Donnerstag, 25. April 2024

Sardinien Villasimius bis Ullasai

Sardinien Teil 1


Villasimius bis Ullasei

19.04.2024 Capo Cabonara

Schon 2022 auf dem SI, nahm ich mir vor irgendwann weitere Teile dieses ewig langen Fernwanderwegs zu trekken. Wann und wo genau, wusste ich damals noch nicht. Nun ergab sich dieses Jahr die Chance Sardinien zu erkunden, die Jahreszeit Frühling sollte ideal dazu sein. 

Die Anreise mit der Fähre von Civitacecchia gestaltete sich entspannt und ich kam pünktlich in Cagliari an. Trotzdem war ich aufgeregt, da ich mich auf die bevorstehende Trekkingtour freute. Ich kaufte ein Busticket und kam um kurz vor eins im kleinen und hübschen Städtchen Villasimius an. Glücklicherweise konnte ich bereits in meine Unterkunft einchecken und mich mit leichtem Gepäck auf dem Weg zum Meer machen. 

Zunächst lief ich entlang von Straßen, die nur mäßig befahren waren, bis ich auf einer trockenen Staubpiste am Stagno di Notteri entlang lief. Diese helltürkise Meerwasserbecken überraschte mich mit seiner Schönheit. 


Den eigentlich geplanten Weg bis zum Ende der Landzunge am Capo Cabonara fand ich nicht. Alle Pfade, die ich einschlug waren völlig verbuscht. So entschied ich mich für einen Weg näher an der Küste, der bedeutend besser war. 

Kurz vor dem Capo Cabonara sprach mich eine blonde Frau auf deutsch an, ob ich wüsste wo der Weg sei. Komoot verriet es mir und diesmal war der Weg auch tatsächlich vorhanden. Gemeinsam liefen wie das letzte Stück bis zum Ende der Landzunge, wo wir die Aussicht genossen. Ab hier geht es nur noch mit dem Boot weiter. 

Der Rückweg ähnelte dem Hinweg, diesmal lief ich aber am Strand neben dem Naturschutzgebiet Stagno di Notteri entlang, wo ich in der Ferne Flamingos erspähte. Geil! 

Es ging noch etwas weiter am Strand entlang, bis ich die "Via Giacomo Matteoti" erreichte. Flotten Schrittes lief ich diese hoch bis ich Villasimius erreichte, wo ich den örtlichen Conad aufsuchte, ehe ich in meinem Apartment verschwand. Denn leider werde ich den nächsten Ort mit einem Super an einem Sonntag passieren und brauche somit Proviant für 3.5 statt 2 Tage. 

20.04.2024 Wandern auf Privatgrund

Den ersten "richtigen" Wandertag ließ ich entspannt angehen und stand erst um acht Uhr auf. Zum Frühstück gab es die Reste vom Abendessen und um neun Uhr ging es dann auch schon los. Der Beginn über staubige Straßen war einfach und außer ein paar Hirten mit ihren Schafen sah ich niemanden. 

Als es dann bergauf ging, passierte ich eine Schranke, die zwar offen war, aber auf Privatgrund hinwieß. Laut der Beschreibung dieser Etappe soll man eine Nummer anrufen müssen, bei der man um Erlaubnis bitten soll, dort durchlaufen zu dürfen. Da dort keine Nummer stand, ging ich weiter. Kurz darauf folgte die nächste Schranke, ebenfalls geöffnet. Hier fand ich tatsächlich ein verblichenes Schild mit einer Telefonnummer. Etwas aufgeregt rief ich diese Nummer an, doch blöderweise ging keiner ran. Eine Weile stand ich unschlüssig herum, dann ging ich weiter. Schließlich war die Schranke offen und wer weiß, wann ich bei der Nummer jemanden erreicht hätte. 

Der ruppgige Karrenweg hoch zum Monte Minimini war steil und in Serpentinen ging es bergauf. Der relativ starke Wind sorgte für etwas Erfrischung. Weiter oben war der Wind zu stark, um ungeschützt Pause machen zu können. Unter einer Eiche fand ich Schutz und ruhte mich kurz aus. 

Die Aussicht bis runter zum Capo Cabonara war toll. Der Weg nach unten hingegen war anstrengend, da auch er ruppig und teilweise steil war. Die Vegetation ging in Eichenwald über, nachdem ich den nächsten Anstieg gemeistert hatte. Zum Schluss hatte ich das Gefühl, die Temperatur wäre schlagartig angestiegen. Zeit für eine Mittagspause im Schatten! 

