Freitag, 6. Oktober 2023

Geilo bis Rjukan

Geilo bis Rjukan


Die herbstlichen Weiten der Hardangervidda kurz vor dem Winter


05.10.2023 Der Anfang vom Ende


Die Nacht war frostig und ich genoss es sehr in einer beheizten Hütte zu nächtigen. Um halb neun startete ich nach einem reichhaltigen Frühstück mit Guacamole. Zunächst musste ich die rund zwei Kilometer ins Zentrum von Geilo auf dem Radweg zurücklegen. Einen kleinen Teil konnte ich fernab der Straße durch den Park am Flussufer gehen. Immer wieder schaute ich im Smartphone nach, wo ich abbiegen musste. 

Die Vegetation des Waldweges, dem ich bergauf folgte, war immer noch mit Rauhreif bedeckt. Die Moore waren aber noch nicht zugefroren. Es war Aufbruch des schweren Rucksacks sehr anstrengend und ich war froh, als es flacher wurde. 

Am Store Hakkesettjørne wählte ich den Weg am rechten Ufer entlang. Der Pfad war zwar sehr felsig und am Ende auch sumpfig, aber insgesamt ganz ok. Obwohl die Sonne vom strahlend blauen Himmel schien, war es immer noch sehr kalt. 

Mein Weg stiegen weiter an, da ich das Fjell noch nicht erreicht hatte. Ich folgte den Wegweisern zum Gipfel Ustetind, der auf meiner Route lag. Ein kalter Wind wehte und ich vermied es, Pausen zu machen. Im Windschutz der Røde Korshytta nahm ich einen Snack zu mir. Ohne Wind war es gleich viel angenehmer. 

Oben am Gipfel hatte ich einen phänomenalen Rundumblick auf die Weiten der Hardangervidda. Da dort der Wind besonders kräftig blies, ging ich dennoch gleich weiter in Richtung Tuva.

Der Weg zur Tuva Hütte, ist sehr breit und ich sah eine Menge Tageswanderer. Da die private Hütte bereits geschlossen war, konnte ich dort nicht mehr übernachten indem aß bloß einen Snickers, ehe es weiterging. 

Der DNT-Weg zu Heinseter ist schmaler und in vielen Abschnitten war es sehr matschig. Manche Stellen sind durch Planken entschärft, viele aber leider nicht. Ich schaffte es, ohne zu sehr irgendwo einzusinken, indem ich von Stein zu Stein balancierte. Nass wurden die Füße trotzdem. Die Ausblicke waren toll, aber da ich ständig auf den Boden schauen musste, bekam ich nicht sehr viel davon mit. 

Auch die private Heinseter Hütte ist bereits geschlossen und stand mir nicht für eine Übernachtung zur Verfügung. Zum Glück gibt es über den Fluss Hein auch noch in der Nebensaison eine Brücke, denn der Fluss hat eine starke Strömung und sieht in meinen Augen nicht furtbar aus. 

Etwa 1.5km weiter befindet sich eine einfache Steinhütte, die Selstjønnslægeret. Da es in der Nacht viel regnen oder gar schneien soll, steuerte ich diese an. Als ich ankam, war ich ziemlich enttäuscht, denn sie ist in keinem guten Zustand. Manche Holzbretter im Boden sind gebrochen und es gibt keine Matratzen, nur eine morsche Holzpritsche. Der Wassereimer wurde von meinen Vorgängern als Mülleimer missbraucht. Sowas kann ich gar nicht verstehen! Kann man seinen Müll nicht einfach wieder mitnehmen?! Immerhin gab es Feuerholz, welches ich klein hackte. 


06.10.2023 Sturm im Fjell


In der Nacht hat es ein klein wenig geschneit, denn die Landschaft ist weiß angezuckert. Der Schnee ist jedoch nass und auch rutschig. Trotzdem laufe ich wie üblich um acht Uhr los, denn ab Mittag soll ein heftiger Sturm mit Windgeschwindigkeiten bis 80 km/h kommen. Das entspricht Windstärke 9. Diesen Sturm möchte ich lieber in einem geschlossenem Gebäude erleben als draußen und daher peile ich als Tagesziel die DNT-Hütte Rauhelleren an. Diese liegt bloß 13km entfernt und sollte problemlos bis Mittag erreichbar sein.

Aufgrund der rutschigen Schneeauflage bin ich etwas vorsichtiger als sonst, es klappt aber sehr gut und ich rutschte nicht aus. Leider sind die sumpfigen Matschlöcher noch nicht zugefroren und ich muss erneut von Stein zu Stein balancieren. Das klappt meist gut, meine Füße werden trotzdem schnell nass. 

Ab und zu nieselte es ein wenig. Während in der Früh noch kaum Wind wehte, wurde dieser nach und nach mehr. Er kam direkt von vorne und war daher nicht nur kalt, sondern auch nervig. Dafür zeigte sich sogar ein bisschen die Sonne. Damit hätte ich nun nicht gerechnet. Inzwischen war der meiste Schnee auch schon wieder geschmolzen. 

Die Hütte Rauhelleren beeinhaltet für mich einen kleinen Umweg, den ich mir bei besserem Wetter gespart hätte. Die nächste Hütte Mårbu ist allerdings noch 20km entfernt und das ist für mich heute definitiv zu weit. Der Umweg war erfreulicherweise sehr trocken und angenehm zu gehen. Bitte mehr davon! 

Da die große bewirtschaftete Hütte bereits geschlossenen ist, lief ich zur selbstbedienten Hütte, wo ich beinahe am Schloss gescheitert wäre. Es handelt sich zwar um das übliche DNT-Schloss, aber es klemmte und ich hatte Mühe, es zu öffnen. Drinnen gefiel es mir sofort mit der gemütlichen Sitzecke und dem großen Ofen. Nachdem ich alles wichtige erledigt hatte, fiel mir eine handschriftliche Notiz an der Wand auf, die auf ein WLAN-Passwort hinwies. "Das kann doch nur ein Scherz sein.", dachte ich mir, probierte es aber trotzdem aus. Und tatsächlich, in der Rauhelleren gibt es WLAN! Da es hier keinen Mobilfunkempfang gibt, freute mich das riesig. 

Draußen wurde der Wind stetig stärker, wie ich an den großen und schäumenden Wellen auf dem See erkennen konnte. Er war auch akustisch mit dem lauten Heulen sehr gut wahrnehmbar. Irritierenderweise schien zunächst noch die Sonne, erst am Nachmittag fing es an zu regnen. 

07.10.2023 Ein Dank an späte Sommerbrücken

Wie vorhergesagt schien schon in der Früh die Sonne, doch es war bitterkalt. In der Nacht hatte es ganz leicht geschneit, vielleicht ein Zentimeter. Diesmal war der Schnee aufgrund der Kälte aber griffig und nicht rutschig. 

Ich überquerte die Brücke über die Djupa und folgte dem Wegweiser in Richtung Mårbu. Dies würde mein Ziel für diesen Tag sein, denn ich hatte beschlossen, den Ausklang meiner Tour gemütlich zu gestalten und von Hütte zu Hütte zu laufen. Das ist gemütlicher als frierend im Zelt zu sitzen. Zwar ist mein Schlafsack warm genug für Minusgrade, meine Kleidung aber nicht. Zeitlich konnte ich mir das leisten, denn mein bereits gebuchter Rückflug gab das her. Wäre ich schneller bräuchte ich stattdessen eine Übernachtung mehr in Oslo, die teurer und gleichzeitig weniger komfortabel ist. 

Die Moore waren leider noch nicht zugefroren und so musste ich insbesondere anfangs noch oft von Stein zu Stein balancieren. Als ich einmal im Glauben, eine stabile Stelle gesehen zu haben, knackte die Eisschicht und Matsch spritze hoch auf meinen Schuh. Am nächsten Bach versuchte ich die Sauerei so gut es geht zu beseitigen. 

Nach vier Kilometern gelangte ich zu einer Kette aus mehreren Seen, zwischen denen ein Verbindungsfluss fließt. Zu meinem Glück war die Sonmerbrücke noch aktiv. Eine Furt wäre zwar möglich gewesen, bei den Temperaturen aber so gar kein Vergnügen. 

Nach der Brücke war der Weg überwiegend trocken und sehr angenehm zu Gehen. So machte das Spaß, wenn nicht gerade meine Hüfte wieder schmerzte. Zweimal musste ich deshalb zwischendurch meinen Rucksack absetzen und eine kleine Pause machen. Bei wärmeren Temperaturen ist das ok, aber bei Minusgraden begann ich sofort zu frieren. 

