Sentiero Italia Etappe 6: Kampanien Teil 3
Senerchia - Fortino (123km & 6000 hm)
Nass, nasser, Kampanien
Ein Wandertag auf Asphaltstraßen
In der Nacht hatte ich ganz ok geschlafen. Mit guter Stimmung wachte ich gegen 6:20 Uhr auf, doch meine gute Stimmung wurde rasch getrübt. Denn ich entdeckt an einer anderen Stelle am Zelt einen erneuten winzigen Haarriss, etwa 2mm lang. Unsicher ob es ein echter Riss oder bloß ein optisches Phänomen ist, versuchte ich die Spitze eines Wundpflasters durchzuschieben. Dies ging. Ganz schlecht! Sofort klebte ich die Stelle mit einem DCF-Patch ab. Besorgt schaute ich nach, was mir im Ultraleicht-Forum geraten wurde. Am Abend vorher waren noch keine Antworten da gewesen.
Als ich gefrühstückt und alles zusammen gepackt hatte, lief ich los. Fast ausschließlich ging es auf relativ wenig befahrenen Asphaltstraßen bis Contursi Terme. Zwischendurch ging es auch kurz mal durch einen kleinen Park. Vor Contursi Terme lief ich an einer großen Bäckerei vorbei und gönnte mir zwei Stücke Pizza. Lecker!
In Contursi Terme kaufte ich im Supermarkt ein und lief nach einer kurzen Verschnaufpause weiter. Bald hinter dem Dorf führte der SI zur Abwechslung auch mal durch ein einsames Waldgebiete auf schönen Wanderwegen.
Die Mücken hätten für meinen Geschmack aber nicht da sein müssen. Ich musste sogar einen Bach furten, wo ich nicht trockenen Fußes rüber kam.
Das Wetter war angenehm von der Temperatur und sonnig. Leider war der schöne Abschnitt im Wald zu Ende und es ging weiter auf Asphaltstraßen. In der Nähe eines Brunnens machte ich eine ausgedehnte Mittagspause.
Danach musste ich ein Stück neben der Autobahn entlang laufen. Lustigerweise führte diese bis Reggio Calabria - mein Endziel auf dem italienischen Festland.
Auch diesmal wurde die Zeltplatzsuche dank der Zivilisationsnähe - Campingplätze gab es hier keine - mal wieder schwierig. An einem Fluss wäre es ganz schön gewesen, doch der Untergrund war zu locker. Also lief ich noch weiter, es war eh noch zu früh. Ich fand dann in einem kleinen privaten Eichenwald ohne Umzäunung ein Plätzchen. Die Mücken nervten mich und so musste ich zeitig mein Zelt aufbauen.
Müde
Der Platz war aber nicht so toll, denn der Boden war unebener als er aussah. Irgendwie hatte ich in der Nacht ständig das Gefühl wegzurutschen und schlief somit schlecht. Am nächsten Tag war ich von Beginn an müde.
Weiter ging es auf der Asphaltstraße, die mich bis unterhalb von Sicignano degli Alburni führte. Hoch ging es durch schmale Gassen und gepflasterten Wanderwegen.
In dem schnuckeligem kleinen Dorf am Hang schaute ich mich ein wenig um und machte eine kurze Pause in einer Kirche, wo ich eine Steckdose fand.
Der weitere Verlauf vom SI führte mit etwa 1100hm hoch bis auf den Monte Panormo mit 1742m Höhe. Der Weg bergauf war gut markiert und der Weg selbst war gut zu gehen. Doch ich fühlte mich schlapp und müde.
Als der Weg den dichten Buchenwald verließ, blies ein kalter Wind. Mit Regenhose und Jacke bekleidet ging es weiter. Trotzdem machte ich eine Mittagspause und hoffte auf Sonnenstrahlen. Es war bewölkt, daher kam die Sonne nur ein paar Mal durch. Es reichte aber aus um mein vom Kondenswasser nasses Zelt zu trocknen. Ein Risotto mit grünem Pesto sollte mich kräftigen. In Sicignano konnte ich noch getrocknete Knoblauchflocken erwerben, die dem ganzen noch mehr Pepp gaben. Es schmeckte echt lecker. Als ich danach weiterlief hatte ich leider Bauchschmerzen. Uff!
Es ging noch einige Höhenmeter sanft absteigend bis zum Gipfel hoch. Da Samstag war, waren sogar ein paar Leute unterwegs. Die Aussicht war richtig toll - der Buchenwald an der einen Seite war an den Kronen schon teils gelb verfärbt. Die bunten Herbstfarben liebe ich total.
