Mittwoch, 1. Mai 2024

Sardinien Teil 2 Ullasai - Oliena

Sentiero Italia Sardinien Teil 2


Ullasei bis Oliena


26.04.2024 Nearo mit Hindernissen in Lanusei


Der Campingplatz war sehr gut besucht und die Gäste waren auch spät am Abend noch munter. So schlief ich mit Ohrstöpseln ein. Wie üblich stand ich auch diesmal um sieben Uhr auf und lief um acht Uhr nach einem kargen Frühstück los. Den Abschnitt auf einer Asphaltstraße im Wald kürzte ich auf Pfaden und Schotterwegen ab. Das Hotel Osini bietet auch einen Campingplatz, leider war die komplette Anlage zum Zeitpunkt meiner Wanderung geschlossen. 

Weiter ging es auf einem breiten Weg durch dichten Wald. Ich hatte zwischendurch Aussicht auf noch mehr Wald, was mir ganz gut gefiel. Nicht gefiel mir die sehr schlechte Versorgung mit mobilem Internet, denn ich wusste gar nicht so genau, wo exakt ich mein B&B gebucht hatte. Aus dem Grund versuchte ich immer wieder eine Verbindung zu bekommen, was bis einschließlich Taquisara scheiterte. 

Ich erblickte eine Schafsherde, die von drei großen blonden Hunden gehütet wurde. Die Hunde fingen laut an zu bellen, blieben aber bei den Schafen. Diese entfernten sich vom Weg und die Hunde ließen mich freundlicherweise passieren. Auf dem italienischen Festland habe ich das ganz anders erlebt. 

Ich erreichte eine Grotte und die Nuraghe Serbissi. Eine Nuraghe ist eine sehr alte Ruine, von denen es mehrere auf Sardinien gibt. Diese schien besonders gut erhalten. 

Der Pfad bergab bis Taquisara war unspektakulär. Im Dorf selbst war nicht viel los. Ich konnte immerhin ein freies, wenn auch wackliges, WLAN finden, um die Adresse meiner Unterkunft zu checken. Die einzige Bar wurde rege von Motorradfahrern besucht. Dort gönnte ich mir ein Eis und einen Latte Macchiatto. Die restliche Wartezeit bis zum Bus verbrachte ich draußen. Ein Busfahrer in entgegengesetzter Richtung sah mich und wollte für mich anhalten. Ich zeigte ihm per Handzeichen, dass ich in die andere Richtung muss und er verstand. Diese nette Geste erhöhte meine Zuversicht. Ich musste nämlich nach Lanusei, da ich keine Lebensmittel mehr hatte und dort ein B&B gebucht hatte.

Dieses Haus hat mir besonders gefallen:

Leider fälschlicherweise, wie sich später herausstellte. Es kamen zwar insgesamt drei Busse, aber keiner fuhr weiter. Ich sprach alle drei Busfahrer an, jeder schüttelte den Kopf. Den Rest verstand ich nicht wirklich, ihr Kopfschütteln machte mir allerdings gehörige Sorgen. So versuchte ich einen Hitch zu finden, was nicht einfach war, da kaum Autos kamen. Und keines hielt an. Erst als der Busfahrer Romino Feierabend machte, bekam ich eine Chance. Es stellte sich heraus, dass er in der Nähe von Lanusei wohnt und mich an einer Straßenkreuzung absetzen kann. Dankbar setzte ich mich auf den Beifahrersitz und los ging es. Romino fuhr mit einem Affenzahn über einsame Landstraßen und fragte immer mal wieder etwas auf italienisch. Er war sehr nett, die Verständigung aufgrund der Sprachbarriere etwas holprig. Ich bedankte mich und lief den Rest zu Fuß.

Im B&B fragte ich die Besitzerin um Rat bezüglich der Rückfahrt. Auch sie tat sich schwer den Busfahrplan zu verstehen. Es stellte sich heraus, dass der Bus am Samstag nur bis Gairo Sant'Elena fährt. Bis Gairo Taquisara sind es von dort noch neun Kilometer auf der Passstraße. Daher entschied ich schweren Herzens woanders in den Trail wiedereinzusteigen. 

