Samstag, 6. August 2022

Sentiero Italia Toskana und Emilia Romagna Teil 2

 

Toskana & Emilia Romagna Teil 2 


Pracchia - Bocca Trabaria (209 km & 8040 hm bergauf)


Wie geht es jetzt in diesen beiden Provinzen weiter? Alpin wie in den letzten Tagen oder doch eher lieblich? Auf jeden Fall macht die Wettervorhersage Mut, denn für Sonntag ist Regen vorhergesagt. Dies ist im italienischen Sommer etwas gutes, wo es doch sonst oft viel zu warm ist. Mal sehen ob es tatsächlich regnen wird...

Pfade im Wald


Anfangs hatte ich die Idee, den Trail mit einem dünnen Kunstfaser T-Shirt zu gehen. Was im nördlichen Arizona noch gut funktioniert hatte, funktionierte in Italien weniger. Sehr schnell entwickelte sich ein für mein Empfinden zu unangenehmer Geruch. Meinen halben Ruhetag in Pistoia verbrachte ich daher damit mit der Bahn nach Prato zu fahren um dort im drei km entfernten Decathlon ein Merino-Shirt zu kaufen. 

In Pistoia war es mit 36 Grad dermaßen heiß, dass ich sehr froh war endlich wieder in den Bergen zu sein. In Pracchia war es gleich angenehmer. Der Wetterbericht hatte Gewitter angekündigt. Am Himmel waren schon ein paar Wolken zu sehen. 

Kurz nach dem Start sollte der Forstweg, durch einen Hangrutsch zerstört sein. Das war er auch, zumindest für PKWs. Für Wanderer schlängelte sich links am Rand ein wunderbarer Pfad entlang. 



Das angekündigte Gewitter war zwar zu hören, aber weiter weg. Die meiste Zeit führte der SI hier über Forststraßen oder breite Waldwege bis zur Cascina di Spedaletto. Schon auf dem Weg dorthin war die Straße total zugeparkt. Dort angekommen war es rappelvoll. Unzählige Bierbänke waren aufgestellt und auch alle besetzt. Auf den Wiesen rund herum saßen Menschen auf Klappstühlen. Nachdem ich nach dem Wasserhahn gefragt und mein Wasser aufgefüllt hatte, zog es mich weiter. 

Natürlich ging es zuerst steil bergauf. Eine Zeit lang begegneten mir noch einige Spaziergänger. Blöderweise verlief ich mich an dem Tag ein paar Mal. Man sollte schon wissen, welches der auf den Schildern genannten Ziele auf dem eigenen Weg liegen. Zumeist führten beste Pfade durch den Wald sanft auf und ab. Sehr angenehm zu gehen. Hin und wieder hatte man Aussicht auf die umliegenden bewaldeten Berge.





Später am Abend sah ich noch ein Reh und auch ein Wildschwein. Erst um 21 Uhr suchte ich mir nach 32km einen Zeltplatz. Da ich wenig flache Stellen fand, musste ich ein paar kleine Brombeeren entfernen.  Schließlich möchte ich keine Löcher im Zeltboden haben. In der Nacht war es ziemlich windig und in einiger Entfernung gewitterte es. 

Endlich Regen


Am nächsten Morgen war es schon windig und bewölkt. Schon sehr bald begann es zu gewittern. Es regnete zwar, aber der Regen drang nur schwach durch die dichten Baumkronen. 


Der Pfad war weiterhin schön und ließ auch manche Weitblicke zu. Bevor der Weg mich zurück in die Zivilisation führte, sah ich noch eine Wildsau mit ihren Frischlingen durchs Unterholz huschen. Als ich um etwa zehn Uhr im Dorf Montepiano ankam, hatte es bereits aufgehört zu regnen. Dort kaufte ich im Minimarkt noch ein paar Lebensmittel ein. Die Auswahl war nicht sehr groß, aber ich bekam Knäckebrot, Erdnüsse und Kekse. Natürlich nutze ich auch die Gelegenheit etwas Obst zu ergattern. Zusammen mit einem in der Bäckerei gekauften Pizzastück aß ich beides, bevor es weiterging. Nebenan war eine Kirche, aber der Steckdosen-Trick, den Christine Thürmer empfiehlt, funktionierte nicht. Es war kein Strom drauf. 



Anschließend führte der SI zuerst schön über einen schmalen Pfad, mündete dann aber in einer Forststraße. Der weitere Verlauf bis Passo della Futa war daher eher eintönig. Dort angekommen konnte ich meinen Wasservorrat in einer öffentlichen Toilette, die zu einem deutschen Soldatenfriedhof gehört, auffüllen. Öffentliche Toiletten sind in Italien sehr selten. 

Der weitere Verlauf folgte einige Kilometer der "via degli dei". Dieser Weg scheint viel begangen, denn mir begegnen Herrscharen an Wanderern mit großen Rucksäcken. Der Weg bot Blicke auf die umliegenden Hügel und die vielen Ortschaften, die in der Nähe waren. Dennoch war er anstrengend, da die An- und Abstiege sehr steil waren. 




Als ich die "via degli dei" verlies, war ich wieder alleine. Gegen Abend führte es mich durch dichten Buchenwald, wo ich zuerst mein Zelt aufstellen wollte. Doch es gelang mir nicht alle Heringe fest im Boden zu verankern, da der Boden hier sehr weich war. Kurz dahinter fand ich nach 33km eine sehr schöne Stelle, wenige Meter neben einem Aussichtspunkt. 



In der Nacht gewitterte es und regnete. Die Buchen boten guten Windschutz.




Ein langer Lauftag


Morgens hatte es zwar aufgehört zu regnen, aber die Wege waren noch feucht und teilweise hing Nebel in den Bergen. Mir gefiel die mystische Stimmung, die dadurch entstand. 




Als ich am Passo del Giogo ankam, klarte es langsam auf. Hinter der Passstraße verlief der Weg über eine breite, aber angenehm zu gehende Forststraße. Schnell kam ich voran, nachdem ich mir eine Pause auf einer der dort zahlreichen Bänke gegönnt hatte. Vor dem Ende der Etappe füllte ich meinen Wasservorrat an einer sehr guten Quelle auf. 



Den kurzen Umweg zum Rifugio Valdiccoli sparte ich mir und startete die nächste Etappe bis Eremo dei Toschi. Zuerst führte der Weg über einen teilweise überwucherten Pfad, der bis zu einer Straße führte. Dieser musste ich nur kurz folgen. Bei einer Bar kaufte ich mir einen Twix.

Der folgende Verlauf führte über schmale Pfade, die über den Bergkamm führten. Im Schatten von hohen Bäumen verbrachte ich eine erholsame Mittagspause. Später war der Pfad immer mal wieder mit mannshohen Farnen überwuchert. Da Farne aber nicht stachelig sind, war dies nicht sehr störend. 



Später mündete der Pfad in einem breiten Wanderweg, in dessen Nähe ich nach 35km einen Zeltplatz fand. So viele Kilometer hatte ich bisher auf dem SI noch nicht geschafft. Dabei kam es mir diesmal gar nicht so schwer vor. Entweder der Weg war so einfach oder ich werde tatsächlich fitter. Ich hoffe letzteres trifft zu. 

Ein kurzer Tag mit vielen Pausen 

Die Nacht hatte ich irgendwie unruhig geschlafen und schlecht geträumt. Warum auch immer. Müde lief ich los. Der Weg führte zuerst überwiegend bergab bis zur Eremo dei Toschi, einer Farm. Dort konnte ich an einem Wasserhahn meinen Wasservorrat auffüllen und begegnete dem ersten Dackel auf dem SI. Ich hatte mir vorgenommen die Dackel on trail zu zählen. Nr. 1 ließ sich nach anfänglichem Gekläffe von mir streicheln. 


Heute hatte ich Lust irgendwo einzukehren. Das gestaltete sich bisher aufgrund der zivilisationsfernen Wegführung nicht ganz leicht. Auf meiner Karte war eine "Osteria Nova" eingezeichnet. Ich lief einen kurzen Umweg auf einer Asphaltstraße dorthin, doch alle Häuser dort waren verammelt. Mist! Ich lief zurück und nachdem ich mich mit knurrendem Magen etwa 200hm bergauf geschleppt über einen Serpentinenpfad hatte, machte ich erstmal eine Pause und aß unzählige Kekse. Trotzdem war ich noch hungrig. Auf der Forststraße, in die der Pfad gemündet war, kam ich schnell voran. Ein Schild wies den Passo Muraglione aus. Dort tümmelten sich einige Motorradfahrer. In der örtlichen Bar gab es eine reichliche Auswahl. Ich bestellte ein Pizzastück, ein Panini mit Tomate Mozzarella und eine Flasche Wasser. Erst hinterher sah ich wie riesig die dortigen Panini (eine Art ital. Sandwich) sind. Egal. Thruhiker können sich sowas gönnen! Nebenbei lud mein Smartphone auf. In der Bar waren die Wände mit Fotos von Motorradrennfahrern gepflastert. Trotzdem war es nicht annähernd so laut wie am Passo della Cisa. 

Zur Mittagszeit machte ich mich auf den Weg, der sehr aussichtsreich am Hang entlang führte. Richtig schön! 



Später endete der aussichtsreiche Weg und mündete in einer Forststraße. Diese war aber nicht zu breit und gut zu gehen. Als ich nach einer Stunde einen Picknick-Tisch erspähte, ließ ich mich nieder. Der volle Magen verlangte nach einer Verdauungspause. 

Später führte der Weg abschnittsweise erneute aus über einen schmalen baumbewachsenen Bergrücken und bot immer wieder grandiose Ausblicke.



Zurück auf der Forststraße entdeckte ich um 16 Uhr eine kleine Biwakhütte. Sie sah gut aus, obwohl sie einfach eingerichtet war. Innen befand sich ein Ofen, ein großer Tisch und mehrere Bänke aus Holz. Die verglaste Holztür wirkte neu. Ich entschloss hier zu bleiben, obwohl ich erst 20.5km gelaufen war. Aber da ich für den 12.8 angekündigt hatte in Varghereto auf dem Campingplatz zu übernachten und es bis dahin ohnehin nur noch rund 45km waren, war ich ohnehin schon zu schnell. Den Nachmittag und Abend relaxte ich draußen, bevor ich mich um 21 Uhr schlafen legte. Dazu hatte ich zwei Bänke zusammen geschoben. 




Ein kühler Tag

Ich hatte in der Hütte sehr gut geschlafen. Der Himmel am nächsten Morgen war bewölkt, doch die Nacht war trocken geblieben. Der 500hm Anstieg ließ sich in der kühlen Morgenluft leicht bewältigen. Eine Wasserquelle war auch schnell gefunden. Der Waldboden dort oben war feucht, es muss dort in der Nacht geregnet haben. Zudem bließ ein kräftiger Wind, was mich dazu veranlasste die Regenjacke anzuziehen. Schon besser. Die nebelige Luft atmete sich angenehm. 



In der Nähe vom Passo della Calla war eine Menge los. War ich erst noch alleine unterwegs, begegneten mir nun wahre  Herrscharen von Wanderern. Am Pass angekommen nutze ich die vielen Picknick-Tische für eine kurze Rast. Anschließend ging es über einen breiten Waldweg bergauf, um anschließend zum Kloster "Eremo di Calmadoli" herunter zu führen. Dort waren erneut eine ganze Menge los. Kein Wunder: es gibt dort einen Parkplatz. Der kleine Klostershop hatte leider nur ein geringes Snackangebot. Spannenderweise traf ich neben dem Kloster eine Gruppe von vier Reitern samt ihren Pferden wieder, die ich vor zwei Tagen schon mal gesehen hatte. Aufgrund der sprachlichen Differenzen gestaltete sich ein Gespräch schwierig. Eigentlich hätte ich gedacht, dass die vier Herren mit ihren Pferden weitaus schneller sein müssten als ich. 


Hinter dem Kloster ging es durch den Wald bergauf und schon bald wieder bergab. Auf dem letzten Kilometer  in Richtung Badia Patraglia entschied ich eine Abkürzung zu gehen, da der SI hier einen Umweg geht. Dort angekommen kaufte ich mir erstmal zwei Pizzastücke. Da der Minimarkt im Ort erst um 16:30 Uhr öffnet, musste ich noch warten. Die Auswahl war eher bescheiden. Ich entschied mich neben einer Nektarine für Waffeln und eine Packung "Kinder Delice". 

Der weitere Verlauf führte nach einem Abschnitt auf der Asphaltstraße sehr steil über eine breite Forststraße bergauf. Schön war der Weg nicht, den die Forststraße war geprägt von Spuren der Forstmaschinen. Nach 31.5km suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen. 

Nearo statt Zero

Ich wurde vom Geräusch von Forstmaschinen geweckt. Einige Zeit führte der Weg weiter auf dieser unattraktiven Forststraße. Nach etwa einer Stunde verengte er sich aber zu einem vernünftigen Waldweg. Hin und wieder hatte man sogar eine tolle Aussicht. 



Ganz am Ende, kurz vor Varghereto, wurde der SI noch richtig spektakulär: Er führte durch einen kleinen Canyon.



Im Ort angekommen kaufte im Minimarkt ein. Die Auswahl hier war bedeutend besser als in Badia Prataglia. Es gab sogar verschiedene Sorten Schokolade und Snickers. Bereits um elf Uhr kam ich nach nur elf km am Campingplatz "Astro Camp" an, doch dort war alles verweist. Ich war viel zu früh. Nach etwa eine Stunde, die ich komfortabel in Sitzen verbrachte, kam der Besitzer. Den Campingplatz kann ich auf jeden Fall empfehlen, der Besitzer ist sehr freundlich und kann etwas Englisch. Man kann dort deine Wäsche waschen und sogar in einer Küche draußen kleine Mahlzeiten zubereiten. 

Nearos sind schon was Feines!

Kilometerrekord in grandioser Landschaft 

Diesmal kam ich erst um 7:30 Uhr los. Irgendwie war ich träge in der Früh. Der Trail zwischen Varghereto und Balze zeigte sich von seiner besten Seite: schmale Pfade durch dichten vom nächtlichen Regen nassen Wald und dazwischen grandiose Aussichten. 



Die Landschaft erinnerte mich an den Südwesten der USA, auch wenn dort braunrote Töne vorherrschen. 



In Balze konnte ich im örtlichen Supermarkt meine Lebensmittelvorräte aufstocken. Die Auswahl dort war ganz gut. 

Hinter Balze war es weiterhin landschaftlich sehr schön, doch der Weg war oftmals nicht als solcher gekennzeichnet und daher musste ich oft nachsehen, wo der richtige Weg lang geht. 



Der Anstieg zum Monte delle Zucca gestaltete sich anstrengend, den er war steil und der Sonne ausgesetzt. Oben gönnte ich mir eine Mittagspause und aß die Hälfte der Tortellini, die ich mir in Balze gekauft hatte. Lecker!

Mein Wasser wurde knapp und die eingezeichneten Bäche waren trocken. Doch rechtzeitig fand ich noch eine Viehtränke, mit frischem Wasser. Nur das balancieren zum Wasserhahn gestaltete sich schwierig. 



Unten am Passo di Viamaggio angekommen machte ich mich gleich auf den Weg Richtung Passo Bocca di Trabaria. Dort endet nämlich der Abschnitt in der Toskana und Emilia Romagna. Wie geplant schaffte ich etwa die Hälfte des Weges, der teilweise auf einer Forststraße verlief. Als ich den Anstieg zum Monte dei Frati geschafft hatte, sah ich ein Schild, welches eine kleine Biwakhütte auswies. Die war nur wenige Meter entfernt, aber bereits belegt. So lief ich noch ein Stückchen bergab, bis ich einen von Buchen geschützten Zeltplatz fand. An dem Tag hatte ich trotz etwa 1800hm Anstiegs ganze 37km geschafft. Ich war erstaunt von meiner eigenen Leistung. 

Nachts wehte ein ordentlicher Wind, der aber mein Zelt kaum erreichte. 

Abschied 

Die restlichen zehn Kilometer verliefen bergab über einen schmalen Pfad im Wald, der immer mal wieder schöne Ausblicke zuließ. 



Am Passo di Bocca Trabaria angekommen erblickte ich einige Motorradfahrer, die dort Pause machten. Aber es gab dort nichts, nicht mal eine Bar. Sogleich machte ich mich auf den Weg in den nächsten Abschnitt vom SI.


Fazit Toskana und Emilia Romagna 

In diesen beiden Provinzen ist der Verlauf vom SI mit dem Europäischen Fernwanderweg E1 meistens gleich und bewegt sich ständig an den Grenzen der beiden Provinzen hin und her. Hier ist auch die Markierung vorbildlich. Zumeist ist auch der Weg gut gepflegt. Hin und wieder ist er insbesondere im zweiten Teil durch Farn überwuchert, was aber kein wirkliches Hindernis darstellt. Der erste Teil ist im Gegensatz zum zweiten deutlich alpiner und verläuft dort meist oberhalb der Baumgrenze. Naja eigentlich liegt diese höher, aber es wachsen dort zumindest keine Bäume mehr. 

Mir hat dieser Abschnitt sehr gut gefallen, auch wenn er weitaus weniger einsam war als der ligurische Teil. Dafür war es klimatisch angenehmer. Im ersten Abschnitt gibt es abgesehen von Abetone keine richtigen Einkaufsmöglichkeiten. Dies ist im zweiten Abschnitt besser. Kleine Supermärkte gibt es in Montepiano, Badia Patraglia, Varghereto und Balze. 





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