Anschließend führte mich der SI über steiniges Gelände aussichtsreich bergab. Da ich an diesem Tag müde war, musste ich sehr aufpassen nicht zu stolpern. Schon bald ging es aber wieder hinab in den Wald und der Weg wurde wieder einfacher. Später führte er über freie Weideflächen, wo Kühe und Pferde grasten. Als ich am Klingelgeräusch eine Schafsherde hören konnte, suchte ich mir einen weiten Weg außen herum.
Schlussendlich lief ich an dem Tag bis zum Rifugio Corcomone. Dieses Haus war verschlossen und mit den Baugeräten drumherum wirkte es nicht, als würden dort zur Zeit noch häufig Leute übernachten. Auf der Wiese daneben schlug ich mein Zelt auf.
Die Ruhe vor dem Sturm
Diesmal war der Boden ganz eben und da ich diesmal von Anfang an meinen selbst genähten Schlafsack richtig verschloss, konnte ich super schlafen. Da ich nur einen kurzen Lauftag vor mir hatte, schlief ich länger als sonst und frühstückte ganz in Ruhe. Das tat richtig gut!
Der Wanderweg startete angenehm auf flachen Forststraßen und führte vorbei an Wäldern und Weideflächen. Die Ausblicke waren schön, aber nicht spektakulär. Besonders gefielen mir die Bäume, die schon rot oder gelb gefärbte Blätter hatten.
Nach etwa zwei Stunden Gehzeit machte ich eine Pause. Vom Wetter her war es sehr angenehm: Bewölkt, nicht zu kalt und nicht zu warm. Doch ich wusste, dass sich dieses spätestens in der Nacht ändern sollte. Laut Wettervorhersage sollte der Starkregen einen Tag früher beginnen.
Nach einem kurzen Stück auf der Asphaltstraße, musste ich ein Weidegatter öffnen und kam wieder auf einen normalen Wanderweg, der durch Buschlandschaft führte. Kurz bevor ein Anstieg beginnen sollte, traf ich einen Herdenschutzhund der daraufhin laut kläffend zu einer entfernt grasenden Schafsherde lief. Mehrere Hunde bellten und das Gebimmel wurde lauter. Ich machte mich bergauf aus dem Staub. Nach und nach entfernte sich das Gebimmel.
Da ich an diesem Tag nur 19km auf dem SI vor mir hatte, nahm ich einen Umweg zum Monte Puglia, der etwa 4km umfasste. Der Weg zu diesem Gipfel war schlecht markiert, doch ich fand den Weg und genoss die schöne Aussicht an diesem einsamen Berg.
Zurück ging es auf dem gleichen Weg wie hin. Ein gut ausgebauter Wanderweg führte in Kehren bergab und durchquerte Weidegebiete von Rindern. Irgendwann sah ich mitten auf dem Weg eine Schafsherde weiden. Mist!
Fluchend suchte ich mir einen Weg an der rechten Seite drum herum, der leider durch niedrige dornige Pflanzen führte. Irgendwie wächst in Italien generell viel zu viel Stachelgestrüpp. Zu allem Überfluss musste ich noch unter zwei Stacheldrahtzäunen durchkriechen.
Der restliche Weg bis zur Hütte war schnell geschafft. Natürlich war auch diese verschlossen, aber es gab ein großes Vordach aus Holz. Direkt darunter schaffte ich es aber nicht mein Zelt aufzubauen, denn der Boden war mega hart. Ein meiner geliebten Easton Nano Heringe zerbrach, genauso wie ein kleiner Swiss Piranha. Das fehlte mir gerade noch! Neben den vollen Mülltonnen fand ich eine lange rostige Schraube - ein guter Ersatz. Denn ein Sportgeschäft würde ich die nächsten Tage nicht finden.
Ich saß abends noch gemütlich draußen und kochte mir ein Risotto. Kurz bevor es dunkel wurde, kamen zwei Frauen und schauten in der Hütte nach dem Rechten. Ich dachte erst, sie wollten dort übernachten. Sie gaben an, es wäre ok, wenn ich im Zelt neben der Hütte schlafen würde. Es gab wohl ein Problem mit dem Strom - die Solaranlage hatte wohl die Batterie nicht genügend aufgeladen. In der Nacht zuvor hatten dort acht Leute genächtigt. Bevor sie gingen kam eine von ihnen auf mich zu und meinte, es wäre besser, wenn ich drinnen übernachte, da das Wetter in der Nacht grauenhaft werden soll. Kosten würde es mich nichts, ich sollte nur das Licht ausmachen, damit der Strom für die Wasserpumpe ausreicht. Dankend nahm ich das Angebot an. Sie hatten sogar den Ofen angemacht. Gegen 22 Uhr legte ich mich schlafen.
Unwetter
Ich war froh drinnen schlafen zu können. Etwa gegen drei Uhr nachts wurde ich durch zuckende Blitze und ohrenbetäubenden Donner geweckt. Es dauerte, bis ich wieder einschlafen konnte.