27.04.2024 Vom Pech verfolgt?


Der Tag begann zwar ganz entspannt, die Ruhe endete bei der Bushaltestelle, da der Bus 9112 nach Gairo Sant'Elena nicht kam. Zumindest schüttelten alle Busfahrer den Kopf, wenn ich mein Ziel nannte. Ein Mitarbeiter von ARST erklärte mir ich müsste zuerst das Ticket im Baumarkt gegenüber kaufen. Natürlich war das nirgendwo ausgezeichnet. Der nächste Bus käme um 12:28 Uhr. Enttäuscht lief ich zurück zum B&B und wartete dort eine Stunde. Die Besitzerin rief für mich bei der Busgesellschaft an und erkundigte sich. Man sagte ihr, der nächste Bus käme ganz bestimmt und ich solle als Ziel nur "Gairo" nennen. Ich bedankte mich und lief erneut zu der Bushaltestelle.

Tatsächlich kam diesmal ein Bus, jedoch mit einer anderen Beschriftung als laut Plan. Auch der Mitarbeiter von ARST war wieder da und entwertete mein Ticket. Endlich ging es weiter... Leider wollte der Busfahrer mich nicht drei Kilometer früher rauslassen, da es dort keine offizielle Bushaltestelle gibt. So musste ich die drei Kilometer auf der Straße ohne Seitenstreifen zurücklaufen, bevor ich um etwa 14 Uhr wieder auf dem Trail war. Ich war von der Stimmung her am Tiefpunkt angekommen und zu allem Überfluss spinnte auch noch Komoot. Die Karte wurde mir zwar angezeigt, aber der Track verschwand immer wieder. Erst im Navigations-Modus klappte es besser. 

Frustriert lief ich bergauf, irgendwann schaltete ich einen Podcast ein, der mich ablenkte. Als es dann teils ohne erkennbaren Weg vom Punta Errodu bis zum Cuccuru 'e Mufloni besserte sich meine Laune so langsam. Auch weil es nicht mehr nur bergauf ging.

Auf einem breiten Weg ging es bergab in Richtung Lago Alto del Flumendosa. Beim Riu Saraginu füllte ich mein Wasser und lief bergauf bis zum Erdorru. Die dortige Biwackhütte war verschlossen und so lief ich noch ein paar Kilometer weiter. Erst um 19 Uhr fand ich eine flache, wenn auch exponierte Stelle zum zelten. Die Aussicht war grandios, aber der Wind kalt. Seit der Bushaltestelle hatte ich immerhin 19 Kilometer geschafft. 


28.04.2024 Die Piricanas Schlucht und der Monte Terrarba

Der Abend wurde von einem grandiosen Sonnenuntergang gekrönt. Ein paar Wolken zogen vorbei, dann war der Himmel wieder klar.

In der Nacht frischte der Wind deutlich auf, trotz Ohrstöpsel fiel es mir bei dem Geheule schwer zu schlafen. Um vier Uhr löste sich der hintere Hering. Ich ging raus in den tosenden Wind, befestigte ihn wieder und legte einen großen Stein drauf. Den Rest der Nacht war das Zelt stabil, abgesehen von der Vibration der Flächen, könnte ich mich nicht beklagen. Aber dieser Lärm vom Wind selbst! Wie schlafen andere dabei nur?

Um sieben wurde ich von der Sonne geweckt, trotzdem war ich müde. Ich lief los und entdeckte nach etwa 30 Minuten auf dem Cuccuru e' Mufloni eine winzige offene Schutzhütte. Naja, zu spät. 

Blick zu Perda 'e Liana:
Der Abstieg zur Straße war einfach und bis zur Piricanis Schlucht musste ich bloß einem breiten Fahrweg folgen. An dessen Ende musste ich sogar einen richtigen Fluss queren. Da kamen Erinnerungen an Norwegen hoch.


Hier machte ich einen Abstecher in die Schlucht, in der es Badegumpen geben soll. Es ging mehr raus- und runter als gedacht, schön war es trotzdem. Ich badete allerdings nur ganz kurz in einer der Gumpen, denn das Wasser war sehr frisch. 


Zurück beim Fluss Flumendosa füllte ich mir 2.5 Liter Wasser ab. Unnötig viel, wie sich später herausstellen sollte. Ich kam nämlich noch an vier (!) weiteren Quellen vorbei. Den Rest des Tages ging es beständig bergauf. Erst auf einer Schotterstraße bis zu einer Alm und dann überwiegend weglos bis zum 1550m hohen Monte Terrarba. Hin- und wieder war der Ansatz eines Weges zu erkennen, doch dieser verschwand genauso schnell wieder. 

Unterhalb vom Monte Terrarba wollte ich mir nach 23km einen möglichst geschützten Zeltplatz suchen. Zumindest fand ich eine Stelle im Lee des heutigen Ostwindes, aber immer noch relativ exportiert. Weiter unten schaute ich zwar auch, aber die vielen Weidetiere (Rinder und Schweine) machen mich skeptisch. 

