Mittwoch, 20. September 2023

Olderfjord bis Knivskjellodden und Nordkap

Olderfjord bis Knivskjellodden und Nordkap


Stürmisch nach Norden


18.09.2023 Ein gemütlicher Tag


Am Vorabend stand bei mir mal wieder die Etappenplanung an. In den Blogs der anderen Wander las ich häufig von starken Winden und auch mich sollte wohl dieses Schicksal ereilen. Zumindest wurde für Dienstag Nacht bis Mittwoch Abend ein stürmischer Wind bis max. 80km/h vorhergesagt. Danach sollte der Wind wieder deutlich nachlassen. Diese Vorhersage machte mir große Sorgen, denn hier oben gibt es kaum noch Schutzhütten. Um dem ein wenig zu entgehen, plante ich in den ersten beiden Tagen nur kurze Etappen bis zur nächsten Hütte zu gehen. Im Anschluss sollten zwei längere Etappen folgen, bei der es die einzige Variante ein festes Dach über dem Kopf zu bekommen wäre, in den nächsten Ort zu trampen. Wenn der Wind dann tatsächlich nachlässt, dürfte auch zelten möglich sein. 

Da der Supermarkt ohnehin erst um neun Uhr seine Pforten öffnet, entschied ich mich bis acht Uhr zu schlafen. Der Einkauf im örtlichen Markroken war etwas eingeschränkt, da es nur eine begrenzte Auswahl gibt und die Preise zudem gesalzen sind. Aber ich fand alles nötige. Um halb elf machte ich mich dann auf den Weg.

Die ersten acht Kilometer verliefen an der Asphaltstraße und waren entsprechend langweilig. Der Verkehr war wenig bis mäßig, aber es fuhren auch ein paar Lastwägen an mir vorbei. Das ist immer besonders unangenehm. Anfangs gab es noch schöne Aussichten auf den Fjord.

Der Abzweig auf den E1 war unauffällig, da das Schild hinter Bäumen versteckt angebracht war. Gut, einen GPS-Track zu haben. Ich folgte einer breiten Quadspur durch den Birkenwald, bis ich hinauf ins Fjell kam.

Oben wehte ein starker Wind, der das Gehen mühselig machte. Immer wieder driftete ich weiter rechts ab als geplant. Eine kurze Snackpause brach ich ab, da meine Finger steif wurden. Ohje...das kann ja was werden am Mittwoch, wenn der Wind so stark wird wie vorhergesagt. Eine spontane Überprüfung der Wetterprognose für den aktuellen Ort gab auch 75km/h Wind an. Fühlt sich auch so an.

Überwiegend war die Quadspur einfach zu gehen, einmal stand ich aber vor einem Sumpf und dachte mir "wie soll ich da jetzt rüber kommen??". Ich fand dann doch versteckt im Matsch ein paar Steine und konnte den Rest mit einem Sprung überwinden. 

Als links von mir der steile Berg Loddoaivi aufragte, war es beinahe windstill. Dort machte ich eine kurze Pause um etwas zu essen. 

Anschließend ging es über die Hochebene des Loddegielas, von wo aus ich in der Ferne bereits die Schutzhütten Stohpojohka erblicken konnte. Ein Regenbogen wies mir den Weg, als wolle er, mich zur Hütte führen. Das war ein echt schöner Moment. 

Hierbei handelt es sich um eine Hütte von Rentierhirten, die für Wanderer geöffnet ist. Philipp war bereits vor mir angekommen und gerade dabei den Ofen anzuheizen, denn innen war es genauso kalt wie draußen. Als es sich dann drinnen aufgewärmt hatte, wurde es innen gemütlich. 

Draußen neben der Hütte konnten wir hunderte (oder noch mehr?) Rentiere beobachten. Wir rätselten darüber, ob sie von den Samis in diese Richtung getrieben werden. 

19.09.2023 Der erste Schnee


Um etwa 22 Uhr konnten wir tolle Polarlichter am Himmel sehen, die manchmal direkt über der Hütte waberten. Dieses Schauspiel sah beeindruckend aus. Und wenn man danach wieder in eine beheizte Hütte gehen kann, ist das auch toll.

Über Nacht muss es geschneit haben, denn die Bergwelt draußen war angezuckert. Toll sah es aus, aber der eisige Wind dazu, wirkte wenig einladend nach draußen zu gehen. Philipp und ich hatten beschlossen, noch eine Etappe gemeinsam zu gehen. Diesmal zog ich über meine Wanderhose meine Regenhose. Dies stellte sich als super heraus, da sie denn eiskalten Wind von meinen Beinen fernhielt. 

Da der originale Weg uns beiden als zu sumpfig erschien, entscheiden wir uns für eine Alternative. 