Die Landschaft wurde immer schöner, umso näher ich Mårbu kam. Im Gegensatz zum gestrigen Tag schmolz der Schnee nur in geringem Maße, teilweise blieb er liegen.

Auch die Sonmerbrücke kurz vor Mårbu war noch vorhanden. Der Fluss wäre allerdings leichter zu furten gewesen, als alle anderen zuvor am diesem Tag. 

Als ich die selbstbediente Hütte erreichte, war diese total ausgekühlt. Der letzte Gast war dort laut Protokoll vor einer Woche gewesen. Überraschenderweise bekam ich dann doch noch Gesellschaft von der Norwegerin Susanne auf Urlaubstour. Es dauerte ein paar Stunden, bis der Ofen den Wohnraum aufgewärmt hatte und es gemütlich wurde. Im Sommer war es oftmals bereits nach einer Stunde viel zu warm, aber man musste weiter heizen um die nassen Sachen zu trocknen, jetzt braucht man viel mehr Holz um überhaupt eine Art von Behaglichkeit zu erreichen. 

Auch hier war ich von Lebensmittel-Lager enttäuscht, da es wieder keine Bohnen gab. Manches, was da so rumsteht, ist schon komisch und wirkt nicht, als gehöre es dahin. Z.B. eine angebrochene Pfefferdose, ein 5ml Glas mit Chilisoße. Und in Rauhelleren lag dort Quinoa in Ziplocks, was in keiner Liste vom DNT aufgelistet ist. In der Küche war eine Notiz, man solle keine Lebensmittel dalassen. Möglicherweise legen deshalb Leute ihre überflüssigen Vorräte im Lebensmittel-Lager ab? 

08.10.2023 Dauerfrost & Wandermüdigkeit


Da ich auch diesmal nur 20km vor mir hatte, stand ich erst um 7:30 Uhr auf und machte mich eine Stunde später auf dem Weg, während Susanne noch schlief. 

Der Himmel war blau und die Farben der Natur hatten dank der tief stehenden Sonne zarte Pasteltöne angenommen. Man sah ihr die bittere Kälte so kaum an. Das änderte sich allerdings bald auf dem Trail, denn die Moore und Sümpfe hatten an diesem Tag eine dickere Eisschicht als am Vortag. Manchmal trug das Eis sogar, war bloß sehr rutschig. Daher balancierte ich lieber von Stein zu Stein. 

Nach rund einer Stunde musste ich den Abfluss vom Syvretjønni furten. Dies geht theoretisch ganz einfach, indem man über die zahlreichen großen und kleinen Felsblöcke steigt. Blöderweise waren einzelne davon mit einer extrem rutschigen Eisschicht überzogen und so rutschte ich mit einem Fuß ins Wasser und knallte mit dem Schienbein an den nächsten Stein. Aua! Vorsicht arbeitete ich mich ans andere Ufer vor und atmete erst mal tief durch. 

Nach der Querung ging es einige Zeit lang bergauf zur Ostflanke vom Syvrenuten. Die zahlreichen kleinen Rinnsäle, die über den Trail laufen, waren allesamt tief gefroren. Manchmal konnte ich vorsichtig von Stein zu Stein gehen, manchmal musste ich diese Stellen umrunden. Auch der kleine See auf 1307m Höhe hatte bereits eine durchgängige dünne Eisschicht. Das zeigte sehr deutlich die dortige Kälte an. 

Der Abfluss vom Oppnestjønni war glücklicherweise mit einer Sommerbrücke versehen, was die Überquerung kinderleicht gestaltete. 

Ich blieb überwinden auf der selben Höhe und hatte tolle Aussichten auf den Vestre Flottetjønni. Passend zum Klima hörte ich einen Podcast zum Thema "Kleidung für kalte Temperaturen". 

Irgendwie machte das Wandern heute nur wenig Laune, obwohl das Wetter im Prinzip ganz gut war: sonnig, trocken und nur wenig Wind. Statt das draußen sein zu genießen, wollte ich möglichst schnell in der warmen Hütte ankommen. Woran lag das? Die Landschaften waren auch diesmal toll, aber durch die Kälte konnte ich sie nur bedingt genießen. Sobald ich eine Minute stehen blieb, fröstelte ich. Pausen waren dadurch nicht drin, stattdessen schlang ich bloß einen Riegel runter und lief sofort weiter. Auf diese Art und Weise blieb für mich der Genuss auf der Strecke, das Ziel wurde zum Ziel und nicht der Weg dahin. 