Als ich mir gerade mein Abendessen kochte, erblickte ich überraschend eine Herde wilder Mufflons in Nähe, an dem ich mich erfreute. 


29.04.2024 Stürmische Gennargentu-Berge

Diesmal konnte ich beruhigt schlafen, auch wenn es wieder etwas windig war. Diesmal war ich geschützter und es war dadurch nicht so laut. Als ich um sieben vom klingeln des Weckers geweckt wurde, war es schon ganz hell. 

Den Anfang machte der Anstieg zum 1833m hohen Punta la Marmora. Einen Weg gab es nicht wirklich, aber dies Orientierung fiel leicht, da ich bloß dem breiten Grat folgen musste. Auf der Ostseite wehte ein steifer Wind, die Westseite dagegen war teilweise sogar fast windstill. Krass, wie stark sich dies auf ein paar Metern unterscheiden kann!

Ab dem Gipfel gab es wieder einen eindeutigen Pfad mit Markierungen. Die Landschaft in dieser Region erinnerte mich mehr an die sommerlichen Alpen, denn an eine Insel im Mittelmeer. 

Den Wanderweg unterhalb vom Punta Paulina fand ich erst nicht und wunderte mich. Es stellte sich heraus, dass ich ein kleines bisschen zu weit unten gelaufen war. Ich genoss es sehr diesem Höhenweg zu folgen, an dem es ein paar Quellen gab.
Er endete an einer Straße, wo ich stattdessen einem nicht vorhandenen Weg folgte. Zum war diesmal wirklich keine Wegspur da. Erst weiter unten zwischen mächtigen Eichen tauchte wieder einer auf. Auch hier kam ich an zahlreichen Quellen vorbei.

Da es je nach Hanglage immer noch sehr windig war, suchte ich mir für die Mittagspause eine geschützte Stelle hinter einem Felsen. Danach folgte ich zunächst einem Fahrweg, wo der Wind noch stärker war. Als ich einem Stacheldrahtzaun hoch zum Monte Arbu auf 1567m folgte, wurde der Wind immer extremer. 

Immer wieder wurde ich zur Seite gedrückt, ich konnte mich gegen den Wind lehnen ohne umzufallen. So einen krassen Wind wie hier habe ich bisher nur selten erlebt. Es wurde nicht besser, im Gegenteil. Ich vertrat mich immer mal wieder und setzte meinen Fuß ungewollt ins Stachelgestrüpp. Es endete damit, dass ich einen Stachel, der sich durch die Schuhe bis ins Fleisch gedrückt hatte, rausziehen musste. Aufgrund des stürmischen Windes, folgte ich nicht mehr dem Zaun, sondern stieg zu dem darunter liegenden Pfad ab. Hier wurde es erträglicher. 

Ich lief unterhalb vom Monte Bruttu bis zur Straße, die ich überquerte. Auf der anderen Seite konnte ich einem breiten Fahrweg ins Tal folgen. Eigentlich hätte mich der Trail zum Pedra Sa Luva führen sollen, aber der Weg dahin war überwuchert, darunter führte ein markierter Pfad durchs Tal. Warum also nicht den besseren Weg nehmen? Am Riu Flumeniddu füllte ich mein Wasser auf, es hätte auch tolle Zeltstellen gegeben, es war mir aber noch etwas zu früh. 

Dann ging es bergauf und wieder bergab in ein Tal. Flache Stellen fürs Zelt gab es hier keine, ebenso am Hang unterhalb vom formschönen Monte Macheddu. 

Ich musste etwas suchen, dann fand ich um etwa 19:30 Uhr unerwartet eine offene Steinhütte zwischen Übergang vom Pfad zur Forststraße. Diese war sauber, aber der Tisch und die Bänke zu klein zum drauf liegen. Draußen fand ich eine Ebene, die mit einer Steinmauer umgeben war. Dort baute ich nach immerhin 27.5km mein Zelt geschützt auf. Oberhalb tobte immer noch der Sturm. Da ich Schweine gesehen hatte, lehnte ich ein großes Holztor vor den Eingang, um diese auf Abstand zu halten. Plötzlich wehte eine Windböe das Holztor direkt auf die Außenkante meines Zeltes. Ich konnte schnell reagieren und das Holzbrett entfernen. Zumindest konnte ich keine Beschädigung ausmachen. 