Um acht Uhr regnete es immer noch in Strömen. Unter dem Vordach hatten sich Pfützen gebildet. Gut, dass ich dort nicht im Zelt schlafen musste. Ich ließ mir Zeit und lief erst um neun Uhr los. Ab zwölf Uhr konnte ich im Hotel in Piaggine einchecken und da es bis dort nur neun Kilometer waren, hatte ich genügend Zeit.
Der 400hm-Anstieg durch den Buchenwald war ganz ok, da es über eine holprige Forststraße hoch ging. Bergab wurde es unangenehm.
Der Weg war nicht mehr markiert und teils war der Unterhalt extrem matschig.
Mehrmals wäre ich beinahe hingefallen. Bevor ich die Asphaltstraße erreichte besserte sich der Weg jedoch wieder.
Trotz Regenjacke und Regenhose war ich hoffnungslos durchnässt. Trotz der Bewegung wurde mir kalt. Schließlich trug ich auch nur kurze Kleidung unter der Regenkleidung.
Wie ein begossener Pudel erreichte ich das Dorf Piaggine. Auf dem Weg zum Hotel kam ich an einem Minimarkt und einer Bäckerei vorbei, wo ich einkaufte. Als ich im Hotel ankam, war ich sehr erleichtert, entledigte mich meiner triefnassen Kleidung und duschte heiß.
Mehr und mehr wurde mir bewusst, dass es nun einfach zu kalt wird für die kurze Laufhose. Eine lange Trekkinghose musste her! Doch unglücklicherweise befand ich mich weit entfernt von allen Decathlon-Filialen. Die nächste könnte ich erst nach 400km erreichen. Viel zu spät also. Also beschloss ich stattdessen eine Zip-Hose und ein dünnes Fleece zu bestellen. Dazu buchte ich eine Airbnb-Unterkunft. Um Mitternacht fiel mir ein, dass ich eventuell die falsche Größe bestellt haben könnte. Und tatsächlich: Meine Recherche ergab, dass die Größen zwischen Italien und Deutschland sich unterscheiden. Aaarrhh! Kurzerhand stornierte ich meine Bestellung und orderte erneut eine Größe größer.
Den Tag darauf genoss ich einen wohlverdienten Ruhetag. Im Baumarkt erstand ich als Ersatz für die kaputten Heringe drei lange Schrauben. Zwar bedeutend schwerer als richtige Heringe, aber was solls...
Nach dem Regen ist vor dem Regen
Den nächsten Wandertag startete ich erst um 10 Uhr, um das Hotel noch ein wenig genießen zu können. Der Weg heraus aus Piaggine war hervorragend markiert. Nach einem kurzen Abschnitt auf Asphalt, zeigte der Wegweiser vom SI nach rechts, auf dem GPX-Track würde es aber weiter auf der Straße gehen. Ich beschloss dem Wegweiser zu folgen, was sich als positiv erwiesen hat, denn der Weg war tatsächlich gut markiert und meist auch gut zu gehen. Blöd war nur ein Stacheldrahtzaun, unter dem ich durchkrabbeln musste.
1200hm sollte es rauf gehen bis ich den Gipfel vom Monte Cervati erreicht hatte. Dementsprechend anstrengend war es auch. Zumeist war aber der Weg gut markiert und unschwer zu gehen. Dies änderte sich kurz vorher, hinter einer kurz unterhalb des Gipfels befindlichen Kapelle.
Den ab hier hörten sowohl die Markierungen als auch der Weg auf. Zum Glück war es nur noch ein wenig mehr als ein Kilometer bis zum Gipfel. Immerhin regnete es nicht, es war aber windig und lud daher wenig zum verweilen ein.
Auch bergab gab es keine Markierungen, aber kurz nach etwa einem weiteren Kilometer immerhin einen Pfad. Auf dem Weg bergab fing es leicht zu regnen an. Das Rifugio Cervati, wo der Pfas mündete, war bereits verschlossen. Daneben fand ich aber das kleine und offene Bivacco Giuseppe Tardio. Da der Regen inzwischen stärker geworden war und es laut Wettervorhersage auch am nächsten Tag weiterregnen sollte, entschloss ich mich dazu dort zu übernachten, auch wenn ich bloß 19.5km gelaufen war.
Regenschauer und aggressive Hunde
Es regnete die ganze Nacht durch und teilweise wehten kräftige Böen. Im Bivacco, was zwar spartanisch eingerichtet, aber trocken war, ließ es sich sehr gut aushalten. Es gab neben einem Ofen auch einen Picknicktisch. Der zum Schlafen vorgesehene Teil war oberhalb auf einer Art Holzabdeckung, auf die man Mithilfe einer sn der Wand befestigten Leiter kam. Da ich dort alleine war, schlief ich stattdessen auf der Picknickbank. Die Nacht war erholsam.
