meer
In Montesarchio startete ich erst spät, da ich noch meinen ersten Blogbeitrag über Kampanien fertigstellen wollte. Erst um 10:30 Uhr kam ich daher los. Das Haus in dem sich mein Zimmer befand, hatte ich an dem Morgen für mich alleine. Nur die Hauskatze war da und forderte Streicheleinheiten ein.
Der Beginn dieses Wandertages war nervig, denn zuerst musste ich rund sechs Kilometer neben einer viel befahren Straße laufen. Trotz Podcast wirkte sich dies negativ auf meine Laune aus. Als ich diesen Abschnitt endlich hinter mich hatte, führte eine schmale und wenig befahrene Asphaltstraße bergauf bis zu einem naturbelassenem Waldgebiet mit einem hohen Anteil an Maronenbäumen. Meine Snackpause fiel mückenbedingt sehr kurz aus.
Doch der Weg war schön und führte mal mehr, mal weniger steil bergauf. Beim Rifugio Mafariella gab es einen sehr großen Picknickplatz. Dort waren unzählige italienische Familien am grillen. Dort suchte ich mir einen freien Tisch und machte meine Mittagspause im Schatten der großen Fichten.
Anschließend ging es für mich auf schmalen Waldpfaden durch zumeist Buchenwald weiter bergauf. Der Weg war gut markiert und an sich in gutem Zustand. Manchmal aber lagen umgefallene Bäume auf dem Weg. Auf etwa 1200m erreichte ich eine Forststraße, auf der es bis zum Rifugio Aqcua delle Vene ging. Dort füllte ich meine Wasserflaschen auf. Genervt entdeckte ich, dass ich laut meinem GPS-Track etwa 2km wieder zurück laufen sollte, um dann einen Weg zu nehmen, der oberhalb vom Rifugio entlang führt. Darauf hatte ich aber keine Lust und nahm einen anderen Weg, der direkt hoch zu dem anderen Weg führen sollte. Dieser alternative Weg war sehr gut markiert, doch der Weg selbst hörte irgendwann auf. Dank der guten Markierungen, konnte ich diesen einfach folgen.
Zurück auf dem SI lief ich nun am Grat entlang und konnte bis nach Neapel und weiter schauen. Grandios! Auf einem Fleckchen Gras machte ich eine kurze Verschnaufpause und genoss den tollen Ausblick.
Der SI führte am aussichtsreichen Hang auf einem sehr schmalen, teils nicht vorhandenen, Weg entlang. Dieser mündete in einer Asphaltstraße, die mich vorbei an der verschlossen Forcelle-Hütte führte. Auf der Wiese daneben, schlug ich nach 24km mein Zelt auf.
Esskastanien & Haselnüsse
In dieser Nacht fand ich es zum ersten Mal kalt. Zuvor waren alle Nächte relativ warm gewesen. Der Herbst kommt...
Weiter ging es zunächst leicht bergan auf breiten Wanderwegen durch schönen italienischen Buchenwald. Generell gibt es sehr viele Buchenwälder in Italien.
Was sah ich denn da? Am Wegesrand hat jemand einen knallroter Pink-Lady-Apfel liegen lassen. Krass! Darüber freute ich mich so richtig. Vitamin-Trail-Magic!
Der Weg führte auf einem schmalen, aber gut markierten Pfad an einem aussichtsreichen Hang mit Ausblick bis zum Meer entlang. Die Wolken sind nur ein wenig im Weg. Toll! Kurz darauf ging es zurück in den Wald und zur Wallfahrtskirche "Santuario Montevergine".
Die Kirche sah innen sehr kunstvoll aus, aber da gerade ein Gottesdienst stattfand konnte ich keine Fotos machen. Ich lauschte ein wenig den klangvollen Gesängen und Gebeten auf italienisch, bevor ich weiterlief. Die Asphaltstraße musste ich zum Glück nicht nehme, denn es gibt einen gut ausgebauten Wanderweg, der nach unten führt. Über diesen gelang ich in unzähligen Kehren bis zum Weiler Capocastello. In dessen labyrinthartigen Gassen verirrte ich mich, bevor ich den Weg heraus fand.