Dann begann der etwas steile Abstieg nach Kalhovd und zum Kalhovdfjorden. Der Untergrund war größtenteils angenehm, an einer Stelle gab der nasse Kies plötzlich nach und ich rutschte mit einem Fuß rechts. Mir passierte nichts, aber der Schuh war an einer Seite total schlammverschmiert. Die letzten Meter bis zur DNT-Hütte waren eine Herausforderung, denn der Pfad war komplett vereist. 

Die Hütte wird im Sommer bewirtschaftet und ist in der Nebensaison unbewirtschaftet. Neben mir war noch eine sehr nette thailändische Familie da, die mir zur Begrüßung einen Kaffee anboten. Vielen Dank! Die Hütte bietet den Luxus von Steckdosen und Heizungen auf den Zimmern. Diese drehte ich natürlich voll auf, schließlich will ich nicht frieren. Die Duschen sind aber leider verschlossen. Schade, ich hätte eine gebrauchen können.  😉 

09.10.2023 Die letzte DNT-Hütte


Es war zwar der vorletzte Tourtag, fühlte sich aber wie der letzte an. Danach würde es nur noch runter nach Rjukan gehen. Etwa um halb neun lief ich mit gemischten Gefühlen los. Einerseits war ich froh, bald wieder Zuhause zu sein und nicht mehr so häufig frieren zu müssen. Andererseits gibt es hier so vieles, was ich sehr vermissen werde. So wie z.B.:

- die gemütlichen DNT-Hütten und das flackernde Kaminfeuer 
- die Gespräche mit anderen Wanderern
- die grandiosen Weitblicke und die vielen bunten Farben 
- die Stille
- die Rentiere und Moorschneehühner
- Blau- und Moltebeeren essen
- täglich viele Stunden an Bewegung an der frischen Luft
- in den Bergen zu sein und gleichzeitig nur wenig Höhenmeter bewältigen zu müssen 
- sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren statt sich mit dem "Nonsense of modern life" zu stressen

Diese Aufzählung ist natürlich nicht abschließend, sondern listet nur ein paar Beispiele auf. 

Nun zurück zum eigentlichen Tourtag: Noch in Kalhovd lief ich erst mal in die falsche Richtung. Einen guten Orientierungssinn habe ich also auch nach langer Zeit nicht ausgebildet... Es ging sanft bergauf am Vøgårhovde. Auch diesmal waren alle Rinnsäle am Weg komplett gefroren, ebenso wie die Sümpfe und Moore. Die gefrorenen Rinnsäle, von denen es zahlreiche gab, musste ich umgehen. 

Bei den Mooren war es dagegen von Vorteil, denn das Eis trug mich an den meisten Stellen und so blieben die Füße trocken. So gefiel mir das viel besser und die Füße blieben trotz Frost warm. 

Einen breiten Bach überquerte ich, indem ich von Stein zu Fels balancierte. Da manche eine Eisschicht hatten, musste ich aufpassen, welchen Stein ich wählte. 

Ich lief am Haraldsjå vorbei, wo ich auf eine Schotterstraße traf, die ich kreuzte. Dahingehend wurde die Landschaft immer schöner, sie wirkte etwas farbenfroher als zuvor. Da kein Wind wehte, fühlte sich die Luft nicht ganz so kalt an, wie am Vortag und das draußen machte mehr Spaß. 

Das kleine Tief war überwunden und ich empfand wieder tiefe Dankbarkeit dafür hier unterwegs sein zu können. Mit dem Wetter hatte ich trotz der Eiseskälte großes Glück, denn es war nun mehrere Tage am Stück trocken und sonnig. Kein Schnee erschwerte meinen Weg, kein Nebel versperrte die Sicht. Das Wetter hätte also bedeutend schlechter sein können. 

Hinter dem Ormshovde kam die Hütte in Sicht und sie gefiel mir auf Anhieb. Und zwar so richtig. Mit dem bewachsenem Dach passten die beiden Gebäude hervorragend in die hiesige Natur. Auch innen war sie klein und gemütlich. Diesmal eine richtige schnuckelige  selbstbediente Hütte, die im Sommer nicht bewirtschaftet wird. Ich hoffte alleine zu bleiben, damit ich mich gedanklich komplett auf den Ausklang einer großen Tour einlassen kann. Es kam zwar noch eine norwegische Familie, allerdings wählten sie die andere Hütte. Mein Wunsch ging in Erfüllung. 


