GPT 38 Glacier Chico
Auf Gletscherschau
31.01.2025 Endlich wieder gute Wanderwege!
Entgegen aller anderen auf dem Campingplatz ging oder fuhr ich nicht zur chilenischen Grenzbehörde, sondern entschied mich für eine Variante, wo diese umgangen wird. Früher konnte man noch den Ausreisestempel holen und in Ruhe ein paar Tage wandern und ein paar Tage später in Argentinien auftauchen. Heutzutage soll die Grenzquerung in 24 Stunden erfolgen. Daher ließ ich einen Teil meines Versorgungspakets am Campingplatz zurück.
Die Variante:
Der Weg spuckte mich an der Schotterstraße aus, wo mir zahlreiche Radfahrer begegneten. Diese Route ist unter Radreisenden nämlich sehr beliebt. Nach etwa einer Stunde auf der öden Straße, erreichte ich den Abzweig zum Wanderweg. Dieser war von Beginn an in überwiegend gutem Zustand und hin und wieder waren sogar Markierungen vorhanden. Steil ging es durch den Wald bergauf. In der Höhe wurde der Bewuchs kahler und es wehte ein kalter Wind. Patagonien halt.
Landschaftlich gefiel mir die karge Berglandschaft mit den kleinen Wäldern richtig gut. Trotz der vielen Höhenmeter war ich bedeutend flotter als noch auf der Peninsula La Florida. Auch die nassen Wiesen ließen sich trockenen Fußes queren, nach langer Zeit mal ein Wandertag ohne nasse Schuhe und Socken. Das einzig nervige war der penetrante starke Wind von vorne.
Als ich in den Abstieg gelangte, taten sich vor mir eine extrem geile Aussicht auf den Glacier Chico auf:
Erst bergab war der Trail zum Schluss für ein kurzes Stück zugewachsen. Ich überlegte, ob ich noch heute versuchen sollte zur Peninsula La Carmela überzusetzen oder erst morgen. Dazu braucht man die Hilfe von dem Siedler Don Lucho, der den Service normalerweise vor 7am oder nach 7pm anbietet. Ich war hin- und hergerissen, doch 7pm war noch zweieinhalb Stunden entfernt. Daher entschied ich mich heute erst in Richtung Glacier Chico Viewpoint zu starten und es morgen Abend zu probieren.
Dieser Wanderweg hat sogar Markierungen und wird mit einer alten Infotafel beworben. Es lief sich auch hier gut, doch ich spürte immer noch die Müdigkeit der letzten Tage und wollte mir schon um 18 Uhr einen Zeltplatz suchen. Es dauerte etwas, denn aufgrund des Windes, wollte ich nicht exponiert zelten. Auch diesmal fand ich eine gute Stelle zwischen Bäumen. In der Nähe fand ich sogar einen Viewpoint, doch der Wind war so eiskalt, dass ich es nicht lange aushielt.
01.02.2025 Unerwartete Begegnung
Die Nacht verlief unspektakulär, auch wenn mich um 7:15 Uhr ein vorbei laufendes Pferd weckte. Der Trail blieb überwiegend in einem guten Zustand. Manchmal war er etwas überwachsen, aber nie zu sehr. Manchmal war die Überquerung von den vielen kleinen Bächen nicht immer einfach und ein großes Sumpfgebiet umlief ich lieber an anderer Stelle. Im großen und ganzen machte es viel Spaß hier zu wandern.
Sumpfgebiet:
Als es durch einen toten Wald ging, war die Orientierung manchmal schwieriger:
Als ich mich dem Aussichtspunkt näherte, fing es leicht an zu regnen. Der letzte Teil war besonders einfach. Dann kam ich zum Mirador und war trotz des schlechten Wetters (regnerisch, kalt, windig) erstaunt. Richtig geil war die Aussicht von oben auf die mächtige Zunge vom Glacier Chico! Am liebsten hätte ich dort eine längere Mittagspause verbracht, doch dazu war es zu ungemütlich.
Vitamine to go:
Im Lago Chico schwimmen Eisbrocken:
Als ich auf dem Rückweg den größten Teil geschafft hatte, sah ich in der Ferne etwas rotes. Da mir aber niemand entgegen kam, ging ich davon aus, dass ich mich getäuscht hatte. Erst später sah ich plötzlich zwei Wanderer vor mir. Es stellte sich heraus, dass Anna und Josef auch aus Deutschland kommen und ein paar Etappen vom GPT gehen. Noch lustiger war allerdings, dass sie auch Arno bereits kannten! Klein ist die Welt.
Auch die beiden wollten auf die Halbinsel La Carmela rüber und hatten sogar das Glück heute einen der Siedler der anderen Seite getroffen zu haben. Ein Boot für acht Uhr war bereits ausgemacht und so schloss ich mich ihnen spontan an, anstatt noch heute Abend die Querung per Bootsfähre zu versuchen. Gemeinsam zelteten wir auf einer Lichtung etwas abseits eines Puestos und beschlossen am nächsten Morgen gemeinsam zum Startpunkt der Fähre zu wandern.
02.02.2025 Zum Mirador Glaciar O'Higgins
Wie vorhergesagt regnete es in der Nacht sehr viel. Auch in der Früh gab es noch einige Schauer, die nicht gerade motivierend waren. Naja, aber da wir um acht Uhr am gegenüber vom Haus von Don Lucho sein wollten, mussten wir dann doch los. Zum Glück hatte es gerade aufgehört. Anna und Josef ließen das Zelt stehen, ich fühlte mich bei dem Gedanken nicht wohl und packte es nass ein.
Der Pfad bis zum Fluss zwischen Lago Chico und Lago O'Higgins war sehr einfach und flach. Pünktlich kamen wir an und David, der Sohn von Don Lucho sah uns und ruderte mit einem verblichenen Holzboot auf die andere Seite. Schnell waren wir drüben und zahlten die 20.000 Pesos für die Hin- und Rückfahrt. Ein stolzer Preis für so eine kurze Fahrt könnte man meinen, aber das war harte Arbeit und die Bezahlung gerechtfertigt. Uns wurde der Weg gezeigt und los gings.
Steil durch den Buchenwald bergauf und schon fing es wieder an zu gießen. Der Trail war vergleichsweise breit und einfach. Nur die vielen Viehpfade können irren, daher prüfte ich das GPS regelmäßig. Auf dem Kamm auf ca. 890m änderte sich das Landschaftsbild: der Wald wurde weniger und trockener karger Bewuchs wechselte sich mit kleinen Moorgebieten ab. Durch den vielen Regen war der Trail oftmals matschig.
Wir staunten alle nicht schlecht, als der Gletscher O'Higgins zum ersten Mal zu sehen war. Richtig schön bläulich und imposant sieht er aus!
Nie war der Weg schwer, manchmal folgten wir aus Versehen dem auf dem GPS angezeigtem Weg nicht immer und liefen querfeldein zurück zu ihm. Für die Panoramen auf den Lago O'Higgins mit den vielen Eisschollen lohnte es sich!
Das letzte Stück führte über eine Fjellähnliche Landschaft mit kargem und niedrigem Bewuchs. Traumhaft sah es aus!
Dann erreichten wir den Mirador, wo der Wind extra stark pfiff. Grandios, imposant, ein Naturwunder: es ist schwer zu beschreiben, wie schön die Gletscherzunge ist, man muss es selbst gesehen haben! Der Aufwand lohnte sich auf jeden Fall, da waren wir uns einig.
Eigentlich könnten die Siedler ihre Halbinsel touristisch mehr vermarkten, das Potenzial ist groß und die Wege sind bereits vorhanden. Es ist nur noch zu unbekannt, bräuchte mehr Wegmarkierungen und es bräuchte klare Angaben, wann es den Bootsservice gibt.
Der Weg zurück lief sich deutlich schneller. Es war vom Wetter her so kalt und ungemütlich, dass ich zur Hälfte mit zwei Pullovern plus Regenjacke lief. Die Regenhose hatte ich auch ständig an, ebenso Handschuhe. Regen, Wind, ein paar Sonnenstrahlen und sogar Schneeflocken. Typisch patagonisches Wetter.
Kurz vor Schluss blieb ich mit dem rechten Fuß an einem Ast hängen und flog der Länge nach hin. Autsch, das tat weh! Vorsichtig und langsam ging es weiter, mein Knie tat nun etwas weh.
Don Lucho sah uns kommen. Wir hatten uns unterwegs einige Gedanken gemacht, wovon sich die zwei ernähren. Und auch wie es auf so einem einsamen Fleck Land mit der Partnersuche aussieht. Zumindest die Frage nach der Verpflegung konnten wir erfragen. Es werden z.B. Kartoffeln, Zwiebeln und Kirschen angebaut. Zudem gibt es Hühner, Schafe, Pferde und Rinder. Für Fleisch und Eier ist gesorgt, Milchprodukte gibt es hingegen nicht. Nur einmal pro Jahr gehen sie einkaufen. Nur einmal!!
Wir wurden übergesetzt und liefen das restliche Stück bis zum Camp in einem kräftigen Regenschauer. Die beiden hatten eine schlaue Wahl getroffen, als sie die Campingausrüstung dagelassen hatten. Ich musste mein Zelt erneut aufbauen, mit kalten Fingern und nassen Füßen. Es dauerte, bis alles fertig war. Eine Wohltat endlich ins warme zu kommen!
03.02.2025 Zurück nach Candelario Mansilla
Sowohl ich als auch Anna und Josef wollten als Rückweg den gleichen Weg wählen, wie an Tag 1. Wir starteten gemeinsam, da ich den beiden bei der Navigation durch den teilweise zugewachsenen Teil unterstützen wollte. Es schien mir, als hätten sie die GPX-Tracks noch nicht und wären mit der Navigation überfordert. Es klappte ganz gut und sobald der bessere Weg erreicht war, lief ich alleine weiter, denn ich war doch deutlich schneller.
Flott hatte ich das flache Plateau erreicht und wanderte erfreut vor mich hin. Mit den angezuckerten Berggipfeln war es diesmal sogar noch schöner.
Nur die vielen sumpfigen Stellen nervten. Durch den vielen Regen waren diese natürlich auch nicht trockener geworden.
Bergab lief sich auch das Straßenstück schneller. Auf dem Trail zurück zum Campingplatz verlief ich mich allerdings einmal. Der Blick auf den See war mit Sonnenschein sehr schön.
Ich war die einzige Camperin auf dem Campingplatz. Da es sich nicht lohnt für nur eine Person die Außendusche anzuheizen, durfte ich drinnen duschen. Angenehmer war das sowieso. Leider fand ich das erst heraus, nachdem ich in der Kälte draußen unter der Dusche stand und nur kaltes Wasser kam. Zur Belohnung gönnte ich mir ein Sandwich und einen heißen Tee, serviert von der Gastfamilie. Das schönste war aber das Telefonat mit meinem Mann!
04.02.2025 Grenzübertritt
Am nächsten Tag nahm ich das Taxi von Ricardo und ließ mich zusammen mit drei anderen Reisenden zur argentinischen Grenze fahren. Von dort musste ich noch eine Stunde bis zu den argentinischen Carabinieros gehen.
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