Mittwoch, 2. November 2022

Sentiero Italia Etappe 9: Sizilien Teil 1

Sentiero Italia Etappe 9: Sizilien Teil 1


Messina - Zafferana Etnea (171 km & 6500 hm)


Wanderbare Perle im Mittelmeer


Ankunft auf Sizilien 


Um 8:25 Uhr nahm ich den Zug nach Villa S. Giovanni, um anschließend mit der Fähre nach Messina zu fahren. Die Fähre braucht von dort nur rund 30 Minuten. Das Ticket war mit 2.50€ erstaunlich günstig. Blöderweise landete die Fähre nicht am Start vom Trail an, sodass ich erst mal ein paar Kilometer an der Küste dahin laufen musste. Dann musste ich auch noch so dringend pieseln, dass ich spontan eine Pause in einer Bar einlegte. Danach kaufte ich mir zwei neue Wasserflaschen für meine Halterungen an den Schultergurten vom Rucksack. Meine alten Flaschen haben inzwischen Algen angesetzt... es wurde also dringend Zeit für neue!

Nachdem ich ein paar Kilometern sanft bergauf durch die Stadt gelaufen war, ging es eine Schotterpiste hoch in Richtung eines Waldes. Dieser bestand hier zum Großteil aus Korkeichen und Lorbeerbäumen. Es war richtig heiß und ich kam ordentlich ins Schwitzen. 



Der Weg war breit und mit den üblichen weiß-roten Zeichen markiert. Schon bald hatte ich beständig eine tolle Sicht aufs Mittelmeer und Messina. 



Immer mal wieder folgte ich kurz der Asphaltstraße, um kurz darauf wieder auf einen Wanderweg im Wald zu kommen. Manchmal war dieser auch sehr schmal, aber nie wirklich schwierig. 



Immer höher ging es hinauf. Zwischendurch ließ ich mir Wasser in einer Bar am Straßenrand geben, denn dies sollte für rund 30 Kilometer die letzte Gelegenheit sein. So schleppte ich nicht nur Lebensmitteln für 3.5 Tage, sondern auch über drei Liter Wasser mit mir rum. Ganz schön schwer. Zwischendurch machte ich deshalb viele kurze Pausen. 

Ein kleiner Abschnitt vom Trail war dermaßen von Brombeeren überwuchert, dass ich stattdessen die nahegelegene Straße nahm. Dort hielt ein Autofahrer an und bot an, mich mitzunehmen. Ich lehnte natürlich ab. 

Kurz darauf ging es zurück auf einen schmalen Pfad. Nebenan fand ich ein flaches Plätzchen zwischen Kiefern. 25km und etwa 1200hm hatte ich an dem Tag geschafft. 



Kammwanderung mit Meerblick zu beiden Seiten


Die Nacht war angenehm warm und ruhig. So konnte ich sehr gut schlafen. Als es hell wurde, stand ich auf, frühstückte und packte alles ein. Als ich loslief, ging gerade die Sonne über dem italienischen Festland auf. Herrlich! Innerhalb von wenigen Minuten war ich bei der Wallfahrtskirche Dinnamare angekommen. Wahrscheinlich hätte ich auch in der Kirche übernachten können. 



Direkt dahinter ging es über einen holprigen Pfad bergab. Eine große Herde Ziegen weidete dort - richtig toll, denn nun musste ich keine Angst mehr haben. Auf Sizilien gibt es keine Wölfe, daher sind keine Herdenschutzhunde nötig. 



Die Sicht hier oben war grandios. Zu beiden Seiten konnte ich aufs Mittelmeer schauen. Anschließend ging es lange Zeit auf einer Schotterpiste entlang, die nur wenig bergauf und bergab führte. 



Erst als ein Abstecher zum Monte Scuderi an der Reihe war, ging es auf einem schmalen Pfad weiter. An einer flachen Stelle deponierte ich meinen Rucksack und erwanderte den Gipfel ohne Gepäck. Es war ein ganz anderes Gefühl so ohne schweren Rucksack - ein sehr leichtes. Flott war ich oben am flachen Plateau angekommen. Die Sicht war aber aufgrund der Wolken begrenzt. 



