Altevasshytta bis Kilpisjärvi
Indian Summer in Lappland
30.08.2023 Kahle Birken und nette Begegnungen
Die Kinder waren zwar abends noch laut, aber in der Nacht gab es genügend Ruhe, um friedlich schlafen zu können. Daniel machte ich etwas früher auf dem Weg, sodass wir diesmal wieder getrennt liefen. Es ging lange Zeit nahe des Ufers des sehr lang gestreckten Altevatnet entlang. Aufgrund des vielen Regens war der Pfad stellenweise matschig, was ich als anstrengend empfand. Beständig hatte ich einen tollen Blick auf den nahen See. Einige niedrige Sträucher waren bereits bunt verfärbt. Das gefiel mir richtig gut.
Vor der Gaskashytta durchquerte ich ein Birkenwäldchen. Leider waren nur vereinzelte Blätter gelb, der Rest war noch grün. Ich war verwundert darüber, wie kahl viele der Bäumchen waren, obwohl noch keine nennenswerte Menge Laub gefallen war.
Stellenweise war der Untergrund sehr sumpfig, aber für norwegische Verhältnisse waren überraschend viele Planken verlegt. Weiter so, bitte!
Die neue Gaskashytta wird von DNTlern aktuell aufgebockt, da sie abgesackt ist. Daniel war kurz vor mir angekommen und wir verbrachten eine gemeinsame Mittagspause in der alten Gaskashytta. Erst nach einer Stunde ging es für mich weiter.
Das Tal des Gaskkasvággi empfand ich als besonders schön. Die Birken wurden weniger, aber die dort vorhandenen zierten die Landschaft sehr gut. Beständig ging es leicht bergauf und der Rucksack fühlte sich wieder viel zu schwer an. Als ich die deutschen Wanderer Markus und Silke traf, nutzte ich die Gelegenheit, den lästigen Rucksack abzusetzen. Daniel stieß auch dazu und rund dreißig Minuten vergingen wie ich Flug. Silke und Markus waren richtig begeistert von uns Langstreckenwanderern. Ich fühlte mich geschmeichelt. Schön, wenn einem mal jemand sagt, wie krass das eigentlich ist!
Den Rucksack musste ich wieder aufsetzen ubd weiter ging es, immer noch bergauf. Am Nachmittag erwartete uns ein ausgedehntes Steinfeld im oberen Bereich des Gaskkasvággi. Mir gefiel das Laufen in diesem Gelände ganz gut, Daniel war froh, als er es hinter sich hatte. Zwar liefen wir nicht zusammen, trafen uns aber oftmals am Tag. Kein Wunder, wenn Strecke und Tageskilometer in etwa ähnlich sind.
Am Ende des Steinfeldes erblickte ich den See Bajimus. Aus der Entfernung sah es dort nach guten Zeltmöglichkeiten aus, es zog sich aber noch etwas, bis ich den See erreicht hatte. Daniel war ein paar Meter vor mir und hatte eine tolle Zeltstelle unterhalb vom Wanderweg entdeckt. Ich suchte mir noch ein Stück weiter unten auch ein Fleckchen und genoss den ruhigen Abend.
31.08.2023 Mit Abkürzung durchs Dividalen
Die Nacht war erholsam und pünktlich um acht startete ich in den Wandertag. Daniel war bereits unterwegs und ich sollte ihn den ganzen Tag nicht sehen. Um unnötige Höhenmeter zu vermeiden, lief ich offtrail weiter, bis ich auf gleicher Höhe wieder auf den Wanderweg stieß. Das klappte hervorragend.
Es ging an vielen kleinen Seen vorbei. Viele Sträucher waren orange oder gelb verfärbt, was zusammen mit den Seen malerisch aussah. Alle paar Meter hielt ich an, um ein Foto zu schießen.
In der Vuomahütte mit den großen Panoramafenstern machte ich eine ganz kurze Pause. Anschließend folgte ich dem inoffiziellen Weg am Vumomajávri entlang. Zunächst fand ich die Wegspur nicht bzw. ich verlor sie immer wieder. Aber etwa am Ende des Sees stieß ich auf eine durchgängige Wegspur.