Dazu folgten wir einer Quadspur, die direkt vor der Hütte begann und grob den Strommasten folgt. Der Weg war sehr einfach und trocken. Hin und wieder huschten Lemminge über den Weg. Putzig sehen sie aus, es ist aber schwer sie zu fotografieren, da sie in ihre Löcher verschwinden. 

Unterhalb des Fáhccoaivi durchquerten wir einen Bach, der zwischen zwei kleinen Seen floss. Der Bach war zwar nur wadenhoch, aber da keine großen Steine darin lagen, war er zu tief um ihn mit Schuhen zu furten. Spontan entschied ich Barfuss zu queren, was sich als goldrichtig erwiesen hatte. Denn so blieben die Schuhe trocken und die Füße wurden schnell wieder warm. 

Anschließend konnten wir noch eine Weile der Quadspur bergauf folgen, bis es weglos weiter ging. Wir qurten den Bergrücken bis zum Fáhccogielas. An dessen Hang gibt es ein großes Sumpfgebiet, welches wir mieden, in dem wir oberhalb blieben. Erst dahinter stiegen wir ab zu einer verfallenen Pyramide. Dieses Shelter ist leider völlig kaputt und daher nicht mehr nutzbar. Immerhin bot sie ein klein wenig Windschutz.

Ab hier folgten wir wieder dem DNT-Weg hoch zum Bergrücken oberhalb vom Gahčahatjâvri. Hier fegte wieder ein eisiger Wind und es lag ein wenig Schnee auf dem Boden. Die Markierungen waren dürftig, aber wir fanden intuitiv den richtigen Weg. 

Bald konnten wir für viele Kilometer einem Rentierzaun folgen, was die Orientierung deutlich vereinfachte.

Das Wetter meinte es allerdings nicht gut, denn zu dem eisigen und starken Wind gesellten sich Graupelschauer dazu. Der Niederschlag fühlte sich im Gesichter wie kleine Projektile an. Trotz vieler Schichten an Kleidung wurde es mir zu kalt, gefühlt war ich am Limit. Auch beim zügigen Gehen wurde mir nicht mehr warm. Dieses Wetter ist definitiv nicht das Richtige für mich.

Zwischendurch kam die Sonne kurz durch, dann graupelte es wieder. Ein Adler flog hoch am Himmel über uns und die Schönheit der Natur war einfach beeindruckend. Mir war aber einfach zu kalt. 

Als ein Rentierzaun überquert werden musste, blieb ich hängen und schaffte es mit Mühe und Not auf die andere Seite. Aber an meiner Regenhose klafften zwei faustgroße Löcher. So ein Mist aber auch! Ich ärgerte mich sehr und war zugleich frustriert. Der kalte Wind pfiff in die Löcher und mir wurde auch an den Beinen kalt. 

Erst als wir zum Bealjáidjávri abstiegen wurde mir wieder wärmer und meine Finger waren nicht mehr so steif. Das lag wahnsinnig an der Sonne und dem nachlassenden Wind. Der Weg war hier überwinden angenehm zu Gehen und die winzige Schutzhütte Várdánčohkka kam in Sicht. "Hoffentlich ist dort noch niemand", dachte ich mir, denn ich war erschöpft und für die Nacht waren stürmische Winde aus Nordosten vorhergesagt. Abgesehen von dem Shelter gibt es demnach keinen Schutz mehr. 

Philipp war schon drinnen, als es gerade wieder anfing zu schneien. Auch er war trotz der mit 23km eher kurzen Etappe müde. So beschlossen wir dort zu übernachten und machten es uns so gemütlich wie möglich. Für mich stand die Reparatur der Regenhose an.

20.09.2023 Vom Festland auf die Insel


Der Nachmittag und die Nacht in der Minihütte waren erholsam. Vorm ins Bett gehen bekam ich noch einen kurzen Schock, als ich beim Öffnen der Tür eine Maus entdeckte. Sicherheitshalber hängte ich meinen Rucksack auf. Alles blieb heile.

In der Nacht pfiff lautstark der Wind ums Shelter, dazu prasselte der Regen aufs Dach. Doch im Schlafsack wars warm. Auch am Morgen war es noch sehr windig. Aufbruch der gestrigen Erfahrung, zog ich diesmal auch meinen Pullover für die Nacht an. Somit trug ich oben rum T-Shirt, zwei Pullover und die Regenjacke. Im Shelter fand ich ein Merino-Balaclava, welches ich über das Fleece-Balsclava anzog. Nun war ich bis über die Nase vermummt und bereit nach draußen zu gehen. Aufgrund des kalten Windes, war dies eine gute Entscheidung. Diesmal fror ich weniger. 

