Tynset bis Røros
Von Hütte zu Hütte wandern
07.07.2023 Beinahe-Nearo
Da ich diesmal nur eine kurze Etappe vorhatte, startete ich erst um halb zehn, nachdem ich noch telefoniert und zum zweiten Mal eingekauft hatte. Denn ich wollte nämlich auch etwas frisches fürs Mittagessen haben und daher kaufte 2 Avocados und eine Zwiebel.
Anfangs schaute ich oft aufs Handy, um aus der Stadt herauszufinden. Sobald der DNT-Weg begann, wurde es einfacher, denn die Markierungen waren sehr gut. Zunächst lief ich noch auf einem breiten Weg, der teils mit Gras bewachsen war. Entgegen der Wettervorhersage (heute kein Niederschlag) fing es an zu nieseln, aber nur kurz.
Der Weg wechselte zu einem Pfad, der durch den nordischen Urwald führte. Relativ steil hing es bergauf zum Gipfel Bratthøia mit seinem flachen Profil.
Als zwischenzeitlich die Sonne durch kam, sah die Landschaft noch schöner aus. Nach einer Pause am Gipfel fing es direkt an zu regnen. Da der Regen diesmal stärker war, zog ich auch die Regenkleidung an. Schon bald konnte ich sie wieder ausziehen.
Es gibg nur ganz kurz herab, die nächste Stunde war es überwiegend flach und einfach zu gehen. Das Gewicht am Rücken nervte mich jedoch und zog die Stimmung nach unten. "Wie soll das erst werden, wenn ich Lebensmittel für mehr als 7 Tage tragen muss?" zweifelte ich an meinen Fähigkeiten als Langstreckenwandererin. Dabei sollte es mir doch unterwegs eigentlich gut gehen, oder?! Ich zog die innere Reißleine und fing an Musik zu hören. Quasi schlagartig fühlte sich der Rucksack ein wenig leichter an und das Gehen ging wie von selbst. Dann fing es erneut an zu regnen. Doch ich hatte keinerlei Lust dazu aus dem Flow rauszukommen und verzichtete darauf, die Regenjacke anzuziehen. "Der Regen hört eh gleich wieder auf" dachte ich mir. Das tat er jedoch nicht und irgendwann zog ich doch noch die Regenjacke an.
Herab ging es erneut durch dichten Wald, wo der Weg immer mal wieder durch hoch gewachsene Pflanzen verdeckt wurde. Ein wenig schauen muss man da schon, um ihn zu finden. Die Fliegen, von denen Stefan und Simone berichtet hatten, tauchten erst am Abzweig zur Knausen auf, jedoch bloß etwa 50. Ein paar Meter noch und ich hatte es für heute geschafft. Um 14 Uhr kam ich nach 15km an.
Diese Hütte ist mit ihrem bewachsenem Dach, dem bequemen Sofa und den weichen Betten (wie viele andere auch) eine wahre Perle.
Dort stand das Weitwander-Erholungs-Programm an: Essen, Socken waschen und trocken, Essen und Lesen. Und noch mehr essen ;)
08.07.2023 Sonnige Fjellwüste
Da das Abendessen dann doch zu viel war, gab es halt Linsencurry zum Frühstück. Dies stellte sich als überraschend sättigend heraus.
Von den anderen NPLern wusste ich, dass diesmal ein sehr steiler Anstieg bevor steht. Zunächst ging es aber bergab, bis der Weg eine Forststraße kreuzte. Hier begann der Anstieg durch den Wald, der nach und nach immerhin steiler wurde. Ungefähr 500hm waren auf diese Art zu bewältigen.
Der Weg erinnerte mehr an Anstiege in den Alpen, denn in Skandinavien. Ich war heilfroh, als diese Qual ein Ende hatte und benötige erst mal eine kurze Pause.
Im weiteren Verlauf wurde der Weg wieder angenehmer und dank dem sonnigen Wetter reichte die Sicht ewig weit. Richtig schön, hier oben!
Anschluss führte der Pfad sanft bergab in einen lichten Fjellbirkenwald. Die Markierungen waren richtig gut und die Bäche überbrückt. Beim Versuch meine Füße zu lüften, versuchten drei Mücken ihr Glück und mussten den Stich mit ihrem Leben bezahlen. 😉
Hinter einem Bauernhof schaute ich schaute ich penibel aufs Smartphone, denn laut Norgeskart soll es eine Abkürzung geben, bei der man den Schlenker zur Raudsjodalen auslässt. Der Weg ging bei einem Wegweiser ab, war aber selbst nicht ausgezeichnet. Man konnte ihn aber erkennen, da eine breite Spur sich farbig leicht von der Umgebung abhob. Dieser folgte ich und war im Endeffekt sehr froh drum, denn er war zwar nicht markiert und teils nicht immer erkennbar, aber es lief sich auf dem trockenen Untergrund richtig gut. Bei jedem Schritt knackste es. Ab und zu gab es mehr oder weniger auffällige Steinhäufen am Wegesrand.
Generell war die Gegend an diesem Tag überraschend trocken. Zusammen mit den niedrigen Büschen und den gelben Flechten, erinnert die Landschaft optisch leicht an eine Halbwüste.
Bei einer Ansammlung von drei Hütten mündete mein Schleichweg in den DNT-Weg. Kurz darauf verschlechterte sich der Wegzustand zwischenzeitlich deutlich, denn kniehohes Gestrüpp hatte den Pfad überwuchert. Irgendwann wurde es zum Glück besser und ich kam auch wieder flotter vorran.
Eigentlich ging ich davon aus, dass an einem Samstag bei solch bombastischen Wetter etwas mehr los wäre, aber ich traf den ganzen Tag keinen Menschen. Verrückt!
Stattdessen traf ich eine Herde Kühe an. Ich ignorierte sie so gut es ging, doch die Herde war sehr neugierig und folgte mir tatsächlich eine ganze Weile. Etwa 2km schätze ich. Etwas unheimlich war das schon, jedoch war ich durch den Blog von Daniel Koch bereits vorbereitet und wusste, sie werden mir wohl nicht bis zum Nordkapp folgen.
Mit kleineren Pausen folgte ich dem Weg, der nun nur noch wenig Steigung aufwies, bis ich plötzlich bemerkte, dass ich nicht mehr auf dem Weg war, denn ich gehen wollte. Offenbar war ich falsch abgebogen, auch wenn ich den Markierungen gefolgt bin. Jedoch wollte ich zur Risbekkbua, wo der DNT-Weg offensichtlich nicht lang führt. Kurzerhand lief ich querfeldein den Hang entlang. Ganz schön anstrengend, sag ich euch! Manchmal hatte ich das Gefühl auf einer Hüpfburg unterwegs zu sein, so sehr federte der trockene Untergrund. Als ich auf dem "richtigen" Weg angekommen war, musste ich ihm nur noch ein Stück über sumpfige Flächen mit unreifen Moltebeeren und Wollgras folgen, bis ich die Risbekkbua erreichte. Diese offene Hütte bietet drei Betten und verfügen sogar über einen Ofen. Diesen brauchte ich bei dem Traumwetter aber gar nicht. Die nassen Socken und Schuhe ließ ich einfach in der Sonne trocknen. 🌞
09.07.2023 Hitze
Ich verbrachte den ganzen Abend in der kleinen Hütte, auch wenn es draußen sehr schön gewesen wäre. Leider feierten die Kriebelmücken eine Party und an der wollte ich nicht teilhaben.
Schon vor acht kam ich los und es war von Beginn an warm. Nach rund einer Stunde bergab durch den nassen Birkenwald kam ich in Hodalen an, ließ aber die Hütte links liegen. Für die lange Hose war es heute zu warm, also zog ich diese aus und ließ nur die Shorts an. Da es noch eine ganze Weile durch bewaldetes Gebiet gehen sollte, cremte ich Beine, Arme und Gesicht mit Deet ein. Sicher ist sicher.
Es ging zwar bergauf, aber so sanft, dass ich davon nichts merkte. Hier unten blühten die Blumenwiesen und der Trampelpfad war meistens trotzdem gut sichtbar.
Endlich im Fjell angekommen, freute ich mich auf ein Bad im See Butjønna, den ich auf der Karte erspäht hatte. Doch vorher bog ich falsch ab. Ich wundere mich schon, wieso es so steil bergauf geht... Dann bemerkte ich den Fehler und kehrte um. Am See angekommen fand ich daneben eine Hütte mit einem öffentlich zugänglichen Raum. Es gab sogar Solarstrom. Super für eine Pause! Doch zuerst erfrischte ich mich im kalten Bergsee. Das Wasser war echt kalt, lange hielt ich es nicht aus.
Bergab war der Pfad ebenfalls einfach zu gehen. Schneller als gedacht kam ich an der Narjordet Hütte an. Dort warf ich einen Blick ins Hüttenbuch (wer war da, den ich kenne?) und setzte mich kurz draußen hin. Zum übernachten war es mir noch zu früh am Tag. Solange das Wetter so schön ist, möchte ich vorwärts kommen.
Dann ging es auf der Schotterstraße und anschließend zunächst auf der Asphalt weiter. Mit der Asphaltstraße konnte ich den DNT-Weg ein klein wenig abkürzen. Dabei ging es an einer Huskyfarm vorbei, wo ich mit lautem Gebell begrüßt wurde.
Inzwischen war mir wieder so warm, dass ich mir einen weiteren See herbei wünschte. Stattdessen ging es durch den zum teilweisen schattigen Wald leicht bergauf. Mir kamen sogar mal ein paar Leute entgegen!
Endlich hatte ich die Baumgrenze erreicht! Kurz unterhalb der höchsten Stelle entdeckte ich unerwartet eine einfache kleine Schutzhütte, die Bredalsli-bua. Eigentlich hätte ich noch den ein oder anderen Kilometer weiterlaufen wollen, doch die Hütte war einfach zu verlockend. Und der Ausblick hier oben gefiel mir sehr.
10.07.2023 Resupply in Røros
Ich hinterließ die Hütte am nächsten morgen fast genauso wie vorher. Nämlich etwas sauberer, da bei meiner Ankunft etwas Dreck auf dem Boden lag.
Diesmal nahm ich nicht den geplanten Weg, sondern den DNT-Weg, um es mir einfacher zu machen. Dieser führte deutlicher weiter östlich und das Fjell bot auch heute fantastische Ausblicke.
Schon von Beginn an war es so warm, dass ich in kurzer Bekleidung laufen konnte. Naja eher musste. Selbst in der Hütte war es die ganze Nacht über warm geblieben und das ohne ein Feuer zu entzünden.
Irgendwann als es Richtung Waldgrenze ging, verlor ich den DNT-Weg. Hier rund un Røros gibt es nämlich etwa 1000 Wege und hier den richtigen bei jeder Kreuzung zu erwischen ist nicht einfach.
Noch ein Stück über eine Forststraße und durch ein Neubaugebiet und schon kam ich nach 3 Stunden und rund 12km in Røros an.
Der erste Supermarkt, den ich fand war der Extra. Ein Herr sprach mich an und fragte, wohin ich gehe. Ich antwortete, dass ich zum Nordkapp gehe. Er wünschte mir viel Glück und schenkte mir ein Eis. Vielen Dank lieber Unbekannter!
Im Extra kaufte ich den Großteil für meine nächste Etappe bis Storlien von 6-7 Tagen ein. Nur rote Linsen konnte ich nicht finden. Eine Nachfrage beim Personal ergab, dass sie die tatsächlich nicht haben. Rote Linsen brauchen zwar etwas länger als Eiernudeln, sind aber sättigend und zudem gesund. In Kiwi wurde ich schließlich fündig und konnte meinen Resupply abschließen.
Eingekauft habe ich:
- Schokolade
- 500g rote Linsen
- 250g Mie-Nudeln
- eine Packung Kekse
- 5 Schokomuffins
- 1 Apfel
- 1 Limette
- 2 Packungen geriebenen Käse
- 200g Knäckebrot mit sehr hohem Anteil von Saaten
- 350g Erdnussbutter
- 2 Packungen Toro Fertiggewürzmischungen Thai-Art
- Erdnüss
- Cashews
- eine Packung Müslimischung
- eine Packung Tortilla Chips
Eigentlich wollte ich noch ein wenig die Stadt erkunden. Die Sache hat jedoch einen Haken: mit einem schweren Trekking-Rucksack macht das überhaupt keinen Spaß! Stattdessen gönnte ich mir im Mega-Coop einen Salat von der Salatbar, ehe ich meine Wanderung fortsetzte.
GPS-Track: Klick
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