Durch Maronen-Plantagen führte mich der SI hinab ins Industriegebiet in der Nähe von Avellino. Dort fand ich einen Bäcker, wo ich nicht nur Pizza, sondern auch gebackene Auberginen kaufte. Statt Maronen wurden hier im Tal Haselnüsse angebaut.
Das gekaufte Mittagessen verspeiste ich später auch einer Bank in der Sonne. Dort passierte dann etwas ungewöhnliches. Ein älterer Mann, der mich kurz vorher schon gefragt hatte, ob ich eine Mitfahrgelegenheit brauche, sah mich erneut und kam auf mich zu. Als er erfuhr, dass ich eine Langstreckenwanderung mache und im Zelt schlafen werde, bot er mir an, mit in sein Haus zu kommen. Er sprach Englisch und wirkte wirklich nett. Doch ich war unsicher und wollte lieber weiterlaufen. Trotzdem bedanke ich mich für das nette Angebot.
Nach dem Mittagessen lief ich weiter bergauf durch die Maronenplantagen. Die Wegführung war teils etwas verwirrend, da sie nicht komplett durchgängig markiert war und die Plantagen selbst auch noch über eigene Wege verfügten.
Irgendwann wurde dies aber wieder besser und nach etwa 400hm ging es auch wieder bergab nach Contrada. Es gab auch schöne Ausblicke über das Tal rund um Contrada.
Dort geht eine Extra-Etappe vom SI ab, die in Richtung der Halbinsel südlich von Neapel verläuft. Vor Beginn der Tour hatte ich in Erwägung gezogen, diese zu gehen. Damals gab es noch keine englischen Beschreibung. Inzwischen gibt es diese und so erfuhr ich, dass der Weg oftmals in sehr schlechtem Zustand ist. Aus dem Grund sah ich davon ab.
In Contrada funktionierte der Wasserspender nicht. Eine ältere Dame rief mir vom Balkon etwas zu, doch ich verstand leider nicht sehr viel. Kurz darauf sah ich einen jungen Mann, der den Boden einer Baustelle mit einem Wasserschlauch abspritzte. Kurzerhand hielt ich ihm zwei Wasserflaschen hin und ließ diese befüllen.
Hinter dem Dorf Contrada musste ich auf einer Asphaltstraße weiterlaufen. Sie führte an vielen Plantagen mit Haselnusssträuchern und Maronenbäumen vorbei. Zwischendurch wechselte mein Weg über in eine schmale Forststraße, die relativ verwildert aussah. Schon bald war ich jedoch wieder auf Asphalt unterwegs. Da es schon bald dunkel werden würde, hielt ich Ausschau nach einem Platz für mein Zelt. In der Nähe von Straßen ist das oft nicht so einfach. Doch diesmal fand ich in einem ganz kleinen Eichenwald ein kleines Plätzchen, wo mein Zelt gerade so hinpasste. Da ich sofort von nervigen Stechmücken belästigt wurde, beeilte ich mich ins Zelt zu krabbeln. 29km hatte ich geschafft. Diese Nacht war wieder wärmer.
Gut markiert, aber kein Weg
Auch diesmal begann der Tag mit einer Asphaltpassage. Diese dauerte aber nicht mehr so lange, denn über wenig markierte und teils verwirrende Wege gelangte ich bergab nach Serino. Zuvor hing es noch an einer verfallenen Kirche vorbei.
Dort gab es auch einige Haselnussplantagen. Auf einer waren die Besitzer gerade dabei die Haselnüsse und die Blätter am Boden zusammen zu fegen und jemand anderes saugte alles mit einer Maschine auf. An diese waren Säcke montiert, die von der Maschine befüllt wurden.
