Sentiero Italia Etappe 9: Sentiero Teil 4
Küstenwanderung bis zum Zielort Trapani
Die heißen Quellen von Segesta und der Bosco Calatafimi
Diesmal kam ich erst spät los. Der Wandertag begann sehr eintönig, denn es ging zuerst durch die Stadt und anschließend durch das Industriegebiet von Alcamo. Klar, dass man da überwiegend auf Asphalt läuft. Manchmal ging es auch über Erdstraßen. Aufgrund des Regens in der vergangenen Nacht war die Erde allerdings total matschig und massenweise Schlamm blieb an den Schuhen haften. Nervig!
Nach 7km hatte ich einen Abzweig erreicht, wo es laut Beschreibung zu einem kostenlosen Thermalbad gehen soll. Dort bog ich ab und lief etwa einen Kilometer offtrail zu dem besagten heißen Quellen. Doch zuvor musste ich einen Bach überqueren, der zu einem reißenden Bach mit braunem Wasser mutiert war. Ich zog die Socken aus und watete durch das knietiefe Wasser.
Auf der anderen Seite floß schon warmes und klares Wasser hinab. Nach wenigen Metern hatte ich das hinter Schilf verborgene heiße Thermalbad gefunden. Es waren zwar noch ein paar andere Personen da, doch die Quelle war groß genug für alle. Das Wasser war wirklich sehr warm, ich schätze 40° Celsius. Etwas weiter links war noch ein abgetrennter Bereich, wo es noch wärmer war. Das Paar rechts von mir kam ebenfalls aus Deutschland und wir kamen ins Gespräch. Sie stellen mir sehr viele Fragen über meine Wanderung. Das Gespräch war so angenehm, dass ich völlig vergaß ein Foto von dem Thermalbad zu machen. Darüber ärgerte ich mich hinterher sehr, denn ich hätte euch hier gerne welche reingestellt.
Das Paar war so freundlich mich an der Straßenecke abzusetzen, wo ich vom Trail abgebogen bin. Nach einem kurzen Stück auf der Straße bog ich links auf eine Forststraßen ab, die hoch in den "Bosco Calatafimi" führte.
Dies ist ein vergleichsweise kleiner Wald, aber ebenso schön wie die anderen. Die Luft roch herrlich würzig und die Wege waren sehr gut markiert.
Bei einer geschlossen Berghütte schaukelte ich ein paar Minuten, bevor es an den Abstieg ging. Ich bog vom Trail ab, um in das Dorf Calatafimi Segesta zu kommen. Nach etwa zwei Kilometern kam ich dort an und konnte um 15 Uhr eine wunderschön eingerichtete Ferienwohnung beziehen. An diesem gemütlichen Tag war ich rund 17 Kilometer gelaufen.
Die letzte Nacht im Zelt
Ich fühlte mich in der Ferienwohnung pudelwohl und da es regnete, trödelte ich. So kam ich erst um halb zehn los, aber es hatte immerhin aufgehört zu regnen.
Ich lief den gleichen Weg zurück um zum Trail zu gelangen. Danach ging es auf einer Dirtroad weiter, die an Häuschen und kleinen Olivenhainen vorbeiführte. Zahlreiche Hunde machten laut bellend auf ihr zu verteidigendes Territorium aufmerksam. Die Luft war feucht und roch angenehm. Aufgrund des frischen Windes war es von der Temperatur her angenehm.
Anschließend querte ich eine Asphaltstraße und lief auf einer weiteren Wirtschaftsstraße an Orangenplantagen vorbei. Der nächtliche Regen hatte einen Bach anschwellen lassen, der über den Weg floss, und so bekam ich nasse Füße. Am Wegesrand sah ich eine interessante Pflanze.
Ich lief an einem Häuschen mit zwei Hunden vorbei. Einer davon war ganz lieb und forderte Streicheleinheiten ein. Er begleitete mich etwa einen Kilometer, so als ob ich zum Gassi gehen gekommen wäre. Links vom Weg waren eindrucksvolle Felswände, die leider eingezäunt waren.
Nach einem kurzen Stück auf Asphalt, kam ich beim Tempel von Segesta an. Dort stellte ich fest, dass die Besichtigung sechs Euro Eintritt kostet. Dies fand ich zu viel für einen Foto-Stop und lief weiter.
Viele Kilometer ging es an der Landstraße entlang, was langweilig zu gehen war. Danach zweigte der SI auf Wirtschaftswege ab, die an unzähligen Ackerflächen vorbeiführte. Der aus Erde und Kieselsteinen bestehende Boden war vieler so aufgeweicht, dass immer wieder Schlammbrocken unter meinen Schuhen kleben blieben. Das fand ich echt nervig!