Es sieht so aus, als würde diese Variante häufiger gewählt werden. Dieser Schleichweg war bis zur Waldgrenze überwiegend trocken und angenehm zu gehen. An der Waldgrenze hörte der Pfad aber auch und ein unbequemer Abstieg herunter auf den DNT-Weg nahe des Anjavasselva begann. Dieser war zwar gut machbar, aber durch sumpfige Abschnitte und Gestrüpp etwas nervig.
Der "richtige" Weg war dann wieder sehr gut sichtbar, aber ab und zu sehr matschig. Die Birken unten im Tal waren noch mehrheitlich grün, während die oben am Waldrand schon golden verfärbt waren.
Sobald ich wieder auf dem markierten Weg unterwegs war, begegneten mir überraschend viele Menschen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass hier so viel los ist! Wie Markus prophezeit hatte, hatte ich oberhalb der Brücke vor der Dividalshytta tatsächlich Empfang. Spontan konnte ich mit meinem Mann telefonieren und prompt war eine Stunde vergangen. Max überholte mich in dieser Zeit.
Zur Brücke ging es sehr steil runter. Unten im Tal war es mir so warm, dass ich die lange Hose auszog. Hier unten war der Wald richtig dicht, auch Kiefern wuchsen hier. Die habe ich schon lange nicht mehr gewesen. Erfreut sog ich den Duft dieser wohlriechenden Bäume ein.
Wie erwartet war der Anstieg sehr steil und ich kam ordentlich ins Schwitzen. Dennoch konnte ich Max überholen. Als ich die Dividalshytta erreicht hatte, begegnete mir Daniel, der gerade Wasser holte. Spontan entschied ich mich auch über Nacht zu bleiben. Zusammen mit Max tranken wir zu dritt einen Kaffee, bevor dieser weiter zog. Ein unbekannter Spender hatte zwei Kaffee Latte Fertigmischungen hinterlassen. Vielen Dank, unbekannter Spender!
Der weitere Abend war überaus gemütlich.
01.09.2023 Ein Flickenteppich aus Farben
Daniel war schon aufgebrochen, als ich um sieben Uhr nach einer erholsamen Nacht aufstand. Eine Stunde später war auch ich fertig und trat raus in dem dichten Nebel, der sich am späten Abend gebildet hatte. Der Wald wirkte mystisch bei dieser Art von Witterung.
Oberhalb des Waldes war es plötzlich windig und auch der Nebel war nicht mehr da. Bzw. ich war über der Nebelwolke. Leider war über mir eine dicke Wolkendecke, also nichts mit Morgensonne. Kurzzeitig hatte ich sogar ein klein bisschen Empfang.
Der Aufstieg war sehr steil und immer wenn ich dachte, er ist gleich vorbei, kam noch ein weiterer Anstieg in Sicht. Durch den Wind schwitzte ich trotz Regenkleidung nicht. Diese hatte ich angezogen, weil der Wald nass gewesen war.
In der Ferne sah ich Max und als ich ihn überholte, kamen wir kurz ins Gespräch. Die Weite der Landschaft ist einfach nur gigantisch, da waren wir uns einig.
Der breite Fluss Skaktarelva wollte gequert werden. Davor saß ein Holländer, der mich vor dem sehr sumpfigen Abschnitt bei Unna Nannáš warnte. Die Querung selber war einfach, ich kam beinahe ohne Wasserberührung auf der anderen Seite an, da es im Fluss sehr viele große Steine gab.
Auf der anderen Seite wurde die Landschaft immer schöner. Die Herbstfarben waren hier schon in vollem Gange. Es sah aus, als würde ich durch einen Flickenteppich mit den Farben gelb, orange, grün und rot laufen. Einfach zauberhaft!
Sumpfig wurde der Pfad schon etwas früher und ich musste echt aufpassen, wo ich hintrat. Zwischen den beiden kleinen Seen war es ein klein bisschen einfacher, aber immer noch sehr nass. Erst als ich wieder an Höhe gewonnen hatte, wurde der Untergrund wieder trocken.
Als ich das Daertavággi erblickte, war ich verzaubert! Das ganze Tal leuchtete golden, obwohl der Himmel immer noch bewölkt war. Auf der anderen Seite war ein Hang sogar komplett rot. Wahnsinn!
Mit Schwung lief ich durch das bunte Tal bis zur Daertahytta. Dort traf ich Daniel wieder, der sich gerade eine warme Mahlzeit zubereitet hatte. Ich gesellte mich mit ein paar Keksen dazu und Max traf auch bald ein. Die Hütte war richtig schön, aber dennoch wollten sowohl Daniel als auch ich noch ein paar Kilometer laufen. Max war sich noch unsicher.