30.04.2024 Der Wind zwingt zur Umplanung

Zum Glück konnte ich auch diesmal wieder gut schlafen. Am nächsten Tag hatte ich in der Früh kurz Empfang und schaute, ob meine Unterkunft in Oliena bereits einen Tag früher verfügbar ist, denn mit einem Gewaltmarsch hätte ich es früher in die Stadt schaffenkönnen. Sie war bereits ausgebucht und alle anderen Unterkünfte hätten das doppelte gekostet. 

Der erste Teil war unspektakulär, die Wege waren gut markiert und ich war meistens gut vom immer noch recht starken Wind geschützt. Ein felsiger Pfad mit mediterranem Bewuchs führte rüber zu einer Alm, auf der Rinder weideten. Nach einem kurzen Stück auf einer Forststraße, stieg ich auf einem sehr gerölllastigen Wanderweg hoch in Richtung "Fruncu sos Cuzzus". Weiter oben wurde der stürmische Wind mit jedem Schritt bergauf immer brutaler. Noch unterhalb vom Gipfel wurde er so stark, dass ich immer wieder vom Weg gedrückt wurde und mich selbst kaum noch halten konnte. Ich setzte mich hin und warf einen Blick aufs Smartphone, wobei ich es sehr gut festhalten musste, da der Wind drohte, es mir aus der Hand zu reißen. Dabei stellte ich fest, dass der SI mich noch stundenlang über einen felsigen Grat führen sollte. Ich dachte nach und entschied, dies sei zu gefährlich unter diesen Bedingungen. Das bedeutete leider auch, dass ich ein Stück zurück gehen musste, daher war ich froh, doch kein Zimmer in Oliena bekommen zu haben.

Stattdessen lief ich etwa drei Stunden über holprige Karrenwege mit sehr viel losem Geröll. Dies war anstrengend für meine Füße und langweilig fürs Auge. Frustriert lehnte ich mich für eine Pause an einen Baum und nahm ein Schmerzmittel für meine Füße. Eine Blase an der rechten Ferse tat nämlich ordentlich weh. Zu allem Überfluss war ein Teil des alternativen Weges derart zugewachsen, dass ich mit dem Po fast senkrecht zum nächsten Karrenweg runterrutschen musste. Spaß machte das so gar nicht!

Als ich an einen Abzweig kam, der mich auf den SI zurückbringen würde. Ich entschied es zu riskieren und tatsächlich: der Wind war hier weniger stark oder hatte bereits nachgelassen. Dafür ging es stetig bergauf. Oben hörte ich in der Ferne immer wieder Donnergrollen. Daher versuchte ich mich zu beeilen, war aber trotzdem nicht schnell. Der SI bescherte mir ein paar umgestürtze Bäume, die mitten auf dem Weg lagen. Sobald ich die Kammhöhe erreicht hatte, besserte sich der Zustand. 

Aufgrund der knappen Zeit und dem drohenden Unwetter, entschied ich mich dazu, nicht den Monte Corrasi zu besteigen. Stattdessen wählte ich einen markierten Wanderweg bergab, der zurück in den Wald führte. Es war bereits 18 Uhr als ich dort entlang wanderte.

Der Weg mündete in einem Karrenweg, an dessen Rand ich unter großen Eichen eine Stelle fürs Zelt fand. Der Platz war schief, ich hoffte es mit aufgeschichtetem Laub auszugleichen, was nur mäßig gelang. Immerhin schaffte ich es, vor dem Regen im Zelt zu sein. In der Nacht schüttete es wie aus Eimern, genauso wie es vorhergesagt war. Aufgrund der Schräge schlief ich nur mäßig. 

01.05.2021 Abstieg nach Oliena

In der Früh hatte der Regen gestoppt und ich konnte, ohne nass zu werden, wandern. Sehr bald mündete der Karrenweg auf einer Forststraße, wo ich ein paar PKWs sah. Heute war Feiertag, daher wollte ich es noch am Vormittag bis runter nach Oliena schaffen. Denn der Conad sollte als einziger Supermarkt bis 13 Uhr geöffnet haben. 

Der Wanderweg, den ich nahm, führte wahrscheinlich spektakulär in vielen Serpentinen durch den Eichenwald bergab. Immer wieder hatte ich Ausblicke auf die hohen Felswände des Berges und auf die Stadt unten im Tal. 

Schneller als erwartet kam ich in der Stadt an und machte mich auf den Weg zum Conad. Blöderweise musste ich dazu bis zum anderen Ende der Stadt laufen, auch wenn mein B&B sich nicht in der Nähe befand. Die Zeit bis zum Check-In vertrieb ich mir in einer Bar. Dort kam ich mit ein paar sehr freundlichen Einheimischen ins Gespräch, die mich auf ein Getränk einluden. Einer der jüngeren konnte gut englisch und übersetzte. Es war eine sehr nette Begegnung, auch wenn ich sehr müde war.

GPX-Track: folgt bald



Donnerstag, 25. April 2024

Sardinien Villasimius bis Ullasai

Sardinien


Villasimius bis Ullasei

19.04.2024 Capo Cabonara

Schon 2022 auf dem SI, nahm ich mir vor irgendwann weitere Teile dieses ewig langen Fernwanderwegs zu trekken. Wann und wo genau, wusste ich damals noch nicht. Nun ergab sich dieses Jahr die Chance Sardinien zu erkunden, die Jahreszeit Frühling sollte ideal dazu sein. 

Die Anreise mit der Fähre von Civitacecchia gestaltete sich entspannt und ich kam pünktlich in Cagliari an. Trotzdem war ich aufgeregt, da ich mich auf die bevorstehende Trekkingtour freute. Ich kaufte ein Busticket und kam um kurz vor eins im kleinen und hübschen Städtchen Villasimius an. Glücklicherweise konnte ich bereits in meine Unterkunft einchecken und mich mit leichtem Gepäck auf dem Weg zum Meer machen. 

Zunächst lief ich entlang von Straßen, die nur mäßig befahren waren, bis ich auf einer trockenen Staubpiste am Stagno di Notteri entlang lief. Diese helltürkise Meerwasserbecken überraschte mich mit seiner Schönheit. 


Den eigentlich geplanten Weg bis zum Ende der Landzunge am Capo Cabonara fand ich nicht. Alle Pfade, die ich einschlug waren völlig verbuscht. So entschied ich mich für einen Weg näher an der Küste, der bedeutend besser war. 

Kurz vor dem Capo Cabonara sprach mich eine blonde Frau auf deutsch an, ob ich wüsste wo der Weg sei. Komoot verriet es mir und diesmal war der Weg auch tatsächlich vorhanden. Gemeinsam liefen wie das letzte Stück bis zum Ende der Landzunge, wo wir die Aussicht genossen. Ab hier geht es nur noch mit dem Boot weiter. 

Der Rückweg ähnelte dem Hinweg, diesmal lief ich aber am Strand neben dem Naturschutzgebiet Stagno di Notteri entlang, wo ich in der Ferne Flamingos erspähte. Geil! 

Es ging noch etwas weiter am Strand entlang, bis ich die "Via Giacomo Matteoti" erreichte. Flotten Schrittes lief ich diese hoch bis ich Villasimius erreichte, wo ich den örtlichen Conad aufsuchte, ehe ich in meinem Apartment verschwand. Denn leider werde ich den nächsten Ort mit einem Super an einem Sonntag passieren und brauche somit Proviant für 3.5 statt 2 Tage. 

20.04.2024 Wandern auf Privatgrund

Den ersten "richtigen" Wandertag ließ ich entspannt angehen und stand erst um acht Uhr auf. Zum Frühstück gab es die Reste vom Abendessen und um neun Uhr ging es dann auch schon los. Der Beginn über staubige Straßen war einfach und außer ein paar Hirten mit ihren Schafen sah ich niemanden. 

Als es dann bergauf ging, passierte ich eine Schranke, die zwar offen war, aber auf Privatgrund hinwieß. Laut der Beschreibung dieser Etappe soll man eine Nummer anrufen müssen, bei der man um Erlaubnis bitten soll, dort durchlaufen zu dürfen. Da dort keine Nummer stand, ging ich weiter. Kurz darauf folgte die nächste Schranke, ebenfalls geöffnet. Hier fand ich tatsächlich ein verblichenes Schild mit einer Telefonnummer. Etwas aufgeregt rief ich diese Nummer an, doch blöderweise ging keiner ran. Eine Weile stand ich unschlüssig herum, dann ging ich weiter. Schließlich war die Schranke offen und wer weiß, wann ich bei der Nummer jemanden erreicht hätte. 

Der ruppgige Karrenweg hoch zum Monte Minimini war steil und in Serpentinen ging es bergauf. Der relativ starke Wind sorgte für etwas Erfrischung. Weiter oben war der Wind zu stark, um ungeschützt Pause machen zu können. Unter einer Eiche fand ich Schutz und ruhte mich kurz aus. 

Die Aussicht bis runter zum Capo Cabonara war toll. Der Weg nach unten hingegen war anstrengend, da auch er ruppig und teilweise steil war. Die Vegetation ging in Eichenwald über, nachdem ich den nächsten Anstieg gemeistert hatte. Zum Schluss hatte ich das Gefühl, die Temperatur wäre schlagartig angestiegen. Zeit für eine Mittagspause im Schatten! 

Der Teil nach der Mittagspause wurde angenehmer, da es weniger bergauf ging als zuvor. Steile Wege bringe ich gerne hinter mich, ein Genuss ist sowas für mich nicht. Es ging oft im Schatten auf und ab, Ausblicke gab es wenige. Dafür war der Pfad mal schmaler, mal breiter, aber inzwischen auch sehr gut markiert. Die erste Markierung, die ich beim Bruncu su Adulu fand, hob meine Laune an. 

Nach 26km fand ich einen vermeintlich tollen Zeltplatz, doch da der Platz sehr knapp war und Felsen direkt am Rand, die Nutzung von Heringen erschwerten, suchte ich weiter. Zwar hätte ich Gelegenheit gehabt, die "Big Rock Little Rock-Methode" zu üben, ich sah aber von dieser Option ab, da ich das Zelt zuletzt 2022 aufgestellt hatte und es immer noch windig war. Es dauerte etwas länger, bis ich einen zufriedenstellenden Platz fand, denn in der nördlichen Richtung wurde es sehr steinig und somit auch uneben. Etwas genervt drehte ich um und schlug nach 26km mein Zelt zwischen ein paar Eichen auf. 

21.04.2024 Mediterrane Berglandschaften

Die Nacht war ruhig und zum Glück ereignislos. Müde stand ich um sieben Uhr auf und machte mich fertig. Um kurz vor acht startete ich in die Etappe. Zunächst ging es durch die Schönheit der "Sette Fratelli" (zu deutsch: "sieben Brüder"), eine Landschaft mit unzähligen Felsformationen. Mal war es hell und voller Frühlingsblumen, dann ging es durch dunklen und moosbewachsenen Eichenwald. Auch dort sah es aus, als hätten Trolle hier ihr Unwesen getrieben. Der Weg war entsprechend anspruchsvoll, es ging sprichwörtlich über Stock und Stein.


An einem Bächlein konnte ich mich ein wenig erfrischen, ehe ich weiter in Richtung der Ortschaft "Burcei" lief. Der Weg dahin zog sich in die Länge, es ging nämlich immer bergauf oder bergab. Besonders gefallen hat mir der Pfad am Kamm oberhalb einer Straße. 

Kurz vor dem Dorf wanderte mir eine Schildkröte entgegen. Eine Schildkröte am Rand eines trockenen Fahrweges! Natürlich blieb ich stehen um ein Foto zu schießen, die Schildkröte blieb stehen. Wahrscheinlich war sie verängstigt. 

In Burcei fand ich schnell Bänke und einen Wasserhahn. Ich füllte mein Wasser auf und verbrachte etwa eine Stunde dort. Diesmal habe ich ein ganz neuen Ausrüstungsgegenstand dabei: ein ultraleichtes Solarpanel. Mal sehen, wie gut das funktioniert. 

Der weitere Verlauf war aussichtsreich, aber von der Wegführung (einer Art Forststraße) her langweilig. So kam ich immerhin schneller vorwärts als in der Früh, wo ich bloß 2.5km pro Stunde geschafft hatte. 

Oben erblickte ich ein großes Weidegebiet für Rinder, in dem es nun galt irgendwo einen Zeltplatz zu finden. Dummerweise sind die meisten Wege auf per (Allrad-) PKW befahrbar, wie mir eine Kolonne von 4 Jeeps bewies. Irgendwann fand ich dann nach etwas Suchen eine versteckte Ebene, bei einem alten Pferch. Die Rinder waren zum Glück alle ein Stück entfernt. 26.5km hatte ich geschafft. 


22.04.2024 Kalter Wind und Goldfische 

Der Abend war zwar gemütlich, aber der Morgen dafür gar nicht mehr. In der Nacht hatte der Wind aufgefrischt und ich versuchte mit Hilfe von Ohropax das Pfeifen auszublenden. Es gelang mir nicht wirklich. Als ich um sieben aufstand, wunderte ich mich, warum das Zelt so wackelte. Ich schaute draußen nach und stellte fest, dass sich eine Leine gelockert hatte, obwohl der Hering fest im Boden steckte. Nachdem ich die Leine gestrafft hatte, stand das Zelt um Welten besser. Ich hoffte, der Wind sei gar nicht so schlimm, es käme mir im Zelt nur so vor. Als ich rausging, um das Zelt abzubauen, wurde ich eines besseren belehrt: ich bekam Tränen in den Augen vom kalten Wind und musste das Zelt zusammenrollen, bevor ich alle Heringe lösen konnte. Zurück auf dem Wanderweg war es auch nicht besser, dafür sah die Landschaft mit den sich schnell bewegenden Nebelwolken toll aus. 

Das Solarpanel benutze ich zum ersten Mal während des Wanderns oben auf dem Rucksack. 

Am Vormittag traf ich einen Wanderer aus Österreich mit seinem Hund, der auch ein paar Tage auf dem SI unterwegs war, dies sei sein letzter Tag gewesen.

Inzwischen war der Wind auch erträglicher geworden, auch wenn es immer noch frisch war. 

Ich hielt nach einer Wasserquelle aus, als ich links unterhalb der "Strada Monte Genis" einen Picknickplatz und ein steinernes Haus sah. Da ich dort eine Wasserquelle vermutete, stieg ich hinab und Bingo: eine gefasste Quelle mit kristallklarem Wasser! Interesse habe ich ein Gespür dafür, wie italienische Quellen aussehen. 😉
Auf der Straße sah ich den Österreicher und rief ihm zu. Ich berichtete ihm von der Quelle, da er mir erzählt hatte, er habe kaum noch Wasser. 

Der weitere Verlauf des SI war idyllisch und einsam und manchmal sehr steil. Ich traf auf eine weitere Wasserquelle, die nicht in der Beschreibung zu finden war. Und in dieser schwammen tatsächlich Goldfische! Tja... sowas gibt's nicht nur in Arizona!

Unterwegs traf ich viele Weidetiere, aber kaum Menschen. 

Immer wieder kam ich, trotz steiler Passagen, an tollen Zeltmöglichkeiten vorbei. Ich hoffte auch, 6km vor Villasalto noch eine zu finden, denn in dem Dorf gibt es keine Unterkünfte. Daher wollte ich an diesem Tag nicht bis dahin gehen, sondern vorher zelten. Zum Glück wirkte der Weg, als würde er selten genutzt. Da ich nicht mit Besuchern rechnete (und es ohnehin keine andere Möglichkeit gab), räumte ich ein paar Steine beiseite und stellte mein Zelt nach 24km direkt auf den Weg. Diesmal konnte ich einen sonnigen Abend genießen und hatte Dank der dichten Vegetation sogar guten Windschutz. 

23.04.2024 Im Wanderflow

Diesmal konnte ich endlich wieder richtig gut schlafen und startete erholt in den Wandertag. Nur meine Pollenallergie merkte ich leider die letzten Tage immer mehr. 

Der Tag startete sehr schön:

Kurz bevor ich Villasalto erreichte, sah ich dunkle Regenwolken ankommen. Schnell packte ich meine Ausrüstung in den Liner, der bislang nur ungenutzt in der Ecke lag. Als ich den kleinen Dorfsupermarkt erreicht hatte, fing es an zu tröpfeln. Die Auswahl war begrenzt und vieles gab es nur in XXL-Portionen. So kaufte ich nur drei Dinge: Kekse, Pesto und Tortellini. Als ich fertig war, waren auch die Regenwolken weg.

Zunächst ging es eine Schotterstraße bergab, die weiter unten zu einem Wanderweg wurde. Rund um mich herum, war es dicht bewachsen. Manchmal spürte ich den kalten Wind, der immer noch kräftig wehte. Nach Armungia ging es auf einen aussichtsreichen Pfad bergauf. Plötzlich sah ich fünf große weiße Hunde, die bellend auf mich zurannten. Ich wedelte mit meinen Trekkingstöcken, um sie auf Abstand zu halten, bis ihr Herrchen sie beruhigt hatte. Dieser redete auf italienisch auf mich ein, manches verstand ich zwar (Warum bist du alleine unterwegs? Ist es nicht kalt?), aber mein italienisch reichte nicht für verständliche Antworten aus. In Armungia machte ich eine Pause in einer Bar, bevor ich weiterlief. 

Rückblick auf Armungia:

Es ging auf alten Pfaden bergab bis zum Fluss Fiume Flumendosa. Auf der anderen Seite ging es etwa 400hm wieder rauf aufs Plateau Sa Mola. 

Hier weideten abwechselnd Kühe, Schafe und Ziegen, die teilweise von Hunden begleitet wurden. Trotz des dichten Bewuchses wehte gerade am Rand des Plateaus der Wind stark. Ich übte mich darin, die Umgebung auf ihre Möglichkeiten nach Windschutz zu beobachten. Das Wandern fiel mir heute besonders leicht, gefühlt kostete es mich kaum Mühen. Nach 27km entschied ich mich, mir versteckt und geschützt zwischen hohen Sträuchern einen Zeltplatz zu suchen, bevor der SI in Richtung des Windes bergab steigen würde. 