Schon bald war der Pfad dank fehlender Markierungen nicht mehr zu finden und Philipp und ich stiegen mehr oder weniger querfeldein ab. Zunächst ging es runter zum Kobbelfjorden, wo sogar ein paar Birken wachsen. 

Nachdem wir den Bealččajohka gequert hatten, fanden wir wieder den Weg. Ab hier war dieser auch überraschend gut markiert, auch wenn es keinen durchgängigen Pfad gab. Hier unten war auch der Wind erträglicher. 

Leider lag am Meer an manchen Stellen auch eine Menge Müll herum. Wirklich schade, ist es hier doch sehr abgelegen. 

Nachdem es zunächst an der Küste entlang ging, führte der markierte Weg mehr ins Landesinnere zurück. Komischerweise unterschied sich die tatsächliche Wegführung stark von der auf der Karte eingezeichneten. Leider nicht immer von Vorteil, denn es ging über viele sehr sumpfige Wiesen. Das wars dann wohl mit trockenen Füßen. Ob der DNT das mit Absicht macht, um die E1-Wanderer auf Trøndelag vorzubereiten? Irgendwie kann ich es mir nicht anders erklären, warum der DNT die Wege so entwirft. 

Bevor es wieder hoch ging, musste der breite Lafjordelva gefurtet werden. Dies war zwer einfach, aber da viele Steine unter Wasser standen, wurden meine Schuhe und Socken klatschnass. Auf der anderen Seite war auswringen angesagt...

Bergauf folgten wir einer extrem steilen Quadspur. Wie die da mit dem Quad überhaupt hochkommen? In meinen Augen wäre das ein gefährliches Unterfangen!

Der Anstieg war nur kurzweilig und schon wurde es wieder angenehmer. Ausnahmsweise mied der Weg den Sumpf und führte oberhalb am See vorbei. Wenn es doch bloß immer so wäre...

Der Trail durch das Tal war wunderschön und der anschließende Aufstieg führte moderat ansteigend am Hang entlang. 

Doch vorher gab es noch eine kleine Querung. 

Und die Markierungen blieben bis zum Tunnel hervorragend. Wow! Diesen konnten wir in der Ferne erspähen und nach einem kurzen, aber sehr steilen Abstieg waren wir auch schon da. Der Abstieg war übrigens trotz des Gefälles einfach, da man guten Halt mit den Füßen hatte. 

Vor dem Tunneleingang machten wir im Windschatten eines Gebäudes eine Pause, ehe wir gemeinsam die Durchquerung in Angriff nahmen. Um die Fahrzeugführer zu warnen, setzte ich meine Stirnlampe verkehrt herum auf und schaltete das rote Blinklicht ein. Nacheinander traten wir ein und liefen in flottem Tempo nach unten, denn der Tunnel führt rund 200m unterhalb des Meeresspiegels zur Insel Magerøya. 

Übrigens gibt es einen Bürgersteig auf jeder Seite. Es war ein komisches Gefühl zu Fuß durch einen Tunnel zu wandern und ich wollte es schnell hinter mich bringen. Mit Podcasts lenkte ich mich ab, doch immer wenn ein Fahrzeug vorbeikam, hörte ich nichts mehr. Denn die waren gefühlt so laut wie ein Düsenjet. Ganz besonders schlimm waren die LKWs. Naja immerhin wars windstil. Bergauf kam ich ins Schwitzen und zog etwas aus. Ich war heilfroh, als ich das Ende erblicken konnte. 

Etwa 500m hinter dem Tunnel gibt es ein öffentliches WC mit Warmwasser, was ausgiebig genutzt wurde. 

Da das Gelände hier zu exportiert ist und es immer noch stürmisch war, folgten wir der Straße weitere sechs Kilometer, bis zum Einstieg des E1-Wanderweges. Und tatsächlich fanden wir sogar Markierungen! In dem Tal mit Windschutz nach Norden suchten wir uns einen Zeitplatz. Blöderweise fegte der Wind auch durch das Tal und somit wurde der Wunsch nach einem windstillen Zeltplatz nicht erfüllt. Erschöpft stellte ich nach 38km zu Fuß mein Zelt auf, holte Wasser und wärmte mich innen auf. Mir war nämlich wieder eiskalt. 


21.09.2023 Knivskjellodden 


Tatsächlich nahm der Wind in der Nacht wie vorhergesagt immer mehr ab. Als ich um sieben aufstand, war Philipp schon weg. Ich startete wieder um etwa acht Uhr. Bis zur Straße wollte ich dem E1 folgen. Anfangs konnte ich einer Quadspur folgen, doch nach einem Kilometer führte diese in die komplett falsche Richtung und in meine Richtung war gar nichts mehr. 