In Serino kaufte ich im örtlichen Supermarkt ein. Diesmal fand ich sogar etwas, was ich hier erhofft, aber bisher nicht gefunden hatte: Haselnussmus. Die Mitarbeiter im Supermarkt wurden auf meinen großen Rucksack aufmerksam und fragten mich nach dem nächsten Berg. Interessiert schauten sie mit auf mein Snartphone-Display und zeigten draußen in die Richtung des Berges. Nett!
Der Aufstieg auf den Monte Termino war auch tatsächlich lang - weniger von den Kilometern als von der benötigten Zeit. Denn nur anfangs lief ich auf einer schmalen Forststraße. Sobald ich oberhalb der Maronenplantagen war, wurde der Weg nicht nur sehr steil, sondern er war auch gar nicht mehr da.
Die Markierungen hingegen waren erstaunlich gut. Fast immer sah ich schon die nächste, wenn ich eine Markierung erreicht hatte. Doch der "Weg" war nicht nur weglos und steil, sondern auch noch ziemlich stachelig. Diesmal waren es keine Brombeeren, sondern Rosen und niedrigere Stachelgewächse. Es dauerte lange bis ich die 1400hm geschafft hatte. Die Ausblicke waren trotzdem ganz toll.
Bergab wurde der Weg bedeutend besser und führte über gut ausgebaute Wege durch Buchenwald hinab. Das Rifugio Verteglia war schon verschlossen, aber es gab fließend Wasser und sogar Steckdosen! In der Nähe baute ich mein Zelt auf. Geschaut hatte ich an dem Tag dank der beschwerlichen "Wege" aber nur 20km.
Einsame Waldwege
Die Nacht war gefühlt ziemlich kalt geworden und ich bin deshalb mehrmals aufgewacht. Daran muss ich mich nach zwei Monaten mit warmen Nächten erst wieder gewöhnen. Bisher hab ich nachts immer nur ein dünnes Langarmshirt angehabt und mich mit meinem selbst genähtem Schlafsack zugedeckt. Aber generell habe ich auch den Eindruck, dass es mich inzwischen mehr friert. Liegt wahrscheinlich auch an der Gewichtsabnahme, die so eine lange Tour mit sich bringt.
Der Wandertag begann aber gemütlich mit einem meist flachen und einfachen Weg. Generell ging es diesmal mehr bergab als bergauf, was ich ganz angenehm fand. Am Vormittag ging es sogar an einem kleinen Bach entlang, den ich immer mal wieder überqueren musste. Der war aber so schmal, dass dies trockenen Fußes gelang.
Anschließend wurde der Weg etwas schwieriger, denn er wurde schmaler und war manchmal nicht ganz so gut zu erkennen. Einmal war er sogar auf einem kurzen Abschnitt sehr mit Brombeeren überwuchert.
Als es wieder bergauf ging, besserte sich der Zustand des Weges. Er führte an einer Grotte vorbei. Ich ging zwar nicht in diese Höhle hinein, aber ich fand eine Kopflampe von Decathlon.
Meine Mittagspause machte ich am Rand einer breiten Forststraße im Schatten. Eigentlich wollte ich in der Sonne sitzen, aber ich fand keine gute Stelle dazu. Es wehte nämlich ein nerviger Wind und mich fröstelte es etwas. Irgendwie war ich generell etwas müde. Zum Mittag gab es Tortellini mit grünem Pesto. Diesmal versuchte ich zuerst das Pesto zu erhitzen und anschließend die Tortellini unterzurühren. Keine gute Idee, denn es ist unten angebrannt.
Der weitere Wegverlauf bis Acerno verlief unspektakulär auf breiten Wegen und Forststraßen durch flachen Buchenwald. In Acerno musste ich noch etwas warten, denn der Lebensmittelladen nachte erst um 17 Uhr auf. Die Tage zuvor hatte ich immer wieder beobachtet wie eine massive Regenfront vorhergesagt wurde. Diese blieb dabei, am kommenden Dienstag sollte es rund 60 Liter regnen - da hätte ich wenig Lust den ganzen Tag zu wandern! Kurzerhand rechnete ich aus, wann ich ungefähr wo sein könnte und buchte zwei Nächte in Piaggine. Dies beruhigte mich.