Durstig lief ich zurück und machte zurück bei meinem Rucksack eine längere Pause. Auf dem breiten Weg ging es flach weiter bis zum Piano Marghi. Dies ist eine Wieso neben einem kaputten Haus, wo man zelten kann. Vorher füllte ich meine Wasservorräte an einer Quelle auf. 

Da es erst 15 Uhr war lief ich noch weiter. Auf einem schmalen Weg ging es in Serpentinen bergauf bis auf 1200m über dem Meeresspiegel. Unzählige Herden von Schafen und Ziegen weideten dort. Ein Lämmchen hatte seine Beine in einem Zaun eingeklemmt und weinte. Ich legte meinen Rucksack ab, lief zu ihm und befreite seine kleinen Beinchen aus dem Maschendraht. Ängstlich lief das Lämmchen zu seiner Mutter. 

Der Weg war schön und sehr aussichtsreich. Doch die Zeltplatzsuche gestaltete sich schwierig. Es wollte einfach keine flache Stelle kommen. Zudem war der Untergrund sehr steinig. Doch kurz vor sechs fand ich oben am Bergkamm ein kleines Plätzchen über den Wolken, wo genau ein Zelt hinpasste. Stolze 35km hatte ich geschafft. 




Stacheldrahtzäune sind wirklich gefährlich


Die Nacht war ganz angenehm, wenn auch nicht ganz so warm wie die davor. Aufgrund der Zeitumstellung stand ich bereits um sechs Uhr auf und wurde mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang belohnt.



Vom Weg aus sah ich den Monte Etna aus der Ferne. Die letzten sechs Kilometer bis zum Etappenende Postoleoni hatte ich flott geschafft. Dort auf dem großen Picknickplatz machte ich eine kurze Pause. 



Anschließend ging es wie bisher weiter auf einem breiten Karrenweg. Kurz darauf entdeckte ich links von der Straße ein Schaf, welches sich im Stacheldrahtzaun verheddert hatte. Ich kraxelte den Abhang hoch und versuchte das arme Tier zu befreien. Doch leider vergeblich, denn es war komplett eingewickelt in dem stacheligen Drahtgeflecht. Mit meiner winzigen Schere konnte ich nur die festhängende Wolle abschneiden. Um es zu befreien, bräuchte es eine Schere, mit der man den Draht durchschneiden kann. Ich lief weiter auf der Suche nach jemandem, der helfen konnte. Doch es war weit und breit niemand da. Ich fand zwar bald drei PKWs, doch deren Besitzer waren nicht anzutreffen. Frustriert und traurig lief ich weiter und dachte ständig an das arme Schaf. Erst später begegneten mir sechs Motorcross-Fahrer, denen ich mit Händen und Füßen das Problem schilderte. Sie meinten, unterhalb wohne ein Schäfer, der das Schaf befreien würde. Noch später begegnete mir ein Autofahrer, dem ich ebenfalls davon berichtete. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat jemand den Draht durchgeschnitten und das Schaf ist weggelaufen. Ich hoffe es hat Hilfe bekommen. 

Zwischendurch habe ich sechs Wildschwein auf dem Weg beim Wühlen beobachtet. Es dauerte etwas, bis sie mich bemerkten.



Der weitere Verlauf war teils auf einem schmalen Pfad, der bald wieder zu einer breiten Forststraße wurde, die von Windkrafträdern geziert wurde. Es begegneten mir unzählige Motorradfahrer. 



Dann ging es bergab in Richtung den Dörfern Rubino und Evangelisti. Diese durchquerte ich schnell, da am Sonntag ohnehin alles geschlossen war. Mein Tagesziel nach 31km war das Centro Le Miniere, welchem ich vorab eine Mail geschrieben hatte. Laut Website haben die einen Campingplatz. Dort waren jedoch die Tore geschlossen. Frustriert dachte ich nach. Doch die nächste Etappe sollte zu Beginn sehr steil und zugewachsen sein. Demnach würde es wohl keine Zeltgelegenheiten geben. Ich kletterte über den Zaun und machte mich auf die Suche nach jemandem. Unten war eine Frau in einem Haus am arbeiten. Ein Mann kam alsbald dazu und sagte, sie würden mit dem Boss sprechen und mir in 30 Minuten Bescheid geben. Ich wartete zunächst draußen auf einem Stuhl. Dann wurde ich nach drinnen gebracht und bekam zu Essen. Später kamen beide und meinten, ich könnte in einem Holzhaus schlafen. Da sagte ich natürlich nicht nein. 