Der Teil nach der Mittagspause wurde angenehmer, da es weniger bergauf ging als zuvor. Steile Wege bringe ich gerne hinter mich, ein Genuss ist sowas für mich nicht. Es ging oft im Schatten auf und ab, Ausblicke gab es wenige. Dafür war der Pfad mal schmaler, mal breiter, aber inzwischen auch sehr gut markiert. Die erste Markierung, die ich beim Bruncu su Adulu fand, hob meine Laune an. 

Nach 26km fand ich einen vermeintlich tollen Zeltplatz, doch da der Platz sehr knapp war und Felsen direkt am Rand, die Nutzung von Heringen erschwerten, suchte ich weiter. Zwar hätte ich Gelegenheit gehabt, die "Big Rock Little Rock-Methode" zu üben, ich sah aber von dieser Option ab, da ich das Zelt zuletzt 2022 aufgestellt hatte und es immer noch windig war. Es dauerte etwas länger, bis ich einen zufriedenstellenden Platz fand, denn in der nördlichen Richtung wurde es sehr steinig und somit auch uneben. Etwas genervt drehte ich um und schlug nach 26km mein Zelt zwischen ein paar Eichen auf. 

21.04.2024 Mediterrane Berglandschaften

Die Nacht war ruhig und zum Glück ereignislos. Müde stand ich um sieben Uhr auf und machte mich fertig. Um kurz vor acht startete ich in die Etappe. Zunächst ging es durch die Schönheit der "Sette Fratelli" (zu deutsch: "sieben Brüder"), eine Landschaft mit unzähligen Felsformationen. Mal war es hell und voller Frühlingsblumen, dann ging es durch dunklen und moosbewachsenen Eichenwald. Auch dort sah es aus, als hätten Trolle hier ihr Unwesen getrieben. Der Weg war entsprechend anspruchsvoll, es ging sprichwörtlich über Stock und Stein.


An einem Bächlein konnte ich mich ein wenig erfrischen, ehe ich weiter in Richtung der Ortschaft "Burcei" lief. Der Weg dahin zog sich in die Länge, es ging nämlich immer bergauf oder bergab. Besonders gefallen hat mir der Pfad am Kamm oberhalb einer Straße. 

Kurz vor dem Dorf wanderte mir eine Schildkröte entgegen. Eine Schildkröte am Rand eines trockenen Fahrweges! Natürlich blieb ich stehen um ein Foto zu schießen, die Schildkröte blieb stehen. Wahrscheinlich war sie verängstigt. 

In Burcei fand ich schnell Bänke und einen Wasserhahn. Ich füllte mein Wasser auf und verbrachte etwa eine Stunde dort. Diesmal habe ich ein ganz neuen Ausrüstungsgegenstand dabei: ein ultraleichtes Solarpanel. Mal sehen, wie gut das funktioniert. 

Der weitere Verlauf war aussichtsreich, aber von der Wegführung (einer Art Forststraße) her langweilig. So kam ich immerhin schneller vorwärts als in der Früh, wo ich bloß 2.5km pro Stunde geschafft hatte. 

Oben erblickte ich ein großes Weidegebiet für Rinder, in dem es nun galt irgendwo einen Zeltplatz zu finden. Dummerweise sind die meisten Wege auf per (Allrad-) PKW befahrbar, wie mir eine Kolonne von 4 Jeeps bewies. Irgendwann fand ich dann nach etwas Suchen eine versteckte Ebene, bei einem alten Pferch. Die Rinder waren zum Glück alle ein Stück entfernt. 26.5km hatte ich geschafft. 


22.04.2024 Kalter Wind und Goldfische 

Der Abend war zwar gemütlich, aber der Morgen dafür gar nicht mehr. In der Nacht hatte der Wind aufgefrischt und ich versuchte mit Hilfe von Ohropax das Pfeifen auszublenden. Es gelang mir nicht wirklich. Als ich um sieben aufstand, wunderte ich mich, warum das Zelt so wackelte. Ich schaute draußen nach und stellte fest, dass sich eine Leine gelockert hatte, obwohl der Hering fest im Boden steckte. Nachdem ich die Leine gestrafft hatte, stand das Zelt um Welten besser. Ich hoffte, der Wind sei gar nicht so schlimm, es käme mir im Zelt nur so vor. Als ich rausging, um das Zelt abzubauen, wurde ich eines besseren belehrt: ich bekam Tränen in den Augen vom kalten Wind und musste das Zelt zusammenrollen, bevor ich alle Heringe lösen konnte. Zurück auf dem Wanderweg war es auch nicht besser, dafür sah die Landschaft mit den sich schnell bewegenden Nebelwolken toll aus. 

Das Solarpanel benutze ich zum ersten Mal während des Wanderns oben auf dem Rucksack. 

Am Vormittag traf ich einen Wanderer aus Österreich mit seinem Hund, der auch ein paar Tage auf dem SI unterwegs war, dies sei sein letzter Tag gewesen.

Inzwischen war der Wind auch erträglicher geworden, auch wenn es immer noch frisch war. 

Ich hielt nach einer Wasserquelle aus, als ich links unterhalb der "Strada Monte Genis" einen Picknickplatz und ein steinernes Haus sah. Da ich dort eine Wasserquelle vermutete, stieg ich hinab und Bingo: eine gefasste Quelle mit kristallklarem Wasser! Interesse habe ich ein Gespür dafür, wie italienische Quellen aussehen. 😉
Auf der Straße sah ich den Österreicher und rief ihm zu. Ich berichtete ihm von der Quelle, da er mir erzählt hatte, er habe kaum noch Wasser. 

Der weitere Verlauf des SI war idyllisch und einsam und manchmal sehr steil. Ich traf auf eine weitere Wasserquelle, die nicht in der Beschreibung zu finden war. Und in dieser schwammen tatsächlich Goldfische! Tja... sowas gibt's nicht nur in Arizona!

Unterwegs traf ich viele Weidetiere, aber kaum Menschen. 

Immer wieder kam ich, trotz steiler Passagen, an tollen Zeltmöglichkeiten vorbei. Ich hoffte auch, 6km vor Villasalto noch eine zu finden, denn in dem Dorf gibt es keine Unterkünfte. Daher wollte ich an diesem Tag nicht bis dahin gehen, sondern vorher zelten. Zum Glück wirkte der Weg, als würde er selten genutzt. Da ich nicht mit Besuchern rechnete (und es ohnehin keine andere Möglichkeit gab), räumte ich ein paar Steine beiseite und stellte mein Zelt nach 24km direkt auf den Weg. Diesmal konnte ich einen sonnigen Abend genießen und hatte Dank der dichten Vegetation sogar guten Windschutz. 

23.04.2024 Im Wanderflow

Diesmal konnte ich endlich wieder richtig gut schlafen und startete erholt in den Wandertag. Nur meine Pollenallergie merkte ich leider die letzten Tage immer mehr. 

Der Tag startete sehr schön:

Kurz bevor ich Villasalto erreichte, sah ich dunkle Regenwolken ankommen. Schnell packte ich meine Ausrüstung in den Liner, der bislang nur ungenutzt in der Ecke lag. Als ich den kleinen Dorfsupermarkt erreicht hatte, fing es an zu tröpfeln. Die Auswahl war begrenzt und vieles gab es nur in XXL-Portionen. So kaufte ich nur drei Dinge: Kekse, Pesto und Tortellini. Als ich fertig war, waren auch die Regenwolken weg.

Zunächst ging es eine Schotterstraße bergab, die weiter unten zu einem Wanderweg wurde. Rund um mich herum, war es dicht bewachsen. Manchmal spürte ich den kalten Wind, der immer noch kräftig wehte. Nach Armungia ging es auf einen aussichtsreichen Pfad bergauf. Plötzlich sah ich fünf große weiße Hunde, die bellend auf mich zurannten. Ich wedelte mit meinen Trekkingstöcken, um sie auf Abstand zu halten, bis ihr Herrchen sie beruhigt hatte. Dieser redete auf italienisch auf mich ein, manches verstand ich zwar (Warum bist du alleine unterwegs? Ist es nicht kalt?), aber mein italienisch reichte nicht für verständliche Antworten aus. In Armungia machte ich eine Pause in einer Bar, bevor ich weiterlief. 

Rückblick auf Armungia:

Es ging auf alten Pfaden bergab bis zum Fluss Fiume Flumendosa. Auf der anderen Seite ging es etwa 400hm wieder rauf aufs Plateau Sa Mola. 

Hier weideten abwechselnd Kühe, Schafe und Ziegen, die teilweise von Hunden begleitet wurden. Trotz des dichten Bewuchses wehte gerade am Rand des Plateaus der Wind stark. Ich übte mich darin, die Umgebung auf ihre Möglichkeiten nach Windschutz zu beobachten. Das Wandern fiel mir heute besonders leicht, gefühlt kostete es mich kaum Mühen. Nach 27km entschied ich mich, mir versteckt und geschützt zwischen hohen Sträuchern einen Zeltplatz zu suchen, bevor der SI in Richtung des Windes bergab steigen würde. 


