Donnerstag, 27. Oktober 2022

Sentiero Italia Etappe 8: Kalabrien Teil 3

Sentiero Italia Etappe 8: Kalabrien Teil 3


Sonnige Tage bis zum Ziel Reggio Calabria 


Serra San Bruno - Reggio di Calabria (154km & 3720hm)


Zelten im Obstgarten 

Den Ruhetag konnte ich in Ruhe genießen und dank dem sehr großen Coop-Supermarkt auch hervorragend essen. Da mein Rucksack jeden Tag Schmerzen verursachte, habe ich mich sehr viel mit Optimierungsmöglichkeiten beschäftigt. 

Entgegen meiner Planung ging es erst um neun Uhr los. Der Plan war acht Uhr. Nachdem ich die Stadt hinter mir gelassen hatte, führte der SI in ein Waldgebiet, welches direkt an Serra San Bruno angrenzt. Etwa 600 Höhenmeter ging es auf Pfaden und weichen Forststraße bergauf, vorbei an zahlreichen kleinen Bächen. 



Da ich erst spät losgelaufen war, fiel die Mittagspause mit 30 Minuten kurz aus. Das Wetter war warm und sonnig. Der weitere Weg führte über breite Forstwege angenehm mit wenigen Höhenmeter bis ins Dorf Mongiana. Vorher rastete ich noch an einer der zahlreichen Picknick-Tische. Es gab sogar eine kleine Biwakhütte, die nur mit einem Zaun verschlossen war. Dafür war es aber um vier Uhr noch zu früh. 

Unterwegs dachte ich immer wieder über eine mögliche Lösung für mein Rucksack-Problem nach. Die Hüften tun manchmal weh, da der Hüftgurt inzwischen nicht mehr komplett auf dem Beckenkamm aufliegt. Schlimmer sind jedoch die Schulterschmerzen, da das Gewicht ständig nach hinten zieht. Schob ein paar Mal war mir aufgefallen, dass es bedeutend besser ist, wenn ich die Schultergurte am unteren packe und nach vorne ziehe. Dann zieht er nämlich nicht nach hinten. Spontan nahm ich den Gürtel meiner Hose und band ihn am Rucksack fest. Anschließend verschloss ich beide Enden unterhalb der Brust und zog ihn stramm. Plötzlich zerrte kein Gewicht mehr an meinen Schultern, denn er wird nun unterhalb der Brust "gehalten". Ich variierte noch ein paar Mal die Art und Weise der Befestigung am Rucksack, bis ich die perfekte Lösung fand. Warum werden Trekking-Rucksäcke nicht serienmäßig mit so einer simplen und effektiven Konstruktion ausgestattet? 

In Mongiana waren zu meiner Enttäuschung alle Wasserhähne außer Betrieb. Kurz bevor der SI auf einem sehr schmalem Pfad das Dorf verlies, ließ ich mir von einem Einwohner Wasser geben. Er zeigte mir auch den Weg, der dank dem dichten Bewuchs mit Brombeeren und Brennnesseln trotz der Markierungen nicht immer ganz einfach zu erkennen war. Der schlimmste Brombeer-Abschnitt kam sofort danach, denn dieses dornige Gewächs hatte an einer Stelle einen Bogen entwickelt. Danach zog ich erst mal die Beine meiner Trekkinghose an. 



Kurz darauf wurde der Weg wieder breiter und führte im weiteren Verlauf an ein paar Häusern vorbei. Trotz der Nähe zur Zivilisation fand ich einen exzellenten Zeltplatz, denn ich hatte nach 28km einen verwaisten Obstgarten, der sogar einen Plastikstuhl beherbergte, entdeckt. Noch nie hatte ich so aromatische Weintrauben gegessen! Äpfel und Feigen aß ich auch, die Kiwis und Kakis waren noch nicht reif. 



Gastfreundschaft und Angriff aufs Zelt

Die Nacht war warm und ich hatte gut geschlafen. Die Wiese nebenan war nass vom Tau, doch mein Zelt blieb trocken. 

Der SI führte erneut über schmale Pfade, die teils von Brombeeren überwuchert waren. Diese Abschnitte waren zum Glück kurz, meistens waren sie schön. Selbst hinter dem Dorf Fabrizia ging es erst so weiter. 



Abschließend führte der SI, welcher hier dem Sentiero Brigante folgt, auf Forststraßen und teils schmalen Waldwegen durch Wälder, die vorwiegend aus Buchen bestanden. Da es immer nur kurz bergauf oder bergab ging, waren die Wege angenehm zu gehen. 



Trotz der späten Jahreszeit war es an dem Tag so warm, dass ich ins Schwitzen kam. Im Schatten einer großen Buche aß ich zu Mittag. 

Zwar wurden nun meine Schultern entlastet, doch da der Hüftgurt immer noch rutschte, tat es dort immer noch weh. Daher machte ich zwischendurch mehrere Pausen.

Die letzten drei Kilometer bis Villagio Limina legte ich auf Asphalt zurück. 31km bin ich an dem Tag gegangen. Dieses Dorf ist seit Jahren verlassen. Jedoch stellte sich heraus, dass Padre Damiano dort seit drei Jahren lebt. Ich durfte mein Zelt auf der großen Wiese aufstellen und wurde sogar zum Abendessen eingeladen. Da er nur italienisch sprach, fand die Kommunikation mit dem gläubigen Herrn mit Händen und Füßen statt. Der Abend war angenehm, doch als ich zu keinem Zelt zurückkehrte, erwischte ich einen Hund dabei, wie er meine Kekse fraß. Nachdem ich ihn verscheucht hatte, musste ich feststellen, dass er ein Loch ins Moskitonetz gebissen hatte. Das war viel schlimmer als der Verlust von einem Teil meiner Kekse! Mit Zahnseide flickte ich das Loch und hängte den Rucksack mit den verbliebenen Lebensmitteln an einem Baum auf. 



Schöne Waldwege


Die Nacht war windig, aber klar. Trotzdem war es warm und ich konnte irgendwann nach der anfänglichen Aufregung gut schlafen. Padre Damiano lud mich auch zum Frühstück ein. Es gab ein typisch calabresisches süßes Brot, in dem Honig eingebacken war. Und natürlich Kaffee! Sehr lecker!

Gegen acht Uhr lief ich gut gelaunt über diese außerordentlich gastfreundliche Begegnung los und kam flott voran. Nach einem kurzen Stück auf Asphalt ging es auf einen sehr gut markierten Pfad im Wald, der immer mal wieder die Straße kreuzte. Dem folgte ich lange Zeit. 



Später ging wurde der SI zwischenzeitlich höllisch anstrengend, denn es ging einen sehr schmalen, komplett von Brombeergestrüpp überwucherten Weg entlang. Da kam ich nicht ohne blutige Kratzer durch. Ich war froh, als dies vorbei war. Später kam ich an einem See mit richtigem Sandstrand vorbei. 



Danach war der Weg durchgängig breit. Da ein angenehm frischer Wind wehte, verzichtete ich Mittags auf die warme Mahlzeit. Stattdessen aß ich Müsli. Anscheinend querte ich ein verlassenes Dorf, wo nun Tiere weideten. U.a. Schweine!



Die Wege blieben überwiegend breit und waren gut zu begehen. Oftmals waren sie sogar flach, ein paar Anstiege gab es trotzdem. Ausblicke gab es nur auf weitere Wälder, nicht auf Zivilisation. Nachdem ich Piano di Zervó passiert hatte, suchte ich mir nach 37km ein flaches Plätzchen im Buchenwald. Die warme Mahlzeit holte ich dort nach. 




Herbstlicher Nationalpark Aspromonte

Die Nacht war auch diesmal warm und angenehm. Öfters waren die nächtlichen Rufe von Eulen zu hören. Direkt neben meinem Zeltplatz wuchs ein Pilz mit einer bemerkenswerten Form.


Nach einem kurzen flachen Start ging es etwa 400 Höhenmeter bergauf durch den Buchenwald. Die Beschilderung war auch diesmal herausragend gut. Teilweise waren die Wege gar nicht richtig vorhanden, aber dank der Markierungen war dies kein Problem. 



Als ich nach langer Zeit endlich mal wieder Internet hatte, buchte ich eine Unterkunft fürs den nächsten Tag in Reggio Calabria. 

Gegen zwölf Uhr traf ich zwei Herren, die mich einiges auf italienisch fragten. Ich antwortete ihnen soweit es mir mit den begrenzten Italienischkenntnissen möglich war und bekam von ihnen ein Panino geschenkt. Sie wollten mir auch, warum auch immer, ein Feuerzeug geben. Doch dies lehnte ich ab, da ich bereits eines besaß und ich die Feuerzeuge mit Rädchen nicht anzünden kann.

Mittags kochte ich mir eine warme Mahlzeit, nachdem ich 200 steile Höhenmeter erklommen hatte. Das Panino hob ich mir für den Abend auf.

Die gelborange gefärbten Buchen im National Aspromonte gefielen mir sehr. Leider gab es keine freie Sicht, aber einige sehr schöne Bäche. 



Etwa um 16 Uhr kam ich im Örtchen Gambarie an, wo ich bloß schnell etwas Schokolade in einer Bar kaufte. Denn anscheinend wollte ich noch acht Kilometern auf Asphalt hinter mich bringen. Der harte Boden war anstrengende für die Füße, aber auch hier waren der bunte Laub allgegenwärtig. 



Kurz bevor ich den Asphalt verlassen sollte, bog ich aus Hektik falsch ab. Da ich sah, dass ich kurz darauf auf den Weg zurück kommen müsste, lief ich weiter. Doch plötzlich tauchte eine Schafsherde rechts unterhalb vom Weg auf. Die Herdenschutzhunde sahen mich erst, als ich schon ein Stück weiter weg waren, kamen mir aber doch kläffend hinterher. Und ich dachte, es käme keine mehr...

Etwas später fand ich ein ganz kleines Lorbeerwäldchen, wo ich nach etwas suchen ein Plätzchen fand. 35km hatte ich an dem Tag geschafft. 


Mediterraner Abstieg nach Reggio Calabria 


Am Abend wurden die Schafe eine Wiese weitergetrieben, sodass sie nun näher an meinem Zeltplatz waren. Insbesondere die Hunde bellten selbst mitten in der Nacht sehr viel. Der Schlaf war deshalb weniger erholsam als in den anderen Nächten. 



Ohne Frühstück lief ich los. Es ging zunächst durch einen trockenes, von Lorbeerbäumen dominiertes Waldstück, bis ich an der Asphaltstraße ankam. Dieser folgte ich, machte aber zwischendurch eine Frühstückspause. 

Im weiteren Verlauf wechselte ich immer wieder zwischen Straße und einem schmalen Pfad hin- und her. Umso tiefer ich kam, umso größer wurde der Pfadanteil. Die ganze Zeit hatte ich dabei einen fantastischen Ausblick aufs Meer und Sizilien. 



Die Flora war ganz anders als an den Tagen zuvor, statt Buchen wuchsen hier Korkeichen und Kakteen. Die Landschaft war inzwischen richtig trocken und mediterran. 




Als ich tiefer kam, wurde auch die große Stadt Reggio Calabria sichtbar. Der sandige Pfad führte bis in die Stadt hinein. Dort lief ich die letzten Höhenmeter bergab bis zur Promenade am Mittelmeer. Das Festland habe ich erfolgreich gemeistert! Yeah! 



Anschließend lief ich weiter zum Hauptbahnhof um zu meinem B&B zu fahren. Jedoch bekam ich an der richtigen Haltestelle die Tür nicht auf und fuhr unfreiwillig eine Station weiter. So musste ich zusätzlich zu den 20km bis zur Promenade noch ein paar Extra-Kilometer laufen.

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