Zunächst ging es wieder bergauf bis zu einem Pass auf 1040m Höhe. Über große Flächen ging es Kilometer für Kilometer über grobes Gestein. Nur kurzzeitig gab es bewachsenen Boden als Untergrund. Für einen Zeltplatz war das Gelände nicht geeignet.
Anstrengend war hingegen der eiskalte Wind, der meinen Händen zu schaffen machte. Anhalten wollte ich hier nicht länger als nötig. Erst als ich ins Gassavággi abgestiegen war, ließ der Wind nach. Entweder war der Untergrund steinig oder uneben - die Zeltplatzsuche war eine Herausforderung. Etwas oberhalb eines Sees auf rund 950m fand ich ein geeignetes Fleckchen. Es fing gerade an zu nieseln, als ich mit Handschuhen mein Zelt aufbaute. Innen wärme ich mich erstmal auf, bevor ich das Abendessen kochte.
War es vor zwei Wochen selbst in der Nacht nicht richtig dunkel, brauche ich inzwischen schon ab 20 Uhr eine Kopflampe zum Lesen. Inzwischen werden die Tage merklich kürzer.
02.09.2023 Die volle DNT-Hütte
In der Früh kam stärkerer Wind auf, doch ich schlief gut. Da es zudem kalt war, lief ich das erste Mal mit Handschuhen los. Der eisige Wind hörte erst auf, als ich das Tal erreichte.
Neben dem Wanderweg erblickte ich ein Zelt, welches meinem sehr ähnlich war. In dem Moment überholte mich Max von hinten und wir ratschten kurz, bevor er davoneilte. Heute war er schneller als sonst.
Plötzlich lief ich in eine dichte Nebelwand, die mich noch bis zur Rostahytta begleiten sollte. Ich selber holte Daniel ein, der von dem Nebel alles andere als begeistert war. Mein Zelt hatte er in der Früh noch gesehen. Er selbst hatte etwa 3 Kilometer hinter mir gezeltet. Gemeinsam liefen wir den Rest bis zur Rostahytta. Kurz vorher hatten wir Empfang, was wir aufgrund der Zeichnung im Erdboden (von Max angefertigt) erfuhren. Das nutzen wir natürlich schnell für WhatsApp und den Wetterbericht. Laut diesem soll der Nebel bis Mittag bestehen bleiben.
An der Rostahytta entschlossen wir gemeinsam, eine längere Pause einzulegen. Heißes Wasser wurde gekocht und der Ofen angeheizt. Dank Max konnte ich ein leckeres Trekkinggericht (Süßkartoffel Curry) ausprobieren. War echt lecker - muss ich mir merken! Max fing an mit einer Gitarre Musik zu machen und inzwischen hatte der Ofen den Raum auf eine angenehme Temperatur gebracht. Es war echt nicht leicht sich dazu zu motivieren, weiterzugehen. Um 12 Uhr schaffte ich es und verabschiedete mich von den beiden, die heute bloß noch 8km gehen wollen.
Ich selbst wollte es bis zur Gappohytta schaffen und dort übernachten. Also lief ich flott bergauf in das wunderschöne Isdalen. Gerade als ich dort ankam, stiegen die Wolken nach oben. Rechts thronten große Berge und links fiel ein hoher Wasserfall zu Boden. Das niedrige Gestrüpp war bunt verfärbt - echt schön also.
Von dort ging es hoch zum Čievččascahca, wo es über Geröll an mehreren kristallklaren Bergseen entlang ging. Ganz einfach war es nicht, aber auch nie schwer. Während im Tal hinter mir immer noch eine bleierne Wolkendecke drin hing, schien hier oben sogar die Sonne. Glück gehabt!
Bergab wurde der Weg wieder einfacher und bald hatte ich die schwedische Grenze erreicht.
Hier führt der Weg für wenige Kilometer durch das Nachbarland. Dort traf ich zwei Frauen, die von der Gappohytta kamen und berichteten, dass dort fünf Finninen sind. Ich hoffte in der Nebenhütte eine Nacht alleine verbringen zu können.