Der Rückblick war grandios:

Stattdessen lief ich weglos weiter, was in dem Gelände wirkliche einfach war. Dort oben muss es ein klein bisschen geschneit haben, denn es lag etwas Schnee auf dem Boden. Die Weitblicke waren fantastisch. 


Auch von der Straße aus war die Landschaft unglaublich schön anzusehen. Ein richtiger Scenic Drive ist das hier! Für mich natürlich eher ein "Scenic Walk".


Bevor ich auf die E69 abbog, kürzte ich weglos eine Ecke ab. Rechts von der Straße sollte eigentlich der E1 verlaufen, doch ich sah weder eine Wegspur noch Markierungen. Auf Wegsuche hatte ich keine Lust, also blieb ich zunächst auf der Straße. 

Am Kjeftavatnet probierte ich es aus auf dem E1 zu wandern, der hier auf der anderen Seite verlaufen soll. Ich fand weder eine einzige Markierung noch einen richtigen Weg. Ab und zu konnte ich Rentierpfaden folgen. 

Am Ufer fand ich ein Gebäude vor und hoffte auf eine geschützte Möbel für eine Pause. Leider war die Hütte aber verschlossen.

Nachdem ich einen kleinen Bach gequert hatte, stieg ich weglos steil bergauf zurück zur E69. Von dort aus war es nur noch einen Kilometer bis zum Abzweig zum Knivskjellodden. 

Der Weg war die meiste Zeit sehr breit und immer gut markiert. Aber oft war er matschig, aber durch die vielen Steine ging es trotzdem ganz gut. Es ging steil hinab bis zur Bucht Knivskjelvika, wo ich später mein Zelt aufstellen wollte. Hier hat man einen tollen Blick aufs Nordkap. 

Für den Rest des Weges hatte ich mich innerlich auf eine gemütliche Küstenwanderung eingestellt, doch ich wurde enttäuscht. Stattdessen ging es über sehr schräge und oft nasse Felsplatten entlang. Das war noch ganz ok, aber die Matschlöcher dazwischen waren nur nervig. Insgesamt rutschte ich dreimal aus, kam zum Glück ohne Verletzung davon. Nur meiner Stimmung war es nicht gerade zuträglich. Am Knivskjellodden gibt es ein Monument, welches diesen Ort als nördlichsten Punkt von Europa beschreibt. Ich hatte es also geschafft! 


Doch mein Gefühl konnte diesen Moment nicht widerspiegeln. Statt freudig und stolz fühlte ich mich einsam. Gerne hätte ich diesen Moment mit meinem Mann geteilt. Ich beeilte mich schnell zurück zu kommen, den nervigen Weg hinter mich zu bringen und mein Zelt aufzustellen, damit ich mich aufwärmen kann. Ständig nasse Füße zu haben ist richtig mies.

Da es in den frühen Morgenstunden sehr windig (60km/h) werden soll, stellte ich das Zelt möglichst nah am Steilhang auf, auch wenn ich dann keinen Blick aufs Nordkap hatte. 31km waren es an diesem Tag. 


22.09.2023 Der größte Tollpatsch auf dem Weg zum Nordkap

In der Nacht fegten starke Windböen uns Zelt, sodass ich mehrfach vom Lärm geweckt wurde. Mitten in der Nacht musste ich einen Hering neu befestigen, da er sich durch die Böen gelockert hatte. Ansonsten hielt das Zelt dem Wind gut stand. Erholsam war die Nacht trotzdem nicht. Doch beim Abbau passierte die Katastrophe: ich entfernte alle zusätzlichen Sicherungen wie Steine und Windabspannleinen. Danach entfernte ich auch die Trekkingstöcke, damit die Windböen diese nicht herumschleudern. Die sechs Grundheringe waren noch im Boden verankert, als ich mich mit meinem Fuß in einer Abspannleine verhedderte und stolperte. Es machte einmal "ratsch" und plötzlich hatte ich einen 40-50cm langen Riss im Außenzelt. 

Innerhalb von Sekunden verwandelte sich meine Gefühlswelt von Vorfreude aufs Nordkap in Verzweiflung und Entsetzen über meine eigene Blödheit. Dem Sturm hält das Zelt stand, aber durch Tollpatschigkeit mache ich es kaputt. Wer meinen Blog jetzt bloß zum Ende hin gelesen hat, wird sich vielleicht denken, dass es am Ende ja nicht ganz so schlimm ist. Allerdings ist das Nordkap ja gar nicht das Ende meiner Reise, diese ist erst beendet, wenn ich den Weg komplett gelaufen bin. Und da fehlen noch rund 400km...

Mit mieser Laune gehe ich vorsichtig über den vom Regen matschigen Weg zurück in Richtung Straße. Meine Gedanken kreisen um das Zelt und die Lösungsmöglichkeiten. Von Frust á la "ich gebe auf und gehe heim", über "irgendwie kann ich das bestimmt kleben" bis "dann muss ich wohl einen Ersatz kaufen" war alles dabei. 