10.10.2023 Final Destination Rjukan


Der Abschied von der gemütlichen Hütte fiel mir sehr schwer. Ich schaute alle Räume noch mal in Ruhe an und genoss eine Tasse Kaffee. 

Auch an diesem Tag war das Wetter bestens: sonnig, trocken und windstill. Bei Windstille (eher selten im Fjell) wirkt auch die Kälte weniger aggressiv. 

Der Weg war einfach und sogar die kurzen sumpfigen Abschnitte waren kein Problem, da der Boden meistens komplett gefroren war. So blieben dann auch die Füße trocken. Immer wieder blieb ich stehen und genoss die letzten Ausblicke ins Fjell. 

Nach eineinhalb Stunden erreichte ich die Baumgrenze und nun hatte ich tatsächlich das norwegische Fjell hinter mir gelassen. Manche sumpfige Stellen waren erstaunlicherweise sogar mit Planken ausgelegt. Natürlich nicht alle. 

An einem Gapahuk machte ich eine kurze Pause und buchte die Unterkunft in Oslo. Um drei Euro zu sparen wollte ich das Hostel statt über Booking direkt über deren Website buchen. Das war ein Fehler, denn auf der vermeintlichen Website war der Preis 16€ teurer, aber die extra Gebühr war so versteckt, dass ich sie erst nach der Zahlung sah. Wütend und frustriert darüber lief ich unterhalb der Krossobanen in 19 Kehren 500hm bergab nach Rjukan. 

Die feierliche Stimmung, die ich in der Früh noch verspürt hatte, war verschwunden und mit gemischten Gefühlen betrat ich den Ort. 

Da ich nicht am Ortschild vorbei kam, machte ich ein Selfie an einer Werbung für die Krossobanen, für die Rjukan bekannt ist. 

Dann ging es auch schon mit dem Bus in Richtung Oslo, um am nächsten Tag die Heimreise anzutreten. 

The end

GPX-Track: Geilo bis Rjukan



Dienstag, 3. Oktober 2023

Vang bis Geilo

Vang bis Geilo


Herbstliches Vergnügen in den Bergen von Skarvheimen


30.09.2023 Stürmischer Auftakt


In der Nacht um vier Uhr nachts wurde ich vom prasseln des Regens wach und schlief dann wieder ein. Da in der Früh Jäger anrücken sollten, hatte ich den Wecker auf 6:15 Uhr gestellt. Es war noch dunkel, trotzdem packte ich alle meine Sachen zusammen und baute das nasse Zelt ab. Immerhin hatte der Regen aufgehört. Direkt nach dem Abbau fing es leider wieder anbund ich setzte mich in die Grillhütte, um den Regen abzuwarten. Als ich um 7:30 Uhr loslief, waren noch keine Jäger eingetroffen. Diese sah ich erst, als ich bereits eine halbe Stunde unterwegs war. 

Der Beginn war sehr komfortabel, denn ich musste die ersten sechs Kilometer bloß einer gut ausgebauten Schotterstraße folgen. Sie stieg bloß sanft an und ich hatte tolle Ausblicke auf die Gipfel Gridane und Tverrfjellet. 

Die Wettervorhersage hatte für den heutigen Tag Regenschauer und Sturmböen vorhergesagt. Unten im Tal hielt sich der Wind noch in Grenzen. 

Der Aufstieg ins Fjell war sehr steil, quasi senkrecht ging der Pfad den Berg hoch. Der Rückblick war genial, leider fing es aber an zu regnen. 

Oben wurde der Weg zwar flacher, dafür blies der Wind hier sehr kräftig. Anfangs kam ich damit noch gut zurecht, da der Untergrunds einfach zu begehen war. 

Sobald ich in die Nähe des Sees Jødntjernet gelangte, wurden die Windböen so stark, dass ich zwischendrin stehen bleiben musste, um mich zu stabilisieren. An der sehr aufgewühlten Wasseroberfläche konnte ich schon die nächste Windböe ankommen sehen. Laut Wettervorhersage sollte der Wind zur Mittagszeit mit 75km/h blasen. Die Vorsage galt allerdings für die Hütte, im Fjell wird es wohl noch mehr gewesen sein. 