Die Landschaft blieb viele Kilometer so eintönig, aber aufgrund des starken Windes fiel selbst das Hören von Podcasts schwer. Endlich erreichte ich das Dorf Balata di Baida. Ich ließ meine Wasserflaschen in der Bar auffüllen und beeilte mich, denn es war bereits halb vier.
Unterhalb vom Dorf führte ein markierter Wanderweg an Olivenhainen vorbei steil bergauf. Nach einer Weile mündete er in eine wenig befahrene Straße, der ich folgte. Es war bereits halb fünf, als ich endlich das Dörfchen Visicari erreichte. Die Zeit eilte und ich fühlte mich unter Druck gesetzt. Im Dorf sah ich niemanden. Hier zweigte der SI auf einen schmalen Pfad ab, der sehr stark mit niedrigen stacheligen Pflanzen überwunden war.
Es ging weiter bergauf und als ich das flache Plateau zwischen den Bergen Pizzo Monaco und Pizzo Varili erreicht hatte, schaute ich mich nach einer geeigneten Stelle fürs Zelt um. Es dauerte bis ich ein zufriedenstellendes Plätzchen gefunden hatte. Es war schon fast dunkel als ich mein Zelt endlich aufbaute. 28km war ich gelaufen.
Vom Naturreservat Zingaro zur Küste
Als ich mich schlafen legen wollte, wurde der Wind immer stärker. Ständig drückte der Wind gegen den Eingang. Das Bonfus Solus hat keinen Reißverschluss, sondern wird durch Spannung und Knebelverschlüsse gehalten. Der Wind war jedoch zu stark dafür und hat Lücken entstehen lassen. Ich war froh, dass es nicht geregnet hat. Auch die Lautstärke beunruhigte mich. Mithilfe von Ohrstöpseln konnte ich immerhin etwas schlafen.
Als ich um kurz nach sechs aufwachte, war der Wind immer noch sehr stark. Ich entfernte die Trekkingstöcke, einige Heringe und rollte das Zelt auf, damit es nicht weggeweht wurde. Anschließend machte ich mich auf den Weg ins Tal. Der Blick aufs Meer mit den sich darüber befindlichen Wolken war sehr schön.
In kleinen Serpentinen ging es auf einem Pfad bergab. Er mündete in einer Schotterpiste, die hinab ins Dorf Scopello führte. Ich hatte gehofft, dort ein in einer Bar ein Heißgetränk trinken zu können, doch in dem Dorf war um acht Uhr noch alles verrammelt.
So lief ich auf der Straße bis zum Eingang vom Naturreservat Zingaro. Hier muss man fünf Euro Eintritt bezahlen. Die meisten Touristen wählen den einfacheren küstennahen Weg, doch der Sentiero Italia verläuft eine Etage höher. Daher musste ich zuerst dreihundert Höhenmeter steil bergauf bewältigen. Da war ich ganz froh über den frischen Wind. Die Landschaft war karg, mit niedrigem Bewuchs, aber wunderschön.
Später verlief der gut erhaltene Wanderweg mit Aussicht aufs Meer. Zwischen passierte ich ein paar verschlossene Steinhäuser.
Dann ging es erneut rund 400 Höhenmeter bergauf zum Passo del Lupo. Von dort aus führte der SI in Serpentinen hinab ins Dörfchen Macari. Oberhalb vom Dorf mündete der Pfad in eine extrem steile betonierte Straße. Das Gehen wurde besonders anstrengend und zu allem Überfluss fing es an zu regnen. Doch der Schauer war nur von kurzer Dauer.
Auch Macari wirkte nicht besonders belebt. Der Weg führte mich kurz an der Straße entlang zu einer felsigen Küste. Die Steine waren teils schwarz, teils rötlich. Zusammen mit dem dunkelblauen Meerwasser ergab dies einen intensiven Kontrast. Ich lief einige Zeit an der Küste entlang - aufgrund der starken Brandung warnten Schilder davor baden zu gehen.
Einen kurzen Marsch von der Küste entfernt, hatte ich mir ein Tiny House am Rande von Casteluzzo gemietet, wo ich nach entspannten 18.5km um 14 Uhr ankam.
Gewittriger vorletzter Wandertag
In der Nacht hatte es angefangen zu regnen und auch in der Früh regnete es noch. Erst um neun Uhr konnte ich mich dazu aufraffen loszulaufen. Wenn man in einer Unterkunft übernachtet, ist der Unterschied an Gemütlichkeit einfach viel größer als im Zelt.
Als ich loslief, regnete es gerade etwas weniger, aber das hielt keine fünf Minuten an. Der Regen wurde stärker und der Wind peitschte mir ins Gesicht. Es ging an unbefestigten Wegen an der Küste entlang. Aufgrund des vielen Regens war der Boden nicht bloß mit Pfützen übersäht, sondern er war auch sehr matschig. Als ich das Naturreservat Monte Cofano erreicht hatte, wurde der Zustand der Wege besser. Die Landschaft war selbst bei miesem Wetter grandios.
Insbesondere als es ein Stück bergauf ging. Da ging es sogar durch ein Loch im Fels hindurch.
Eine Felsnadel gab es auch zu bewundern.
Anschließend ging es auf flachen Wegen an der felsigen Klippe entlang. Der Regen machte zwischendurch Pausen. Als ich das Reservat durchwandert hatte, beeilte ich mich, um es noch vor Ladenschluss in den Sidis-Supermarkt in Custonaci zu kommen. Denn der Besitzer der Airbnb-Unterkunft in Erice hatte mich darauf hingewiesen, dass es dort keine Einkaufsmöglichkeiten gibt. Auf dem Weg zum Supermarkt kam ein kräftiger Schauer vom Himmel. Einen weiteren konnte ich in einer Bar aussitzen.
Um 13 Uhr ging es erneut runter zur Küste, wo der SI einige Kilometer der betonierten Promenade folgt. Das Gehen war einfach, doch durch den vielen Regen hatten sich einige Bäche gebildet, die ihren Weg ins Meer suchten. So wurden meine Füße noch nasser als ohnehin schon.
Als ich den Abschnitt an der Promenade schon fast geschafft hatte, fing es erneut an stark zu regnen. Dem schlimmsten Teil konnte ich entkommen, da ich einen Vorsprung fand, wo ich Schutz vor dem Regen hatte. Blitze zuckten am Himmel und der Donner kam kurz danach. Einige Teile der Straßen waren richtig überflutet.
Der Anstieg nach Erice begann auf Asphalt, doch schon sehr bald ging es auf einem schmalen und markierten Pfad in Kehren bergauf. Der Bewuchs war auch hier eher karg.
Zwischendurch folgte ich ein paar wenige Kilometer einer Schotterpiste. Es regnete mal wieder. Das Donnergrollen ertönte immer wieder. Die Wolken waren so dunkel, dass es schon vor fünf Uhr dämmrig wirkte.
Der SI wurde wieder zu einem schmalen Wanderweg, der sich die letzten Höhenmeter hoch nach Erice wand. Um viertel nach fünf kam ich nach 29km endlich im Dorf und in meiner Ferienwohnung an.
Das Finale
Die Ferienwohnung war riesig, eigentlich zu groß für mich alleine. Nach einem gemütlichen Frühstück machte ich mich diesmal sogar erst um viertel vor zehn auf den Weg. Zeitdruck hatte ich keinen, denn es waren bloß noch 10.5km übrig.
Erice hatte ich schnell hinter mir gelassen und folgte dem breiten Weg, der in Kehren nicht zu steil bergab führte. Frischer Wind wehte mir um die Ohren, doch trotzdem zog ich die lange Kleidung aus. Schon von Weitem sah ich das Ziel.
Bald hatte ich den Rand der Stadt Trapani erreicht und musste nur noch der belebten Straße geradeaus bis zum Hafen folgen. Für die Feier der Zielerreichung kaufte ich mir zwei Stücke Pizza.
Die Ankunft am Hafen war unspektakulär, denn im Gegensatz zu Reggio Calabria gab es hier kein Monumente oder Ähnliches. Der GPX-Track endete neben der Stelle, wo die Fähren abfahren. Da es dort nicht mal Zugang zum Meer gab, lief ich noch ein paar Meter weiter.
Irgendwie war es ein komisches Gefühl nun den Sentiero Italia beendet zu haben. Am Ende vom Arizona Trail fühlte sich dies bedeutend feierlicher an. Damals kamen wir an einem Monumente an, wo bereits ein anderer Thruhiker wartete und uns gratulierte. Dann wurden mehrere Fotos in Sieger-Posen geschossen. Dies fiel am Sentiero Italia aus. Das ist der Nachteil von so einem einsamen Trail.
Dafür gestaltete sich die Fahrt in die Hauptstadt Palermo ganz einfach: ich musste bloß in den nächsten Zug einsteigen.
Am nächsten Tag kam dann der Schock: Aufgrund eines Sturms werde meine Fähre nach Neapel 18 Stunden später abfahren. So musste ich noch eine weitere Nacht in Palermo bleiben und kam erst um Mitternacht in Neapel an. Die Stadt konnte ich mir dann natürlich auch nicht mehr ansehen, da mein Zug bereits früh morgens fuhr.