Der Wind wehte immer noch heftig und war nervig. An der Straße angekommen, hatte ich es nicht mehr weit. Bloß noch sechs Kilometer und dann hatte ich diesen Abschnitt geschafft. Hier waren die Ausblicke nicht mehr so spektakulär wie anfangs. 

Ich blieb auf der Straße, denn auch hier existiert der E1 nur auf dem Papier. Abgesehen von einem kleinen Stück im Südteil der Insel habe ich keine roten Markierungen mehr gesehen. 

Als ich am Nordkap ankam, wurden gerade mehrere Busladungen an Touristen rausgelassen und an der Erdkugel war ein großes Gedränge. Daher ging ich zunächst in die Cafeteria, wo Max bereits auf mich wartete. Er war etwa zwei Stunden vor mir angekommen und ich freute mich sehr, hier nicht alleine unter Fremden sein zu müssen. Neben ihm saß ein holländisches Pärchen, die mit dem Rad unterwegs sind. Als der Andrang etwas nachgelassen hatte, bekam ich dann auch noch ein "Abschlussfoto".

Irgendwie gefiel mir das Nordkap besser als der Knivskjellodden, auch wenn es ein Tourihotspot ist. Ich war dort in Gesellschaft von netten Menschen und konnte drinnen im warmen sitzen. 

Um 14:20 Uhr startete die Rückfahrt mit dem Bus nach Alta. Die "höheren Berge" (eigentlich sind es eher Hügel) waren weiß angezuckert. Zusammen mit den goldgelben Birken sah dies super aus. 

Den Abend in meiner Airbnb verbrachte ich mit Recherche über Reparaturmöglichkeiten. 

Link zum GPX-Track: Olderfjord bis Nordkap

Dienstag, 12. September 2023

Alta bis Olderfjord

Alta bis Olderfjord


Kälte und Genuss in der Finnmark


13.09.2023 Auf Schleichwegen zurück ins Fjell


Da ich nicht im Zentrum von Alta übernachtet hatte, konnte ich mir einen Weg mit möglichst geringem Asphaltanteil planen. Dies gelang mir sehr gut:

In der Früh regnete es andauernd, weswegen ich etwas trödelte. Erst um kurz vor neun lief ich los. Der Regen hatte zusätzlich fast aufgehört, wurde bald aber wieder stärker. Ich überquerte die Brücke über den Altaelva und folgte dahinter kleinen Pfaden im Wald. Da die Vegetation klatschnass war, wurde auch meine Hose rasch nass. Die Regenhose hatte ich nämlich nicht angezogen. 

Es gab zahlreiche Wegkreuzungen, was dazu führte, dass ich ständig auf dem Handy nachsehen musste, wo der richtige Weg ist. Blöderweise spinnte Komoot rum und zoomte jedes Mal aus dem Track raus, wenn ich erneut nachsehen wollte. Das war echt lästig und ich verfluchte die App lautstark. 

Steil ging es auf einem gut ausgebauten Weg bergauf und auf der anderen Seite wieder bergab. Noch immer regnete es. Laut der Karte von Nordeca würde ich bald auf einer Skiloipe laufen, doch es handelte sich um einen normalen Wanderweg. Nur zum Schluss war der inzwischen sehr breite Weg matschig. 


Der Weg am Tverrelva entlang war sehr angenehm. Anschließend musste ich dann aber doch ein paar Kilometer auf Asphalt durch den Weiler Tverrelvdalen laufen  

Am Straßenrand sah ich mit Trollen bemalte Briefkästen. Da war jemand sehr kreativ! 

Nachdem ich den Tverrelva über eine Brücke überquert hatte, bog ich rechts auf eine Schotterstraßen ab. Bevor der Anstieg ins Fjell begann, fand ich ein neu aussehendes Gapahuk. Ideal für eine kurze Pause, auch wenn der Regen aufgehört hatte.

Ab hier wies der Weg, immer noch eher eine breite Straße, Markierungen vom DNT auf. Bevor es steil wurde, lief ich durch eine schattige Schlucht. 

Im Fjell angekommen, wurde die Landstraße mal wieder unglaublich schön. Vorher war sie durch die goldenen Birken auch schon sehr hübsch gewesen. Da inzwischen auch die Sonne schien, erstrahlten die Farben der Natur richtig. 

Der Wanderweg blieb den ganzen Tag eine breite Naturstraße, obwohl ich nicht den Weg zur DNT-Hütte, sondern den darüber wählte. Somit kam ich schneller vorwärts als gedacht. Auch wenn der Weg an sich einfach war, gab es viele Wasserlöcher, die ich umgehen musste. Manche führte die Straße direkt durch den Sumpf, obwohl ein paar Meter daneben trockener Untergrund zu finden war. 