Am Ende des Sees galt es einen steilen Anstieg zu bewältigen. Dieser war eine Herausforderung, da es auf vom Regen nasses grobes Blockgestein hinauf ging. Meinen gestrigen Sturz im Gedächtnis, war ich diesmal sehr vorsichtig und arbeitete mich langsam hoch. Zum Glück war ich diesmal im Windschatten. 

Meine Hoffnung ab dem Hamarskredtjerne auf der windabgewandten Seite zu laufen, wurde leider enttäuscht. Entweder hatte der Wind gedreht oder er wurde verwirbelt. Spaß machte das definitiv nicht, ich wollte nur noch bei der Hütte ankommen. Auch meine Motorrad am nächsten Tag erneut eine Etappe auf der Höhe um 1400-1500m zu nehmen, sank rapide. Irgendwie hatte ich zurzeit mehr Lust auf einfache Wege und bunte Bäume. Hier oben war aber alles bloß felsig und grau. Mir war das irgendwie zu karg. 

Bergab wurde der Wind schwächer und der Untergrunds wieder bunter. Gefiel mir schon deutlich besser! Ich begegnete zwei Tageswanderern, wir unterhielten uns kurz. Sie wünschten mir Glück für den Rest der Tour. 

Die letzten Kilometer durch den Birkenwald waren extrem steil und erneut musste ich mich hoch konzentrieren. Auch die Traktorspur bis zur DNT-Hütte Kljåen war nicht einfach, da sie sehr matschig war. Um 14 Uhr kam ich völlig erschöpft an und breitete mein Zeugs aus. Gerade kam wieder ein kräftiger Schauer vom Himmel. 

Etwa eine Stunde später erschienen zwei Norwegerinnen und die Hütte wurde angenehm eingeheizt. Ich genoss es sehr den Nachmittag auf dem Sofa zu sitzen und zu faulenzen, während es draußen regnete und stürmte.

Da mich das karge und steinige Fjell aktuell nur bedingt reizte und ich zudem wenig Spaß an vielen Höhenmetern mit schwerem Rucksack hatte, entschied ich mich für eine Variante durch die Täler, auch wenn diese 15 Kilometer länger ist.

01.10.2023 Alles ist leichter bei gutem Wetter 

Als ich um halb neun die Hütte verließ, schliefen die beiden Frauen noch und ich bemühte mich daher leise zu sein. Das Tal lag noch im Schatten, doch der klare blaue Himmel zeugte von richtig gutem Wetter. 

Nachdem ich den matschigen Kilometer bis zur Schotterstraße hinter mich gebracht hatte, konnte ich dieser zehn gemütliche Kilometer folgen und nebenbei das herbstliche Morekvamdalen mit seinen imposanten Wasserfällen bewundern. 

Danach erreichte ich eine Asphaltstraße, der ich bis zum Beginn des Golfplatzes folgte
Dort führte mich meine Route auf einen Waldweg auf die andere Seite vom Grøndola. 

Richtig bergauf ging es erst, als ich den Fagersetvatnet erreicht hatte. Komoot zeigt hier den Pfad ganz anders an als Hvor? und ich war neugierig, was stimmte. Es stellte sich heraus, dass Komoot diesmal die korrekte Wegführung kennt. Zunächst war es sehr steil, danach einfach nur richtig schön. Mir kamen ein paar Mountainbiker entgegen, denen ich Platz machte. 

Erneut im Tal angekommen, überquerte ich die Straße, um dann auf einen gepflegten Wanderweg mit blauen Punkten als Markierung in Richtung des Svarthamaren aufzusteigen. 

Der Herbst zeigte sich hier noch in toller Farbpracht, auch wenn die meisten Birken bereits ihr Laub verloren haben. 

Kurz vor dem Erreichen des riesigen Flævatn (der gleichzeitig auch Gyrinosvatnet heißt), hatte ich 30km hinter mich gebracht. Da es erst halb vier war, wollte ich noch ein paar Kilometer weitergehen. Am Flævatn wurde die Landschaft so richtig grandios, meiner Meinung nach der schönste Ausblick in den letzten Tagen. 