Am nächsten Morgen hatte es aufgehört zu regnen, war aber noch bewölkt. Der Weg bergab bis Sanza war teils steil und vom Regen aufgeweicht, aber immerhin gut markiert. Nicht allzu weit von der Hütte entfernt, sah ich ein totes Wildschwein. Ein trauriger Anblick.
Nachdem ich den Buchenwald verlassen hatte, führte mich der SI an Olivenhainen und anderen landwirtschaftlich genutzten Gebieten vorbei. Eine Schafsherde oberhalb wurde zum Glück durch den Schäfer begleitet.
In Sanza angekommen, fand ich direkt einen kleinen Laden und kaufte Pilz-Risotto, etwas Obst und Pesto ein. Anschließend verließ ich den kleinen Ort auch schon wieder und musste ein paar Kilometer auf Asphalt zurücklegen. Doch relativ bald ging der SI in einen Schotterweg über, der sich schon bald durch einen dichten Wald hoch schlängelte. Doch der Weg war nur mit Abstand markiert und schlecht zu erkennen.
An einem Picknick-Tisch machte ich eine längere Pause. Anschließend fing es auch schon an zu regnen. Es kamen mehrere kräftige Schauer vom Himmel und da es auch recht kühl war, lief ich mit Regenkleidung weiter. Der Weg verlief hier auf schmalen Forstwegen und wenig befahrenen Straßen. Einmal bog ich um die Ecke und hatte plötzlich eine Schafsherde inkl. Herdenschutzhunde vor mir. Aber dahinter sah ich den Schäfer dem ich laut zurief. Sofort eilten die Hunde kläffend zu mir her, doch der Schäfer jagte sie davon und half mir die Straße zu überqueren. Ich bedankte mich und setze meinen Weg fort, der mich kurz darauf ein Stück über einen schmalen Pfad führte. Dieser war ganz schön und sogar gut markiert, währte aber nicht lange.
Kurz darauf ging es nämlich auf einer Schotterpiste weiter, die durch den vielen Regen der letzten Tage total zerstört wurde. Sie war nämlich am vielen Stellen extrem matschig und aufgrund von dichtem Brombeergestrüpp drumherum gab es auch keine Möglichkeit außenrum zu gehen. So wurden Schuhe und die untere Hälfte der Regenhose in einem schönen Braunton gefärbt. Lecker...
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matschige Wege |
Hinter diesem Abschnitt sah ich rechts hinter einem Zaun eine Badewanne. Solche werden hier manchmal als Viehtränken genutzt. Da es ein Tor gab, was sich auch öffnen ließ, ging ich kurzerhand hin und wusch den Dreck ab.
Direkt dahinter machte die Schotterpiste eine Kurve. Das Gebimmel verhieß nichts gutes, eine Schafsherde befand sich mitten auf dem Weg. Diesmal ohne Schäfer. Sofort kamen drei Hunde laut bellend angerannt und ich zog mich zurück. Zuerst versuchte ich die Herde bergab zu umgehen, doch das Gebimmel ging ebenfalls nach unten. War also doch keine so gute Idee, also wieder rauf. Dort lagen tatsächlich zwei der Hunde und hielten Wache. Kam ich in ihre Richtung, standen sie sofort auf und bellten aggressiv. Was nun? Ich entschied mich die Herde obenrum zu umrunden. Vorher ging ich noch ein Stück zurück, um aus dem Sichtfeld der Hunde raus zu sein. Dieses Vorhaben klappte dann auch.
Die Schotterpiste führte steil bergab und war inzwischen auch wieder in einem besseren Zustand. Einige Höhenmeter bergab führte mich eine Asphaltstraße durch einen winzigen Weiler. Dort reagierte ein großer Hund sehr aggressiv auf mich. Er rannte mir hinterher, knurrte und fletschte die Zähne. Mehrfach schlug ich mit meinen Trekking-Stöcken auf dem Boden und fuchtelte damit in der Luft herum um den Hund zu vertreiben. Irgendwann ließ er von mir ab. Mit rasendem Herz lief ich weiter und suchte nach einer versteckten Zeltstelle, denn in Fortino gibt es keine Unterkunftsmöglichkeit. Etwas abseits vom Weg fand ich in einem Eichenwald ein kleines Plätzchen. Da es regnete schlug ich mein Zelt sofort auf und verkroch mich darin.
Am nächsten Tag waren es nur noch wenige unspektakuläre Wanderminuten bis nach Fortino, dem Ende von meiner Wanderung durch Kampanien.