Nach dem Einkauf - im Obst- und Gemüseladen bekam ich einen Pfirsich geschenkt - lief ich weiter. Es ging, nach einem kurzen Stück auf der Straße, steil bergauf auf teils schlecht zu erkennenden Wegen.
Die Zeltplatzsuche würde schwer werden, dies wusste ich im Vorhinein. Doch ich fand nach ganzen 30.5km noch einen richtig schönen Platz, oben an einer Anhöhe, von einer Seite durch Eichen geschützt. Abends verfärbte sich der Himmel leuchtend gelb.
Zum ersten Mal mit Handschuhen wandern
Diese Nacht war zwar recht windig, es blieb aber trocken. Diesmal behielt ich meinen Woolpower-Pullover in der Nacht an und fror auch nicht. So konnte ich viel erholsamer schlafen.
Als die Morgensonne sanft mein Zelt anleuchtete fielen mir mehrere Unregelmäßigkeiten an der rechten Zeltseite auf. Es sah als als wären an einer Stelle, nahe der Spitze, winzige Risse entstanden. Dieses Problem hatte ich bereits in Ligurien an einem der ersten Wandertage auf dem SI. Ich wusste damals nicht, ob es eher bloß optische Mängel sind oder echte Risse. Sicherheitshalber klebte ich DCF-Reperaturtape darüber. Das tat ich auch diesmal. Ein paar Tage später bekam ich im Netz den Tipp, Wasser über die Stelle zu gießen. Mist - zu spät!
Den Wandertag konnte ich trotzdem noch vor acht starten, da DCF sich ja zum Glück kinderleicht reparieren lässt. Der 1000hm-Anstieg ging erstaunlich einfach und schnell. Der Weg war gut markiert und angenehm zu gehen. Sobald ich jedoch aus dem Wald raus war, wurde mir kalt. Ein eisiger Wind wehte, obwohl die Sonne schien. Bald war es mir an den Händen so kalt, dass diese schon ein wenig ungelenk wurden. Als ich mit Fleecehandschuhen, Pullover und Regenjacke weiterlief, war es bedeutend besser. Die Aussicht hier oben vom Monte Polveracchio reichte bis zum Meer. Grandios!
Auf dem Weg bergab wurde auch der Wind weniger und ich konnte die Handschuhe wieder einpacken.
Es war noch bedeutend einfacher zu gehen, denn eine Forststraße wand sich in weiten Kehren ganz sanft bergab.
Kurz vor Senerchia fand ich einen riesigen Zapfen. Zum Größenvergleich habe ich ihn in der Hand gehalten und fotografiert.
In Senerchia selber war nicht viel los. Doch kurz bevor ich dort ankam, wurde es skurril. Ein Teil des Wanderweges war gesperrt. Keine Ahnung warum, es war dort kein Infoschild angebracht. Ich kletterte drüber hinweg. Anscheinend führte es durch ein (vom Erdbeben?) zerstörtes Gebiet. Nervigerweise war am Ausgang auch eine großräumige Umzäunung angebrachte. Genervt davon kraxelte ich über ein Geländer dran vorbei.
Im Minimarkt wollte ich einen Pfirsich kaufen - doch man schenkte ihn mir. Ich bedankte mich und ging weiter. Ein paar Kilometer hinter Senerchia fand ich in einem alten und überwucherten Olivenhain einen flachen Stellplatz mit Top-Sichtschutz. Zeltplätze in der Nähe von Asphaltstraßen zu suchen ist meistens nervig, da Asphaltstraßen vorwiegend in besiedelten Gebieten zu finden sind. 25km hatte ich an dem Tag bloß geschafft - geplant war aber auch nicht mehr, da ich ja aufgrund meiner Hotelbuchung einen Zeitplan vor Augen hatte.