Bereits um kurz nach vier suchte ich mir bei Sonnenschein einen Zeltplatz am Nesvatnet. Warum so früh? Nunja, ich hatte bereits 30km geschafft und wollte es in drei Tagen bis zur Bastingammen schaffen. Demnach war es unnötig weiter zu laufen. Zudem hatte ich am Nesvannet guten Empfang. 

14.09.2023 Im Stabbursdalen Nationalpark 


Etwa um 23 Uhr begannen sich am Himmel Polarlichter zu formen, die ich vom Zelt aus beobachtete. Um draußen herumzustehen war es mir dann doch zu kalt. An einer Seite war ein horizontales Leuchten zu sehen, dass sich zunächst kaum bewegte. An der anderen Seite waren kleinere kreisförmige Lichter zu sehen. Zwischendurch bildeten sich Streifen am Himmel, alles in einem hellen Grünton. Mal wurden die Polarlichter heller, mal unscheinbarer. Es war ein faszinierendes Schauspiel! Erst um Mitternacht legte ich mich schlafen. 

Ich habe mit meinem Handy Fotos geschossen und die Sättigung soweit reduziert, dass es dem Original möglich nahe kommt. Denn die Intensität der Farbe wirkt sonst auf dem Foto stärker als in real.

In der Früh war das Kondenswasser am Außenzelt gefroren. Es muss also echt kalt gewesen sein. Da ich so spät ins Bett gekommen war, startete ich erst um halb neun. Zunächst mit Pulli, Regenjacke, Fleece Balaclava und Handschuhen. Zwar schien die Sonne, sie wärmte aber nur wenig. Weitere 15 Kilometer folgte ich dem ATV-Track durch die sanft geschwungene Bergwelt. 

An einigen Stellen war die Spur unter Wasser und ich suchte mir jedes Mal einen Weg drumherum. Mal konnte ich direkt daneben laufen, mal musste ich einen etwas größeren Umweg gehen. Ab und zu musste auch ein Bach gefurtet werden. Das ging immer trockenen Fußes auf Steinen.

Zwischenzeitlich hatte ich Regenjacke und die Handschuhe abgelegt, aber als ich auf den E1 im Stabbursdalen Nationalpark abbog, kam mir ein eisiger Wind aus Norden entgegen. Der Wind war nie stark, aber einfach sehr kalt. Also zog ich beides wieder an. Und das obwohl die Sonne schien. 

Die Landschaft blieb unverändert. Ich kam an einigen Seen vorbei. Der Weg bestand überwiegend aus einer weniger stark ausgefahrenen Quadspur. Manchmal verschwand sie zwischendurch und nur noch die Steinmännchen mit den verblassten "T" Markierungen zeigten den Weg an. Da das Gelände aber abgesehen von ein paar sumpfigen Stellen einfach war, stellte dies kein Problem dar. 

An solchen nassen Abschnitten haben die Quads tiefe Rinnen in den Boden gegraben. 

Am Wegesrand lag ein Skelett von einem Tier. Wer hat dessen Tod zu verantworten? Raubtiere?


An der Nordostseite vom Ruhkkojávri wuchsen ein paar kleine Birken mit goldgelbem Laub. Dahinter musste ich den Abfluss furten. Eine perfekte Furtstelle fand ich nicht und so wurden zumindest die Schuhe und die Socken nass. 

Ich lief etwas bergan und suchte mir nach 31km einen Zeltplatz in der Nähe eines Teiches. Zwar schien die Sonne bis etwa 19 Uhr auf mein Zelt, doch trotzdem war es so kalt, dass ich Handschuhen trug. Auch meine nass gewordenen wasserdichten Socken und die Trailrunner wollten nicht richtig trocknen, obwohl sie fast zwei Stunden in der Sonne lagen bzw. standen. Inzwischen hat sie wohl einfach nicht mehr genug Kraft. 

15.09.2023 Karge Einsamkeit 


Um 21 Uhr legte ich mich schlafen, als sich bereits eine glitzerne Schicht Feuchtigkeit auf dem Außenzelt gebildet hatte. Um halb zwölf musste ich raus und sah Polarlichter am Himmel. Diese waren allerdings nicht so imposant wie in der Nacht zuvor. Vielleicht habe ich den besten Teil auch bloß verschlafen? 

Um sechs Uhr war die Welt mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Ein guter Grund etwas länger zu schlafen. Um viertel vor acht stand ich auf und etwa eine Stunde später lief ich los. Es war immer noch frostig kalt. 

Schon nach wenigen Minuten stand die erste Furt bevor. Der Abfluss vom Bohkošjávri war zu tief um mit trockenen Füßen durchzukommen, also zog ich die Socken aus. Bereich beim queren verlor ich das Gefühl in den Zehen und war froh, als ich meine noch trockenen Socken anziehen konnte. 

4-5km musste ich weglos laufen, da ich weder Markierungen noch eine Spur erkennen konnte. Etwas nervig war das schon, denn laut UT, Hvor? und Komoot hätte da ein Weg sein sollen. Was hat sich der DNT dabei gedacht? Als ich Gebüsch durchschritt, schreckte plötzlich eine Eule auf und flog langsam davon.
Erst als ich einen Rentierzaun überquerte fand ich wieder eine Quadspur und auch Markierungen. Komischerweise war in südlicher Richtung am Rentierzaun auch eine Markierung. Hat der DNT möglicherweise den Weg verlegt und es ist noch nicht auf den Karten zu sehen? 

Anschließend ging es bergab in ein Wäldchen, wo wieder eine Flussquerung auf mich wartete. Davor machte ich eine kurze Pause, aber lange hielt ich es bei der Kälte nicht aus. Es wehte nämlich ein eisiger Wind. Die Querung war sehr einfach, da ich auf Steinen laufen konnte. 

Auf der anderen Seite war es ab und zu sumpfig. Oft fand ich eine trockene Möglichkeit, aber nicht immer. 

Vor dem Abzweig zur Bastingammen musste ich einen Fluss furten, was auch diesmal einfach war. Ein Stück bergauf fand ich die offene Torfhütte Bastingammen. Diese bietet zwei Schlafplätze sowie einen Ofen. Draußen lagerte Birkenholz, was zuerst in Stücke gesägt werden musste. Vier Stücke sägte ich mir zurecht, bevor ich den Ofen anheizte. Drinnen war es ebenso kalt wie draußen und ich zog mich warm an. Es dauerte, bis sich die Hütte aufgeheizt hatte. 

Um halb sechs klopfte es plötzlich an der Tür und Philipp kam herein. Ich freute mich sehr ihn so überraschend wiederzufinden und wir verbracht einen gemütlichen Abend miteinander. 

16.09.2023 Weglos zur Überraschungshütte


In der Nacht schauten wir noch kurz gemeinsam Polarlichter an, doch der größte Teil wurde von Wolken verdeckt. Schön war es trotzdem, leider auch verdammt kalt.


Am nächsten Morgen war es nebelig, doch dank der guten Markierungen vom DNT fanden wir durch relativ sumpfiges Gelände zurück zum eigentlichen Weg. Die Bastingammen liegt nämlich etwas abseits. 

Der Pfad war anfangs trocken und sehr angenehm zu gehen. Der Nebel schuf in Zusammenhang mit den Bäumen eine tolle mystische Stimmung.

Ein paar Kilometer folgte der Wanderweg einem Rentierzaun in leider sehr sumpfigen Gelände. 

Nach und nach wurde die Sonne kräftiger und der Nebel lichtete sich langsam. Kurz darauf wurde es sonnig und verhältnismäßig warm.

Auf jeden Fall deutlich wärmer als gestern. Die Weite der Landschaft in der Finnmark ist bemerkenswert. Auch der Untergrund war nun wieder trocken - viel angenehmer zum Wandern. 

Nach 18km auf dem DNT-Weg schauten wir gemeinsam auf die Karte, um zu entscheiden wie wir weitergehen wollen. Philipp nutzte dazu u.a. auch ein Fernglas, was nützlich bei der Beurteilung des Geländes war. Der markierte Weg folgt der Westseite vom Skáiddejávri, wo das Gelände offensichtlich sehr sumpfig ist. An der Südseite führt eine Quadspur entlang, die zu einer offenen Gamme führt. Wir entschieden uns für diese Variante, kürzten allerdings weglos ab, indem wir schon früher nach Osten abbogen. 

Ein tief eingeschnittener Fluss musste gleich zu Beginn gefurtet werden, was zum Glückwunsch einfach war. Nachdem wir einen Rentierzaun überquert hatten, wurde es überwiegend einfach. 

Wir folgten der Höhenlinie auf dem überwiegend trockenen Gelände. Zwischen war es buckelig, aber nie schwer. 

Den letzten Drittel legten wir auf der breiten Quadspur zurück, die uns direkt zu zwei Gammen direkt am See mit Sandstrand brachte. Die kleinere Hütte ist offen und wirkt gemütlich. 

Da es aber erst drei Uhr war und die Sonne schien, liefen wir weiter. Auf der Karte hatte Philipp noch eine weitere Hütte entdeckt, die aber unsicher war. Zunächst konnten wir einer deutlichen Quadspur bergauf folgen, die sich aber bald verlor. 