24.04.2024 Würziger Duft

Es wehte in der Nacht noch weniger als erwartet, stattdessen regnete es immer wieder. Auch beim Frühstück regnete es noch. 

Die Landschaft war und blieb lange Zeit richtig idyllisch, dazu kaum ein würziger Duft, den der nächtliche Regen hervorgelockt hatte. Er erinnerte mich an den Sentiero Italia in Ligurien, wo ich diesen Duft, der mir so gut gefällt, zum ersten Mal gerochen habe. 

Durch dichten Wald ging es, zwischendurch sah ich auch diesmal Rinder und Schafe. Eine gute Wasserquelle fand nach rund zwei Stunden Gehzeit. Das Wetter war durchwachsen, dunkle Wolken drohten mit Regen, der ab und zu auch kam. Am Beginn des Aufstieges nach Perdasdefogu fand ich erneut eine Wasserquelle, bei der ich länger Pause machte. Da es kühl war und immer mal wieder etwas regnete, war es heute nicht so gemütlich. 

In Perdasdefogu stellte ich fest, dass der Crai-Supermarkt erst um 17 Uhr seine Pforten öffnet, statt um 16:30 Uhr, wie es bei google maps steht. Beim Warten wünschte ich mir Handschuhe, da meine Finger erbärmlich froren. Aber ich hatte keine eingepackt. Um 17 Uhr kaufte ich schnell ein und machte mich auf den Weg. Zunächst auf Asphalt, dann auf einem Schotterweg, der in einen Wanderweg überging. 

Der Wind war immer noch stark und sehr kalt, wetteronline sagte Böen mit  75km/h vorher. Weiter unten entdeckte ich drei Pinnettos, eine Art alte Hirtenunterkunft. Aber so wirklich regendicht sahen sie nicht aus und eine Bank oder so gab es darin auch nicht. Daher entschied ich mich dafür stattdessen mein Zelt aufzustellen. Blöderweise ist ein Easton Nano Hering gebrochen. Wieder ein Pluspunkt für die Titanheringe von Aliexpress. 
28km waren es heute, den Umweg zum Supermarkt nicht mitgezählt. 


25.04.2024 Ungemütlich 

Der Wind war in der Nacht weniger stark präsent als angenommen. Die Stellplatzwahl hat sich auch diesmal als exzellent herausgestellt, da nur wenige der Windböen, die hörbar waren, tatsächlich am Zelt angekommen sind. 

Zwieback als Frühstück stellte sich als keine tolle Idee heraus, denn gesättigt fühlte ich mich danach nicht. Naja, es war ein Versuch wert... Der Weg begann sehr schön, als es auf einem Pfad durch ein wildes Tal ging. Später erreichte ich eine Provinzstraße, in dessen Nähe ich mich die nächsten zwei Stunden bewegte. Links von mir befand sich ein Windpark. Dieser Ort wurde wohl nicht umsonst dazu auserkoren, denn der Wind dort war stark und fürchterlich kalt. Ich merkte erneut, dass es ein Fehler war, keine Handschuhe mitzunehmen. Heute hätte ich welche gebraucht! 

Richtung San Antonio di Jerzu lief ich häufiger durch geschütztere Gebiete, was nicht nur angenehmer, sondern auch schöner war. In dem Weiler gab es übrigens nichts außer einem Wasserhahn und ein Hotel. 


Der letzte Teil bis Ullasai war überraschend spektakulär. Steile Felswände ragen hier in die Höhe, oben sind sie dicht bewachsen. Die Region soll besonders bei Kletterern beliebt sein. Der Weg runter nach Ullasai war laut einem Schild offiziell gesperrt, da es der einzige Weg war und eine Joggerin auch dort langgelaufen war, entschied ich mich, ihn trotzdem zu gehen. Und natürlich war er in Top Zustand. Seltsam...

Auf einem Straßenschild las ich von einem Campingplatz (Camping Theleme) in der Nähe von Ullasei und beschloss spontan, dort hinzulaufen. Das wildromantisch gelegene Ullasei war, wie ich gedacht hatte, wie ausgestorben, denn heute war Feiertag (Tag der Befreiung der Italiener). Tatsächlich hatte der Camping nicht nur offen, sondern war auch noch gut besucht. Ich bekam einen Stellplatz für mein Zelt und konnte endlich mal wieder duschen. 


GPX-Track: folgt im Mai

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