Beschwerliche Pfade in grandioser Natur


Es war richtig bequem mal wieder in einem richtigen und dazu noch weichen Bett zu schlafen. Leider sind viele Hotelbetten ziemlich hart. Da ich erst um 7:30 Uhr Frühstück bekommen konnte, kam ich später als üblich los. Angelo, der Chef vom Centro Le Miniere, war sehr gastfreundlich und zeigte mir noch die riesige Bibliothek des Hauses. Dies erfreute mich an dem Tag ganz besonders. 

Nach einem kurzen und steilen Stück auf Asphalt ging es weglos weiter. Laut Beschreibung sollte der nächste Kilometer überwachsen und sehr beschwerlich werden. Da der Bereich aber gebrannt hatte und mit schwarzer Asche übersäht war, war der Grad der Überwucherung nicht mehr ganz so dramatisch. Trotzdem musste ich mir anhand des GPX-Tracks meinen eigenen Weg bahnen.



Anschließend gelangte ich auf ein grasbewachsenes Plateau mit grandioser Aussicht auf das sogenannte "Matterhorn von Sizilien". 



Nach einem kurzen Stück auf einem breiten Karrenweg, ging es auf einem schmalen Pfad bergab weiter. Dieser war zwar nur sporadisch markiert, aber gut erkennbar. So ähnlich ging es weiter bis ins Dorf Novara Sicilia. Dort kaufte ich Pizza ein und genehmigte mir in der Bar einen Latte Macchiatto. 

Der nächsten Kilometer versprachen erneut anstrengend zu werden. Hinter Novara Sicilia war der Weg anfangs noch markiert und auch gut begehbar. Im späteren Verlauf wurden die Markierungen zunehmend verwirrender. Manchmal waren sie an der falschen Stelle angebracht und ich musste umkehren. Auch der Weg selbst war schwierig, da er nicht erkennbar und oft zugewachsen war. Wer darauf keine Lust hat, kann diesen Teil auf Asphalt abkürzen. Doch danach ging es vor und hinter dem Dorf San Basilio sehr ähnlich weiter, nur dass die Markierungen gänzlich fehlten. 



So kam ich nur langsam voran und gönnte mir um 12:30 Uhr, auf einer Forststraße angekommen, das erste Stück Pizza. Zu mir gesellten sich zwei Radfahrer, die seit sechs Monaten unterwegs sind und schon richtig viele coole Erlebnisse hatten. Es war toll nach so langer Zeit mal wieder andere Reisende zu treffen, die ähnlich wild und verrückt wie ich unterwegs sind.

Gegen 13 Uhr lief ich auf der komfortablen Forststraße weiter bergauf. Sie führte an mehreren Windkraftanlagen vorbei. 



Bald darauf kam ich ins Reservat Malabotta, wo jahrhundertealte Eichenbäume stehen. 



Da der Weg komfortabel blieb, kam ich auch flotter voran und schaffte trotz der beschwerlichen Wege und 1400hm bergauf 30 Kilometer an Wegstrecke. Neben einem alten Picknick-Tisch und zwei riesigen Linden stellte ich mein Zelt auf. 




Lavaströme und Kiefernwälder


Am nächsten Tag startete es mit einer fünf Kilometer langen Strecke bergab auf einfachen Wegen nach Mojo Alcantara. Dort hatte trotz Feiertags ein kleiner Laden auf, wo ich mir einen Apfel und ein paar Snacks kaufte. In einer Bar gönnte ich mir noch einen Latte Macchiatto, bevor es weiterging. 



Ab hier begann meine Umrundung vom Monte Etna (oder Ätna in deutscher Schreibweise). Zuerst lief ich einige Kilometer auf schmalen asphaltierten Straßen an zahlreichen Weinanbaugebieten vorbei. Danach führte eine breit ausgebauter Weg über Kies oder Steinplatten sanft bergauf. Die Landschaft war karg und es gab tolle Ausblicke auf die Berge, von denen ich gekommen war. 



Aus der kargen Landschaft wurde irgendwann ein Wald aus Kiefern und Maronenbäumen. Anschließend hörte der Wald auf und der Weg führte zum ersten Mal über erkaltete Lavaströme. Dies sah mit dem schwarzgrauen Gestein optisch ganz anders aus, als alles was ich bisher auf dem SI gesehen hatte. Wie eine Mondlandschaft. Zwischendurch gab es bunte Farbtupfer durch herbstlich gefärbte Bäume. 






Im weiteren Verlauf wechselte der Weg immer wieder zwischen Wald und erkalteten Lavaströmen. Umso höher ich kam, umso karger wurde die Landschaft. 



Eigentlich hatte ich vor in einem Bivacco zu übernachten, doch ich fand es nicht. Erst war es noch ausgeschildert, doch dann nicht mehr. Gesehen hatte ich es aber nicht. Daher lief ich weiter bis zu einem großen Parkplatz, in dessen Nähe Herrscharen an Touristen unterwegs waren. Dahinter sah ich niemanden mehr, obwohl die Landschaft nicht minder schön war.



Ein Schild verwies auf ein Rifugio Monte Baracca, wo ich hinlaufen wollte. Laut Karte waren dies ab dem Parkplatz noch rund drei Kilometer. Ich fand dieses Rifugio auch, doch leider war es verschlossen. Da eine Notiz auf dem Wegweiser vor Füchsen warnte, wollte ich nicht daneben übernachten. Auf der Karte war ein weiteres Haus in der Nähe eingezeichnet, doch dies stellte sich als Betonskelett heraus. Also wieder zelten. Neben dem Weg fand ich eine flache Stelle. Da der Boden sehr locker war, machte es Mühe, das Zelt stabil aufzustellen. Gut, dass kein schlechtes Wetter vorhergesagt war. Auch diesmal hatte ich 31km und 1400hm geschafft. 


Abstieg nach Zafferana Etnea 

Aus Vorsicht habe ich mein restlichen Vorrat an Lebensmitteln im Rucksack an einen Baum gehängt. Das hat wohl funktioniert, denn nächtlichen Besuch bekam ich keinen. 

Bereits um 5:50 Uhr stand ich auf, denn zu dieser Zeit wurde es hell. Etwa eine Stunde später startete ich meinen Wandertag, der diesmal fast ausschließlich bergab gehen sollte. In der ersten Stunde war ich noch ganz alleine auf den Wanderwegen. Der Boden war stellenweise mit Raureif überzogen, es muss dort also gefroren haben. Es war kalt, doch die grandiose Kulisse, welche von der sanften Morgensonne angestrahlt wurde, lenkte davon ab. Alle paar Meter hielt ich an um Fotos zu machen. 






Nach und nach erhöhte sich die Anzahl der Bäume und die Ausblicke auf den Monte Etna wurden seltener. Durch die gelb gefärbten Birken und Buchen mit ihren orangebraunen Blättern war es dennoch durchgängig schön. 



Hin und wieder gab es tolle Ausblicke auf die dampfenden Krater. 



Der SI war hier durchgängig gut markiert und auch in gutem Zustand. So bewältigte ich die 20km bis nach Zafferana Etnea flott und kam bereits um 12:30 Uhr dort an. Dort suchte ich als erstes einen Waschsalon auf. Zuerst wollten sie meine Wäsche nicht waschen, weil sie davon ausgingen, dass ich eine chemische Wäsche möchte. Als ich ihnen mit Google Übersetzer erklärte, dass eine normale nasse Wäsche ohne anschließende Trocknung ausreicht, klappe es dann doch. 

In Zafferana Etnea hatte ich mir ein B&B gebucht, sodass ich den restlichen Tag mit essen, ausruhen und telefonieren verbringen konnte. 

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