24.04.2024 Würziger Duft

Es wehte in der Nacht noch weniger als erwartet, stattdessen regnete es immer wieder. Auch beim Frühstück regnete es noch. 

Die Landschaft war und blieb lange Zeit richtig idyllisch, dazu kaum ein würziger Duft, den der nächtliche Regen hervorgelockt hatte. Er erinnerte mich an den Sentiero Italia in Ligurien, wo ich diesen Duft, der mir so gut gefällt, zum ersten Mal gerochen habe. 

Durch dichten Wald ging es, zwischendurch sah ich auch diesmal Rinder und Schafe. Eine gute Wasserquelle fand nach rund zwei Stunden Gehzeit. Das Wetter war durchwachsen, dunkle Wolken drohten mit Regen, der ab und zu auch kam. Am Beginn des Aufstieges nach Perdasdefogu fand ich erneut eine Wasserquelle, bei der ich länger Pause machte. Da es kühl war und immer mal wieder etwas regnete, war es heute nicht so gemütlich. 

In Perdasdefogu stellte ich fest, dass der Crai-Supermarkt erst um 17 Uhr seine Pforten öffnet, statt um 16:30 Uhr, wie es bei google maps steht. Beim Warten wünschte ich mir Handschuhe, da meine Finger erbärmlich froren. Aber ich hatte keine eingepackt. Um 17 Uhr kaufte ich schnell ein und machte mich auf den Weg. Zunächst auf Asphalt, dann auf einem Schotterweg, der in einen Wanderweg überging. 

Der Wind war immer noch stark und sehr kalt, wetteronline sagte Böen mit  75km/h vorher. Weiter unten entdeckte ich drei Pinnettos, eine Art alte Hirtenunterkunft. Aber so wirklich regendicht sahen sie nicht aus und eine Bank oder so gab es darin auch nicht. Daher entschied ich mich dafür stattdessen mein Zelt aufzustellen. Blöderweise ist ein Easton Nano Hering gebrochen. Wieder ein Pluspunkt für die Titanheringe von Aliexpress. 
28km waren es heute, den Umweg zum Supermarkt nicht mitgezählt. 


25.04.2024 Ungemütlich 

Der Wind war in der Nacht weniger stark präsent als angenommen. Die Stellplatzwahl hat sich auch diesmal als exzellent herausgestellt, da nur wenige der Windböen, die hörbar waren, tatsächlich am Zelt angekommen sind. 

Zwieback als Frühstück stellte sich als keine tolle Idee heraus, denn gesättigt fühlte ich mich danach nicht. Naja, es war ein Versuch wert... Der Weg begann sehr schön, als es auf einem Pfad durch ein wildes Tal ging. Später erreichte ich eine Provinzstraße, in dessen Nähe ich mich die nächsten zwei Stunden bewegte. Links von mir befand sich ein Windpark. Dieser Ort wurde wohl nicht umsonst dazu auserkoren, denn der Wind dort war stark und fürchterlich kalt. Ich merkte erneut, dass es ein Fehler war, keine Handschuhe mitzunehmen. Heute hätte ich welche gebraucht! 

Richtung San Antonio di Jerzu lief ich häufiger durch geschütztere Gebiete, was nicht nur angenehmer, sondern auch schöner war. In dem Weiler gab es übrigens nichts außer einem Wasserhahn und ein Hotel. 


Der letzte Teil bis Ullasai war überraschend spektakulär. Steile Felswände ragen hier in die Höhe, oben sind sie dicht bewachsen. Die Region soll besonders bei Kletterern beliebt sein. Der Weg runter nach Ullasai war laut einem Schild offiziell gesperrt, da es der einzige Weg war und eine Joggerin auch dort langgelaufen war, entschied ich mich, ihn trotzdem zu gehen. Und natürlich war er in Top Zustand. Seltsam...

Auf einem Straßenschild las ich von einem Campingplatz (Camping Theleme) in der Nähe von Ullasei und beschloss spontan, dort hinzulaufen. Das wildromantisch gelegene Ullasei war, wie ich gedacht hatte, wie ausgestorben, denn heute war Feiertag (Tag der Befreiung der Italiener). Tatsächlich hatte der Camping nicht nur offen, sondern war auch noch gut besucht. Ich bekam einen Stellplatz für mein Zelt und konnte endlich mal wieder duschen. 


GPX-Track: Teil 1

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