Ein sehr breiter, aber flacher und steiniger Fluss musste gefurtet werden. Danach ging es über ewig weite Wiesen mit ewigen Weitblicken entlang. Ich sah erstaunlich viele Menschen unterwegs - ganze acht. Es ging leicht bergab und dann sah ich die Gappohytta. Dort fand ich auch die fünf Finninen. Diese fragten mich, ob ich ein Bett reserviert hätte, ihre Hütte sei nämlich schon voll. Verdatter sah ich sie an und verneinte. Netz gab es hier eh keines. Ich schaute mich in der anderen Hütte um. Dort waren zwar gerade keine Menschen drin, aber beide Schlafräume waren mit Gepäck vollgestellt. Draußen standen weitere zwei Rucksäcke. Laut Hüttenprotokoll würden minder fünf Personen übernachten und es war erst 17 Uhr. Auch in der Hundehütte schaute ich nach, doch auch hier waren alle vier Betten belegt. Krass, sowas habe ich in Norwegen noch nicht erlebt! Laut Hüttenbuch musste Markus letztes Jahr auf dem Sofa schlafen. Nein, danke...
Ich entschied mich dazu, weiterzugehen und mir einen Zeltplatz zu suchen. Ach etwa 1.5 Kilometern fand ich eine sehr schöne Stelle mit Abendsonne und baute mein Zelt auf. Hier habe ich meine Ruhe.
03.09.2023 Durch Schönheit wandern
Am nächsten Morgen startete ich bei trockenem Wetter und war zunächst alleine unterwegs. Der Weg führte über Gelände mit niedrigem Bewuchs und vielen Felsen über einen Fluss mit einer Art Naturbrücke. Die Füße blieben jedenfalls trocken. Dahinter erstreckte sich das weite Fjell in leuchtend orangen Farben. Ich war begeistert!
Als es bergab zum Goldajavri ging, dachte ich, es könne nicht besser werden. Goldene Birken und rotes Blaubeerkraut säumte den Weg zum See. Die Sümpfe auf dem Weg waren entweder ausgetrocknet oder mit Bohlenwegen ausgestattet. Sehr komfortabel.
Da die Landschaft so unglaublich schön war, überlegte ich zwischenzeitlich sogar in der Goldahytta zu übernachten. Diese lag versteckt im Wald und war erst kurz vorher zu sehen. Doch ich entschied mich dagegen, u.a. weil der Empfang eher wackelig war. Ich hatte doch noch einiges zu planen.
Der Weg zum Dreiländereck Treriksröset war ebenso unglaublich schön und bunt. Am Treriksröset treffen sich die drei Länder Norwegen, Schweden und Finnland. Ein großes gelbes Monument, erreichbar auf einem Steg aus Metall, weist darauf hin.
Weiter ging es ab hier in Finnland. Dachte ich zuvor, es könnte nicht schöner werden? Da hatte ich mich aber getäuscht! Umso weiter ich lief, umso grandioser wurden die Ausblicke. Das fanden auch die Tageswanderer, die hier in großer Anzahl unterwegs waren.
Hinter jeder Ecke lauerte ein weiteres landschaftliches Highlight. Beständig versuchte ich die Landschaft im Foto einzufangen. Doch nur in echt kann man diese unglaubliche Schönheit wirklich erleben! Meinem geliebten Mann möchte ich diese Landschaft so gerne zeigen.
Die Rentiere zeigten sich wenig scheu und ich sah eines aus nächster Nähe. Vielleicht 10m entfernt.
Die Straße mied ich noch ein Stück, indem ich auf dem Wanderweg gegenüber bis zur ersten Unterkunft Retkeilykeskus weiterlief. Ab dort ging es dann aber wirklich auf die Asphaltstraße. Schnurgerade ging es bis Kilpisjärvi. Im Tundrea Camping hatte ich eine kleine Hütte reserviert, war aber doch früher da als gedacht. Zum Glück war die Hütte frei und so konnte ich sie eine weitere Nacht buchen. Sie ist wirklich winzig und mit 48€ pro Nacht auch eher überteuert. Dafür ist immerhin die Sauna inklusive.
Der Supermarkt gegenüber hat ein umfangreiches Warenangebot, nur die finnische Sprache macht es schwer, nachzuvollziehen, was man da in den Einkaufswagen legt. Im Gegensatz zu norwegisch oder schwedisch kann ich mir die Wörter nicht herleiten. Chinesisch würde ich genauso gut verstehen...
Link zum GPX-Track: Altevasshytta bis Kilpisjärvi
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen