GPT 67 Dientes de Navarino
Das südlichste Trekking der Welt
Die Isla Navarino beheimatet mit Puerto Williams das südlichste Dorf der Welt. Hier befindet sich das wahre "Fin del Mundo" (deutsch: Ende der Welt), nicht im etwas nördlicher gelegenen Ushuaia. Die vergleichsweise kurze Rundtour soll nicht nur durch extrem schöne Wildnis führen, sondern auch mit ihrem rauen Klima und der fehlenden Infrastruktur im Gegensatz zum Trekking im Parque Nacional Torres del Paine ein echtes Abenteuer darstellen. Das alles bekam ich auf meiner Tour auch zu spüren.
23.02.2025 Zelten mit Bieberblick
Mehr als eineinhalb Wochen war ich krank und konnte nichts unternehmen. So richtig fit war ich noch immer nicht, als ich zum Trek aufbrach. Eigentlich wollte ich den Circuit inklusive Verlängerung zum Lago Windhond gehen, aber aufgrund meiner angeschlagenen Gesundheit verzichtete ich darauf und entschied es möglichst stressfrei anzugehen.
Am Tag zuvor meldete ich mich bei den Carabinieros in Puerto Williams ab. Das wird von den Einheimischen gewünscht und kostet nichts. Bei der Rückkehr soll man dann Bescheid geben, dass man zurück ist. Ganz ohne ist der Trek nämlich nicht.
Arno und ich liefen gemeinsam los, er wollte eine Tageswanderung machen, die ganz in der Nähe vom Beginn des Treks entlangführt. Nach rund drei Kilometern auf der Straße, die wir im Regen absolvierten, kamen wir jeweils am Startpunkt an und verabschiedeten uns. Der Dientes de Navarino ist ein inzwischen ziemlich beliebter Trek. Vor mir waren zwei Wanderer mit riesigen Rucksäcken, die mit dem Gepäck überfordert wirkten. Der Weg stieg steil an, war aber sehr gut ausgebaut und die beiden hatte ich schnell überholt. Dabei war ich selbst nicht schnell.
So langsam hörte der Regen auf, die Aussicht zum Beagle Kanal war noch trüb. Die Baumgrenze war erreicht, ohne einen deutlichen Pfad ging es sanft ansteigend weiter. Die Markierungen und Steinmännchen wiesen den Weg.
Dann klarte es auf:
Der sehr steiler Hang vom Cumbre Bandera musste gequert werden. Die Wegspur war manchmal nur sehr schmal und abschüssig. Schwindelfrei und trittsicher sollte man hier definitiv sein. Immerhin schien nun die Sonne! Die ersten Blicke in die Wildnis machten Lust auf mehr.
Blick zur Laguna Salto:
Der Abstieg zur Laguna Salta hatte es in sich, denn er war besonders anfangs extrem steil. Ich war froh, als ich unten angekommen war. Hier am Ufer kann man zelten, ich sah jedoch nur eine wirklich gute Stelle. Der Anstieg zum Paso Australia war angenehmer, etwas oberhalb der Laguna Salto gab es bessere Zeltstellen.
Es blieb angenehm zu gehen, wirklich einfach war es trotzdem nicht. Kein Gelände, um viele Kilometer zu reißen. Hinter dem Pass begegneten mir mehrere andere Trekker. Völlig alleine ist man hier nicht mehr unterwegs. Unter anderem Anna und Josef, die ich schon bei GPT 38 getroffen hatte. Ich freute mich, sie zu sehen und wir unterhielten uns.
Aussichten beim Pass:
Hinter einer kleinen Laguna ohne Namen bog ich links ab, denn ich wollte einen Abstecher zum Monte Bettinelli machen. Auch hier gab es Markierungen, der Pfad war aber deutlich unscheinbarer. Der naturbelassene Anblick der nächsten Laguna gefiel mir sehr. Ich fand sogar eine Zeltstelle und überlegte, ob ich das Zelt hier schon aufbauen sollte, um dann mit wenig Gepäck hochzulaufen. Jedoch war der Untergrund nass und ich entschied mich dagegen.
Bei der nächsten ganz kleinen Laguna fand ich dann eine trockene Stelle nahe eines Wäldchens und baute dort das Zelt auf. Mit deutlich leichterem Rucksack fiel das bergauf gehen viel leichter. Es war zwar steil und oft ohne eine richtige Wegspur, aber vergleichsweise einfach. Nach einer Stunde hatte ich es geschafft und konnte den Blick bis zum Archipel bei Kap Hoorn, dem südlichsten Punkt vor der Antarktis, schweifen lassen. Der Ausblick war fantastisch!
Bergab war es richtig angenehm und nach 45min war ich wieder am Zeltplatz. Dann sah ich im Teich eine Bewegung. Zwei Bieber schwommen seelenruhig umher und ich konnte den großen Nagetieren in Ruhe dabei zusehen. Auf der anderen Seite befand sich die Bieberburg. Der Teich selbst wurde durch einen Bieberdamm gestaut. Ein gelungener Tag endete.
24.02.2025 Wandern am Ende der Welt
In den frühen Morgenstunden graupelte es, draußen färbten sich die Bergspitzen weiß. Mein Wandertag begann entsprechend ungemütlich. Mein Inreach sagte Dauerregen vorhee. Zum Glück hörte es bald auf zu regnen und entgegen der Vorhersage riß sogar der Himmel auf.