Ab da liefen wir weglos sanft bergauf in Richtung Gorsaoaivi, wo wir uns einen Überblick über den weiteren Weg verschafften. 

Es galt nämlich die sumpfig Abschnitte südöstlich vom Bajit Goadehisjávri zu umgehen. Wir hielten uns leicht rechts am Hang, um dies zu schaffen. Es klappte sehr gut, nur einmal mussten wir zehn Meter über nassen Boden wandern. Bevor wir es zur Hütte am Vuolit Goadehisjávri schafften, galt es noch ein paar Gräben zu durchqueren. 

Als wir die letzte Anhöhe überquert hatten, sahen wir dann schon die Hütte ganz in der Nähe. Nun mussten wir nur noch herausfinden, ob sie offen ist. Die größere war verschlossen, aber die kleinere war tatsächlich offen. Von der Größe war sie perfekt für zwei Personen mit zwei Betten und zwei Stühlen. Rasch hatte der Ofen das kleine Gebäude aufgeheizt. Und zwar so sehr, dass wir nach einer Stunde kein Holz mehr nachlegten. 


17.09.2023 Durch Fjell und Sumpf nach Olderfjord 


Die Nacht war nicht nur ruhig, sondern auch warm. Polarlichter gab es aber diesmal keine zu bestaunen. Die erste Herausforderung war es, weglos zurück auf den markierten Weg zu kommen. Dazu orientieren wir uns anfangs an der Stromleitung oberhalb der Hütte. Schräg liefen wir bergauf, bis wir diese erreichen hatten. 

Wir folgten dieser allerdings nicht, denn sie führt durch eine sumpfige Ebene, die wir lieber vermeiden wollten. Stattdessen blieben wir etwa auf gleicher Höhe und orientieren uns am Hang des Sálletoaivi. 

Hier war der Boden trocken und weich. Also perfektes Wandergelände! 

Da gings runter:

Da zwischen diesem Berg und dem daneben ein tief eingeschnittener Bachgraben ist, stießen wir ein paar Meter ab und folgten dem deutlich weniger stark geneigten Hang, bis wir eine trockene Linie zurück auf den Wandertag sehen konnten. 

Das klappte hervorragend. Nachdem wir zuletzt einen Rentierzaun überquert hatten, waren wir zurück auf dem DNT-Weg. 

Es ging gleich wieder bergauf, wobei man immer in der Nähe vom Rentierzaun blieb. Auch hier war das Gelände angenehm. Da es immer noch bewölkt und kalt war, hielten wir die Snackpausen kurz. 

Nach dem Abstieg wurde der Weg deutlich sumpfiger und auch die Markierung waren nicht immer erkennbar. So stapften wir durch die Landschaft bis wir die nächste fanden. Der Sumpf fing schnell an mich zu nerven, denn da meine wasserdichten Socken inzwischen lecken, bedeutet dies nasse Füße. Und nasse Füße bei kaltem Wetter sind ekelhaft!

Zwischendurch wurde es wieder trockener und auch die Landschaft gefiel mir sehr gut, denn sie war hier noch richtig bunt. 

Mit einem auf und ab ging es in Richtung Davit Fránssajávri. Bei einer kurzen Pause fiel mir mein Handy aus der Hand und ich verlor meine USB-Schutzkappe. Obwohl Philipp mir beim Suchen half, blieb sie unauffindbar. Zwar besitze ich noch einen Ersatz, den darf ich nun allerdings nicht mehr verlieren. Ohne Schutzkappe wird der Ladeanschluss nämlich schnell feucht und dann kann ich das Gerät nicht aufladen.

Der Weg in der Nähe vom See und bis zur Straße war eine Herausforderung für meine Nerven. Zumindest ging es durch einen Birkenwald mit allerlei umgefallenen Bäumen. Da es immer mehrere Wege parallel gab, war auch die Wegfindung eine Herausforderung. Später war die Orientierung deutlich einfacher, aber dafür wurde der Weg (wenn man ihn so nennen mag) sehr sumpfig. Ich war zum Schluss nur noch genervt und fluchte über den DNT und dessen Route. 

Meerblick:

Bevor es auf der Straße die letzten 6km nach Olderfjord ging, musste ich erst meine Socken und Einlegesohlen auswringen. Braunes Wasser lief heraus. Bäh!! 

In Olderfjord kann man sich leicht orientieren, denn es gibt nicht viel. Der Support macht erst morgen wieder auf, aber auf dem Campingplatz bekamen wir jeder eine kleine Hütte für eine Nacht. Nach der Dusche, war auch meine Laune wieder besser. Da es kein Restaurant gibt, mussten wir mit den verbliebenen Vorräten auskommen. 

Link zum GPX-TRACK: Alta bis Olderfjord

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