Hier konnte ich einem breiten Weg folgen, der in Komoot nicht zu finden ist. Hvor? kennt ihn aber. Es machte Spaß, dem Weg zu folgen, auch wenn es abschnittsweise sumpfig oder matschig war. Da der Untergrund sehr steinig war, konnte ich meist von Stein zu Stein balancieren. 

Der steinige Untergrund, die Sümpfe und der dichte Bewuchs erschwerten die Suche nach einem Zeltplatz sehr. Egal, wo ich schaute: keine Chance. Erst neben den Häusern von Flæe fand ich ein halbwegs ebenes Plätzchen. Die Häuser waren unbewohnt, daher konnte ich mein Zelt guten Gewissens nach 36km aufstellen. 


02.10.2023 Zur Iungdalshytta

Die Nacht war erholsam, auch wenn der Platz etwas uneben war. Wie vorhergesagt, hatte es in der Nacht etwas geregnet und am Morgen schien wieder die Sonne. So darf es gerne jeden Tag sein! 

Leider war der Wanderweg nach wenigen Metern nicht mehr wirklich vorhanden bzw. es gab eine Unterbrechung. So musste ich mich bis zur nächsten Privathütte durch Gestrüpp und Sümpfe kämpfen. Spaß machte das nicht. Dahinter wurde es zwischenzeitlich wieder besser, aber lange hielt die Freude nicht an. Ab Jønsstolen wurde es dann bis zur Straße besser und mancher Sumpf war sogar mit einfachen Holzbrettern ausgelegt. Zwar sanken diese ein, wenn ich drauf lief, aber besser als nichts. 

Nach einem kurzen Stück auf einer Straße verschwand der Weg wieder, wurde aber danach wirklich gut. Und die Aussicht entschädigte auf jeden Fall für die Strapazen. 

Nach einer Flussquerung tauchten dann auch bald die ersten DNT-Zeichen auf. Ab hier wurde der Weg erneut einfacher. 

Blick zurück:
Julsenvatnet:

Es ging hoch bis zum Julsenvatnet, hinter dem es dann wieder bergab bis Djup ging. Auch dieser Teil war ein richtiger Genuss und ich erfreute mich am Panorama. Die herbstliche Färbung kam in dieser Gegend so richtig zur Geltung. 

Ab hier waren es nur noch fünf Kilometer auf der Straße und auf dem breiten Wanderweg bis zur Iungdalshytta. Es gab sogar Planken! Das ist quasi ein Wunder in Norwegen. 

Diese Hütte wird im Sommer bewirtschaftet, aktuell ist nur noch der selbstbediente Teil offen. Als ich reinkam, war ich etwas enttäuscht, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Hütten gibt es keine gemütliche Sitzecke. Auch der Strom funktioniert nicht, sodass ich mein Smartphone erneut mit der Powerbank laden musste. Erst als der Ofen bollerte, wurde es gemütlicher. Da es keine Möglichkeit zum Hacken von Holz gibt, dauerte es etwas, bis das Feuer brannte. 

Später leistete mir der norwegische NPLer Petter Gesellschaft. Ihn hatte ich bereits in Sulitjelma getroffen und freute mich über den netten Gesprächspartner. Er berichtete mir, dass es im September in Mittel- und Südnorwegen überdurchschnittlich viel geregnet hat und die Flüsse mehr Wasser führen als üblich. 

03.10.2023 Zwischen anspruchsvollen Wegen und aussichtsreichen Schotterstraßen 


Etwa um kurz nach acht lief ich los, Petter war da schon seit einer Stunde weg, da er einen hohen Pass auf dem Weg nach Finse hinter sich bringen möchte. Denn in der nächsten Nacht könnte es dort schneien. Als ich mich umschaute, stellte ich allerdings fest, dass es bereits in dieser Nacht auf 1500m und höher geschneit hatte. 

Der Anfang machte Spaß, auch wenn einige Stellen ganz schön matschig waren. Die schlimmsten Bereiche waren immerhin entschärft worden. Das sind Kleinigkeiten, die einem das Wandererleben erleichtern. 

Als ich an der Abzweig zwischen der Möglichkeit am Ufer des Iungdalsvatnet entlang oder über den Pass am Grevskardsnuten zu gehen entscheiden musste, war ich zunächst unschlüssig. Über diese Entscheidung hatte ich schon den ganzen Abend gebrütet. Der Weg über den Pass versprach anstrengend und steil zu werden, der Weg am See könnte möglicherweise zugewachsen sein. Als ich an der Abzweigung stand, konnte ich den Beginn vom Pfad des Uferweges gar nicht erkennen, daher entschied ich mich für die alpine Variante. 


Der Aufstieg war abgesehen von kleineren Blockfeldern einfach. Die Sicht vom Pass aus auf den riesigen See war grandios. 

Blicke zurück:
Der Abstieg hingegen war extrem steil und nur sehr langsam und vorsichtig tastete ich mich nach unten. Die Markierungen waren genau in dem Bereich leider etwas nachlässig. Ich würde den Abstieg nur bei stabilem Wetter empfehlen. 

Als der Abstieg geschafft war, nahm ich den unmarkierten Pfad an der Stolsåne entlang, der mich zur Schotterstraße am See führte. Es machte mir viel Spaß dem Trail durch die bunte Herbstlandschaft zu folgen. 

Ab der Straße begann der langweile Teil der Wanderung, doch aufgrund der genialen Panoramen war es dann doch alles andere als langweilig. So konnte ich die Natur vollends genießen, da ich nicht auf jeden Schritt acht geben musste. 

Erst am frühen Nachmittag ging es zurück auf Wanderwege, die für mich am kleinen See Myretjørne begannen. Zunächst war der Pfad unscheinbar, aber angenehm zu gehen. Kurz darauf waren die Pfade über Rishovd bis ins Tal hervorragend markiert und eine Freude für Wanderer. 

Ich überquerte eine Straße:

Ursprünglich hatte ich geplant bereits heute noch ins Fjell aufzusteigen, aber da für die kommende Nacht starker Wind vorhersagt waren, wollte ich mir lieber einen Zeltplatz unterhalb der Baumgrenze suchen. Dazu hatte ich lange auf der Karte gesucht und mich für den Sudndalsfjorden entschieden. Auf der Karte waren am Ufer zwar Gebäude eingezeichnet, aber kein Weg dahin. Ein Zeichen, dass es dort ruhig sein würde. In der Realität fand ich einen schönen Waldweg und neben einer verschlossenen Hütte fand ich auch ein ebenes Plätzchen. 


04.10.2023 Mit Rückenwind zum letzten Resupply 

Der Plan ging auf, denn in der Nacht hörte ich den Wind zwar, aber er erreichte mich dort unten im Wald nicht. Ich spürte ihn erst, als ich am nächsten Morgen eine steile Skipiste hochlief, um den Weg ins Fjell zu finden. 

So richtig heftig wurde der stürmische Wind erst, als ich in die Nähe vom See Halletjørne gelangte. Eine richtige Brand war hier zu erkennen. Bei besserem Wetter könnte man dort toll zelten, es gibt sogar einen Sandstrand. Ich war froh, mich für eine Nacht im Tal entschieden zu haben. 

Ich näherte mich in Richtung des mächtigen Miljonuten, wo ich auf meine ursprünglichen Route stoßen würde. Dort kam ich erst um zehn Uhr an, nachdem ich einen Bach über eine etwas abenteuerliche Brücke überquert hatte. Ich freue mich über jede Brücke! 

Der Pfad war an sich gut zu erkennen, aber die Sonne blendete mich und ich musste sehr auf die Zeichen achten. Aber diese hatte ich ordentlich Rückenwind. Hinter einer kleinen verschlossenen Hütte, machte ich eine kurze Pause um etwas zu essen. 

Nach und nach wurde der Weg einfacher, trockener und auch etwas breiter. So kam ich richtig schnell vorwärts und erreichte bald Vestreim, wo ich ein paar Tageswanderer antraf. 

Kurz vor Geilo wurde es noch mal kurz richtig matschig. Bäh! 

Wenn ich mir die Gebäude und Liftanlagen so ansehe, muss hier im Winter richtig viel los sein. Überall befinden sich Hinweise auf Loipen, Lifte und Co. Über Schotterstraßen und Wege navigierte ich mich ins Zentrum. Dort hatte ich mehrere große Supermärkte zur Auswahl und konnte meinen letzten Resupply durchführen. 

Bis zum Campingplatz, wo ich für 700 Kronen eine Hütte gemietet hatte, waren es jedoch noch zwei Kilometer Fußmarsch. Mit den ganzen Einkäufen war das gewiss kein Vergnügen. 

GPX-Track: Vang bis Geilo


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