Mystisch-schöne Seenlandschaften:
Laguna Escondida:
Um zehn kam ich an den ersten Zelten vorbei, auf diesem Trek schlafen die Leute wohl gerne aus. Ich wollte den Tag lieber ausnutzen und es bis zur Laguna de los Guanacos schaffen. Der Aufstieg zum Paso Ventarron war einfach, auch davor und danach lief es sich echt gut. Die Aussicht vom Pass überzeugte mich sehr, ich finde es ist die schönste auf dieser Runde. Aber seht selbst:
Auch unterhalb war es idyllisch mit vielen kleinen Teichen und Seen. Die Bieber haben hier erstaunliche Arbeit geleistet.
Die Laguna Martillo ist größer als die anderen, hier gibt es viele Zeltplätze, allerdings sind diese kaum gegen den Wind geschützt. Die am Anfang gehören noch zu den besseren. In meiner Zeit auf der Insel habe ich ein paar Horrorgeschichten über weggewehte Zelte gehört. Der Wind kann hier extrem sein.
Laguna Martillo:
Entlang des Sees war es immer wieder matschig, aber ich fand immer einen Weg drumherum. Nass wurden die Füße in dem sumpfigen Gelände trotzdem. Wasserdichte Schuhe können hier ihre Stärke ausspielen.
Beim Aufstieg zum Paso Virginia änderte es sich. Teils war es furchtbar matschig, richtig anstrengend war das. Erst ab der zweiten Hälfte vom Anstieg ging der Untergrund zunehmend zu steinig über. Leider zog der Himmel hier immer mehr zu und bald fielen die ersten Schneeflocken vom Himmel.
Da für die Nacht Schnee vorhergesagt war, wollte ich den Abstieg vom Paso Virginia noch heute schaffen, denn dieser soll es in sich haben. Es schneite nun so richtig und sehen könnte ich oben am Pass gar nichts.
Der Abstieg war zwar extrem steil (45% laut Komoot), aber durch den sehr losen Untergrund konnte ich wie auf einer Sanddüne Schritt für Schritt nach unten rutschen. Es machte sogar Spaß und überraschend schnell war ich unten.
Entlang der Laguna wurde es nochmal nass, dann hatte ich das andere Ende erreicht, wo es laut meiner Recherche die letzten Zeltstellen geben soll. Die erste war sehr exponiert, daher steuerte ich eine Stelle hinter ein paar niedrigen Sträucher an. Es schneite weiter kräftig, als ich dort frierend mein Zelt aufstellte. Wenige Minuten später frischte der Wind auf und durch die bisher so tollen Ventilationsfenster kamen Schneeflocken rein. Ich versuchte das Fenster zu schließen, doch der Wind wehte es immer wieder auf. Für den Winter ist dieses Zelt ungeeignet.
Es schneite bis 23 Uhr und der Wind wurde immer stärker. Mein Inreach sagte Windgeschwindigkeiten bis 72km/h vorher. Ein richtiger Schneesturm also. Mehr als eine Stunde Schlaf war nicht drin. Das Zelt hielt zwar, aber die Schnur am Eingang lockerte sich mehrfach. Anscheinend hat der Hersteller für den Linelock eine zu dünne Schnur gewählt.
25.02.2025 Die Isla Navarino zeigt ihre Schneeweißen Zähne
Laguna de los Guanacos am nächsten Morgen:
In der Früh fing es erneut an zu schneien. Zwar versuchte ich eine Niederschlagspause für den Abbau zu nutzen, aber das gelang mir nicht. So lief ich bei Schneesturm los. Bisher war der Weg fast immer markiert und gut erkennbar, heute änderte es sich. Schon der Beginn des Abstiegs war unter dem Schnee kaum erkennbar. Vorsichtig tastete ich mich runter, bis ich den Wald erreichte. Dort fand ich überraschend mehrere richtig gut geschützte Zeltstellen vor. Wäre ich doch gestern noch etwas weitergegangen! Dort hätte ich bedeutend besser schlafen können.
Blick zurück:
Ich lief entlang verschneiter Seen mit sumpfiger Umgebung, bevor ich den matschigen Lengawald erreichte. Dort überwand ich nicht nur 100 Matschlöcher sondern auch zahlreiche umgestürzte Bäume.
Dann erreichte ich eine Weggabelung. Der GPT wies nach links, der klassische Dientes de Navarino nach rechts. Ich folgte dem GPT, die werden sich dabei doch was gedacht haben oder? Der Anfang war angenehm, durch Wald und über Weideflächen ging es steil hinab. Das Desaster begann sobald die Ebene erreicht war: Keine Spur eines Weges oder einer Markierung. Aber dafür ein Labyrinth aus Matsch und Sumpf im offenen Wald. Zwischendurch dachte ich, ich werde die Straße nie erreichen, dabei konnte ich die Autos schon hören. Ich war sehr erleichtert, aber auch völlig erschöpft als ich die Schotterstraße erreichte. Bevor ich nach einer Mitfahrgelegenheit suchte, musste ich erstmal mich und meine Trekkingstöcke vom Dreck befreien. Pablo nahm mich dankbarerweise mit seinem LKW mit in die Nähe von Puerto Williams, wo ich am Mittag eintraf. Dort checkte ich in das Refugio El Pedrino ein, welches von der sehr herzlichen Cecilia geführt wird. Dort trifft man zahlreiche andere Traveller und Trekker.
Weit weg von Zuhause am Fin del Mundo: