Sentiero Italia Etappe 9: Sizilien Teil 2
Zafferana Etnea - Gangi (171 km & 5000 hm)
Vom Ätna zum verregneten Nebrodi-Nationalpark
Grandios anstrengend
Nach einer erholsamen Nacht in einem richtigem Bett, ging es natürlich mal wieder sehr viele Höhenmeter bergauf. 1600 sehr steile Höhenmeter standen auf dem Plan.
Da das inkludierte Frühstück in einer Bar serviert wurde, die um sieben öffnete, konnte ich erst um acht Uhr loslaufen. Zuerst ging es den gleichen Weg aus dem Ort heraus, doch direkt oberhalb von Zafferana Etnea gabelte sich der Weg. Ich nahm den linken, der zuerst auf Asphalt und Schotter sanft anstieg. Nach wenigen Metern erreichte ich einen Pfad, der steil bergauf führte. Immerhin befand sich der Weg im Schatten der Maronenbäume.
Aufgrund der Steilheit des Weges kam ich nur langsam voran. Zwischendurch machte ich zwei kurze Snackpausen und schüttelte den Staub aus den Schuhen, der sich dank des feinsandigen Untergrunds dort ansammelte.
Nach etwa drei Stunden erreichte ich den Monte Zoccolaro auf 1739m. Dort machte ich erneut eine kurze Pause und genoss die grandiose Aussicht.
Anschließend wurde der Pfad flacher, bzw. er wechselte zwischen bergauf und bergab hin- und her. Manchmal wuchsen am Rand Unmengen an Brennnesseln, sodass ich bei jedem Schritt aufpassen musste. Immer wieder gab es tolle Ausblicke auf erkaltete Lava und die Krater.
Kurze Zeit später wurde der Weg wieder deutlich steiler und zugleich technisch anspruchsvoller. Das Gefälle in Kombination mit dem fein grieseligen Untergrund machte jeden Schritt bergauf ganz besondere anstrengend. Zudem gab es immer wieder große Felsen auf dem Weg, die ich mit Zuhilfenahme der Hände erklimmen musste. Auf der Karte kam es mir vor, als würde ich gar nicht voran kommen.
Irgendwann hatte ich dann doch den Anstieg geschafft. Kurz vor einem Aussichtspunkt wurde der Weg bedeutend einfacher. Dort tummelte sich eine ganze Busladung an Touristen. Als ich mich gerade hingesetzt hatte, im einen Happen zu essen, setzen sich drei Burschen vor mich und fingen an zu rauchen. Ich brach die Pause ab und aß im Gehen weiter. Nun war der Weg breit und sehr einfach.
Er führte durch baumlose Landschaft hinunter zur Straße. Dieser musste ich nur noch kurz folgen um in der Touristenhochburg anzukommen. Ein Restaurant und ein Souvenir-Shop reihte sich am nächsten. Es gab sogar eine Seilbahn. In einem Bistro gönnte ich mir ein Stück Pizza und fragte nach Trinkwasser. Mir wurde gesagt, es gäbe hier kein Trinkwasser und ich müsste Flaschenwasser kaufen. Darauf hatte ich keine Lust. Da das Leitungswasser unauffällig schmeckte, füllte ich es trotzdem ab.
Flott entfernte ich mich von der Touristenhochburg und startete den sehr sanften Abstieg. Der SI war hier zumeist asphaltiert, aber wenig begangen. Es ging stellenweise durch Kiefernwald und dann hab es zwischendurch ganz tolle Ausblicke auf die beiden dampfenden Krater vom Monte Etna.
Blöderweise ließ ich meine Kopfhörer bei einem verschlossen Rifugio liegen und bog falsch ab. Verärgert über mich selbst lief ich zurück und sammelte die Kopfhörer wieder ein.
Nach insgesamt 23km kam ich beim Rifugio Galvarina an, ein offenes Bivacco. Hier richtete ich mich häuslich ein und machte sogar ein Kaminfeuer. Das erste Mal in meinem Leben, dass ich ein Feuer in einem Rifugio entzündete.
Gemütlicher Ausklang des Tages
Die Nacht im Bivacco war sehr angenehm. Trotzdem stellte ich meinen Wecker auf sechs Uhr, damit ich pünktlich um sieben Uhr loslaufen kann. Da es kalt war, lief ich anfangs sogar mit Handschuhen. Die zog ich zwar rasch aus, aber die lange Kleidung behielt ich an.
Erneut ging es an mehreren erkalteten Lavaströmen entlang, die von ein paar Bäumen mit knallgelbem Laub verziert wurden. Der Weg war durchgängig sehr einfach und führte kaum merklich bergab. Jede Abbiegung war markiert. Manchmal ging es auch nur an schwarzer erkalteter Lava vorbei.
Später ging es auf einem holprigen Weg mit Geröll etwas steiler bergab zu einer Asphaltstraße. Diese führte mich hinein in die Stadt Randazzo.
Dort kaufte ich beim Lidl ein, wofür ich einen kleinen Abzweig vom Trail vornehmen musste. Doch angenehm war es in der Stadt nicht wirklich, denn die vielen Autos lärmten sehr.
Ich hatte mir neben dem üblichen Resupply für die nächsten vier Tage auch drei Teile Backwaren und eine Packung Johannisbeeren gekauft. Die Johannisbeeren verschlang ich noch in Randazzo, zwei Teile der Backwaren aß ich erst, nachdem ich einige Kilometer auf einer schmalen Asphaltstraße raus aus der Stadt gelaufen war.
Ich lief in Richtung einer kargen Bergkulisse, die mich an Arizona erinnerte. Doch der Weg bog rechts ab in einen sehr schönen Mischwald, von denen viele Laubbäume mit prächtigen Herbstfarben geschmückt waren.
Mein Tagesziel nach 29km war das Rifugio Santa Maria del Bosco. Schon auf dem Weg hoch, hatten mich zwei Männer begrüßt, die dort arbeiteten. Es gibt im Rifugio einen offenen Winterraum, ausgestattet mit Holzpritschen. Angelo und Salvatore führten mich herum (es gibt dort auch eine sehr hübsche Kapelle!) und hatten bereits ein Feuer entzündet. Wir unterhielten uns sehr nett, ehe ich mich am Abend zurückzog. Da es in der Nacht zu regnen beginnen sollte, war ich sehr froh über das feste Dach über dem Kopf. Durch das Feuer war es zudem richtig warm.
Regnerischer Tag mit schönen Aussichten
Das Feuer war sogar etwas zu warm. Ich legte noch ein großes Stück nach und legte mich dann hin ohne mich zuzudecken. Das Flackern vom Feuer wirkte meditativ und irgendwann schlief ich ein. Nachts gewitterte und regnete es.
Gegen sieben machte ich mich auch diesmal auf dem Weg. Eine ganze Truppe von Arbeitern erschien zeitgleich und begrüßte mich freundlich. Ich hätte sogar noch einen Kaffee bekommen, doch ich wollte die Regenpause ausnutzen.
Der Weg führte hinab zum Alcantara-Bach, welcher von bunt gefärbten Laubbäumen eingerahmt wurde. Richtig schön sah das aus. Mehrmals blieb ich stehen, um die Aussicht zu genießen. Ich liebe den Herbst!
Bevor ich in Floresta, dem höchstgelegenem Dorf Siziliens eintraf, lief ich an einem Bauernhof vorbei. In Floresta kehrte ich für einen Latte Macchiatto in eine Bar ein und bekam von einem freundlichen älterem Herrn noch einen Müsliriegel geschenkt.
Gestärkt kehrte ich dem Dorf den Rücken. Es ging eine Weile an der wenig befahrenen Landstraße entlang, ehe der Weg auf eine schmalere Asphaltstraße abzweigte. Die führte flach oder nur sanft ansteigend an mehreren Weideflächen vorbei. Da es wenig Bäume gab, war die Weitsicht toll.
Gegen Mittag ging die Straße in eine Forststraße über und es fing an zu regnen. Es gab zwar ein paar Unterbrechungen, aber sonnig wurde es nicht mehr. Daher lief ich die ganze Zeit mit Regenmontur durch den Buchenwald, der leider nur wenig Schutz bot. Ein Großteil der Blätter lagen bereits am Boden.
Da es in der Nähe keine Unterkunft gibt, hatte ich geplant, in der Nähe vom Lago Biviere nach einem Zeltplatz zu suchen. Der See sah malerisch aus.
Auf der anderen Seite davon fand ich nach 34km einen Zeltplatz im Wald. Da es sofort anfing zu regnen, verzichtete ich auf ein Foto.
Nässe, Kälte und schwarze Schweine im Nebrodi-Nationalpark
Kurz nachdem ich mich ins Zelt verkrochen hatte, fing es an zu regnen. Irgendwann kamen Blitz und Donner dazu. Nur ganz kurz hörte es zwischendurch auf, es regnete also durchgängig.
Da es am nächsten Tag ebenfalls viel regnen sollte, startete ich sehr gemütlich in den Tag. Erst um kurt nach acht lief ich los. Es gab von Anfang an immer wieder Regenschauer und die Luft war nebelig. Der Boden war von vielen großen und kleinen Pfützen übersäht und es flossen Rinnsäle den Weg hinab. Mehrere kleine Bäche hatten sich vergrößert und mussten von mir überquert werden. Dies gelang leider nicht immer trockenen Fußes.
Es ging an einen See vorbei, doch viel sah ich davon nicht...
Ein PKW mit mehreren Nationalpark-Rangern hielt neben mir und fragte nach, ob alles in Ordnung sei. Sie empfahlen mir die Bar im Hotel Villa Miraglia. Die neun Kilometer bis dort hatte ich ohne Pause hinter mich gebracht. Dort bestellte ich einen Latte Macchiatto und man setze mir einen Stuhl direkt vor den Kamin. Kurz darauf kehrten auch die Ranger dort ein und tranken Wein. Ich bekam vom Hotel eine kleine Portion Kekse geschenkt.
Um elf machte ich mich wieder auf den Weg. Es war zwar immer noch bewölkt und nebelig, regnete aber ausnahmsweise nicht. Der weitere Weg begann als schmaler Pfad, der später in einer Forststraße mündete. An Stellen, wo die Landschaft offen war, fegte ein heftiger Wind über den Weg. Ich musste mich richtig dagegen stemmen, um nicht zur Seite gedrückt zu werden. Sobald ich wieder im Wald war, war es bedeutend besser.
Ab dann sah ich in den nächsten Stunden insgesamt acht Rotten Wildschweine. Manche "joggten" über den Weg und andere wühlten im Boden nach etwas essbarem. Manchmal konnte ich die Tiere in Ruhe beim Wühlen beobachten, bevor sie auf mich aufmerksam wurden und im Dickicht verschwanden.
Aufgrund des nassen Wetters und der Kälte, machte ich keine weiteren Pausen und wurde immer hungriger. Hin und wieder schon ich mir zwar ein paar gesalzene Nüsse in den Mund, doch sättigen tat dies nicht. Erschöpft suchte ich mir bereits um viertel nach drei einen Zeltplatz. Den fand ich abseits des Weges im Wald, der hier aus Buchen und Eichen besteht. Nachdem ich gerade daa Zelt aufgebaut hatte, fing es heftig an zu regnen. Genervt stellte ich fest, dass trotz des Nylofume-Rucksack-Liners mein Shirt für die Nacht nass geworden war. Genauso wie meine Leggins. Auch wenn ich nur 25km gewandert war, war ich froh, mich endlich im Schlafsack aufwärmen zu können.
Endlich wieder Sonne
Es hat noch die ganze Nacht geregnet und zudem blies ein starker Wind in den Baumkronen. Trotzdem konnte ich erholsam schlafen. Diesmal ging ich etwas früher los als am Tag zuvor.
Auf der sehr breiten Forststraße kam ich schnell voran. An einem Spielplatz sah ich eine Rotte Wildschweine. Dort gab es auch ein Holzunterstand - mit einem freistehendem Zelt wäre das ein super Zeltplatz gewesen. Kurz darauf sah ich erneut Schweine. Die gibt es im Nebrodi-Nationalpark offensichtlich sehr zahlreich. Diese hatten aber gelbe Markierungen in den Ohren - ob die jemandem gehören
Die Forststraße mündete in eine Landstraße, der ich kurz folgen musste. Auch hier sah ich ein paar Schweine. Kurz danach bog ich links in einen weiteren Wald ab. Zuvor sah man zwischendurch blaue Lücken zwischen dem Wolken, doch nun war es wieder nebelig. Der Wald wurde durch kleine Weideflächen für Kühe unterbrochen. Eine Wasserquelle gab es auch.
Nachdem ich sanft bergab gegangen war, betrat ich den "Bosco Tassito", den Eibenwald. Diese immergrünen Bäume mit ihren giftigen Nadeln wuchsen dort zwischen den anderen Bäumen. Alle Bäume waren am Stamm stark von Moos bewachsen - ein Zeichen dafür, dass es hier öfters nass ist.
Der Weg war breit und einfach zu gehen. Aufgrund des vielen Regens führten die Quellen viel Wasser.
Auf einer Lichtung gab es eine christliche Gedenkstätte, wo ich eine längere Pause machte und mein Zelt ein wenig trocknete. Ab und zu kam die Sonne raus und wärmte mich mit ihren zarten Strahlen. Aus einem Blumentopf, voll mit Wasser, rettete ich zwei Eidechsen. Für die dritte kam die Hilfe zu spät - sie war schon ertrunken.
Am Nachmittag ging es ein paar Höhenmeter steil bergauf. Doch der Anstieg war nicht das Problem. Der breite Weg wäre unter anderen Umständen einfach gewesen, doch durch den vielen Regen war der erdige Untergrund total matschig geworden. Oben am Sattel angekommen, hatte ich einen tollen Ausblick, doch der Weg blieb matschig. Besonders nervig waren die vielen Pfützen im XXL-Format, die ich am Rande von Brombeeren umgehen musste. Die Aussicht wurde sogar noch besser - man sah sogar den inzwischen schneebedecken Ätna.
Gegen vier Uhr kam ich an einer Passstraße an, wo aktuell eine Baustelle war. Ich hatte Sorge, dass sie mich fragen, wo ich um diese Uhrzeit noch hin möchte. Zum Glück waren die Bauarbeiter aber in einer Besprechung vertieft. Nach wenigen Metern bog ich rechts auf eine Forststraße ins Monte Sambughetti Reservat ab. Dort kam mir ein Autofahrer entgegen und fragte mich auf italienisch, wo ich hin möchte, es werde ja in einer Stunde dunkel. Zumindest ist dies der Teil, den ich verstanden hatte. Ich wimmelte ihn ab und lief flotten Schrittes weiter. Meine italienisch-Kenntnisse reichten nicht aus, um ihm zu erklären, dass ich zelten muss, weil es in der Nähe nun mal keine Unterkünfte gibt.
Der Blick auf die Karte verhieß nichts gutes - überall nur steil abfallendes Gelände. Ich suchte an mehreren Stellen, doch immer war der Untergrund zu uneben. Zwischendurch sah ich ein paar Mal die schwarzen Schweine. Erst um fünf Uhr fand ich auf einem kleinen Sattel eine ebene Stelle. Die Berge rundherum hüllten sich in Wolken - nur kurz öffneten diese sich ein wenig, um ein paar Sonnenstrahlen durchzulassen. 32.5km bin ich an dem Tag gelaufen.
Aufstieg ins schönste Dorf von Sizilien
Wie zu erwarten entwickelte sich in der Nacht eine große Menge Kondenswasser. Trotzdem konnte ich gut schlafen. In der Früh wurde ich mit einem tollen Morgenhimmel belohnt.
Diesmal startete ich den Wandertag wieder zeitig um sieben Uhr. Es ging lange Zeit flach an der Forststraße durch das bewaldete Reservat hindurch. Es war angenehm kühl, also perfekt zum Wandern. Danach ging es auf einer breiten Kiesstraße an zahlreichen Windkraftanlagen und Weideflächen für Rinder entlang. Die Aussicht war schön, aber der Weg eintönig.
Gerne hätte ich mir einen Podcast angehört, doch leider funktionieren meine Kopfhörer seit zwei Tagen nicht mehr. Dies frustrierte mich ziemlich, waren sie doch nicht mal einen Monat alt. Also ging es ohne Unterhaltung weiter.
Als ich die Windkraftanlagen hinter mir gelassen hatte, ging es viele Kilometer auf Asphalt an zahlreichen Äckern samt Bauernhäusern entlang. Da die Aussicht die ganze Zeit die gleiche war und der Weg unspektakulär, war auch dieser Teil eher langweilig. Das Dorf Gangi, konnte ich schon lange von weitem sehen.
Der SI würde eigentlich nur bis zu einer Unterkunft unterhalb von Gangi führen, doch da ich dies angesichts der Einkaufsmöglichkeiten in Gangi völlig unsinnig empfinde, hatte ich mir stattdessen eine Unterkunft im Dorf gebucht. Schließlich gab es für über 100 Kilometer keine Möglichkeit Lebensmittel einzukaufen. Allerdings war dies mit einem plus von zwei Kilometern und unzähligen Höhenmetern verbunden, denn das malerische Dorf mit seinen verwinkelten Gassen mit mittelalterlich wirkender Optik ist auf einem Berg erbaut.
Ruhetag
In Gangi gönnte ich mir den ersten Ruhetag in Sizilien. Und vermutlich wird dies auch der letzte vor dem Ende des Trails bleiben.
Da ich beim Check-In erfuhr, dass es in der Unterkunft kein WiFi gibt, aber es welches in der Gemeinde gäbe. Daniel, ein sehr hilfsbereiter Einwohner wollte mir dabei helfen. Es stellte sich aber heraus, dass es kein WiFi mehr gibt. Daniel bot mir an, stattdessen sein WiFi zu nutzen. Später fand ich dann heraus, wie ich bei meinem Telefon die Einstellungen ändern kann, sodass ich doch mobiles Internet bekomme. Daniel lud mich indessen zu einem Abendessen mit seiner Familie ein. Wie cool ist das denn? Ein richtiges sizilianisches Essen mit einer einheimischen Familie!
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