Dienstag, 23. August 2022

Sentiero Italia Etappe 3: Umbrien und Marken Teil 1


Teil 1 Passo di Bocca Trabaria- Colfiorito (180 km & 7300 hm)



Streifzüge durch unbekannte Gebiet
e


Hier beginnt der Bereich vom SI, der im Gegensatz zu den vorherigen Etappen, keine bekannten Fernwanderwege folgt. Die Markierungen werden seltener und die Pfade weniger begangen. Es verspricht also abenteuerlich zu werden. Was wird mich hier erwarten? Kaputte Wege oder einsame Pfade in grandioser Natur?

Die GPX-Tracks, die ich benutzt habe, finden sich hier.

Ewige Forststraßen


Nachdem ich den Passo di Bocca Trabaria überquert hatte, war ich in der Provinz Marken angekommen. Der erste Abschnitt sollte einfach sein. Doch wenige Meter nachdem ich die Marken betreten hatte, verlief ich mich. "Fängt ja gut an..." dachte ich. Zurück auf dem richtigen Weg sah ich, dass die Markierungen hervorragend waren und zudem auch noch neu aussahen. Mein Fehler also.

Der schattige Pfad mündete rasch in einer Forststraße. Diese war zwar gut zu gehen, aber auch eintönig. Trotzdem gab es hin und wieder ein paar aussichtsreiche Meter. Außerdem war der Weg von violetten Blumen gesäumt. Abgesehen von einem Mountainbiker traf ich niemanden. 






Am späteren Nachmittag erreichte ich den Passo Bocca Serriola. Dort gab es eine Bar, wo ich einen Schokoriegel kaufte und meinen Wasservorrat auffüllte. Das war auch gut so, denn der weitere Verlauf war trocken. Erneut ging es auf einer Forststraße weiter. Immerhin war diese etwas luftiger und erlaubte schöne Ausblicke. Etwas abseits fand ich einen erstaunlich schönen Zeitplatt, von dem aus ich einen grandiosen Sonnenuntergang erblicken konnte. Insgesamt hatte ich auch an diesem Tag 36 km geschafft, wovon sich 26 km in der neuen Etappe befanden.




Monte Nerone und die Region um Pieia

Der nächste Tag verlief überraschend positiv. Die Forststraße ging bald in einen Wanderweg über und stieg nach Serbatoio di Serravalle di Card ab. Laut Google sollte es in dem Örtchen sogar einen Minimarkt geben. Danach habe ich aber nicht geschaut, weil Feiertag war. Wasser konnte man neben dem Spielplatz bekommen. 

Anschließend führte der Weg in sanft ansteigenden Serpentinen durch Kiefernwald hinauf in Richtung Monte Nerone. Dieser Berg ist 1525m hoch und da der kleine Ort nur auf 780m lag, erwartete mich ein langer Anstieg. Trotz des Feiertags war der Weg leer! 



Am Wegesrand hingen lauter kleine Schnecken in den Grashalmen. Lustig, sieht das aus.


Der Serpentinenweg endete an einer Asphaltstraße. In der Nähe gab es eine kleine unbewirtschaftete Hütte. Nahe an der Straße gelegen hatten sich schon ein paar Italiener eingefunden. Ich schnappte mir einen der vielen Klappstühle aus der Hütte und machte eine Kekspause im Schatten. Es gab sogar frisches Wasser.

Der weitere Abstieg war bedeutend steiler und es wehte ein kräftiger Wind. An einem Rifugio war eine Menge los. Vor dem Weitergehen gönnte ich mir ein Pizzastück. Zum Gipfel ging es unterhalb eines Skilifts steil bergan. Dahinter waren die Markierung kurzzeitig verschwunden, denn es lagen unzählige gefällte Bäume auf dem Boden. Oben am Gipfel waren auch einige Leute unterwegs. Kein Wunder: unterhalb gibt es einen Parkplatz...



Ein Stück unterhalb vom Gipfel befand sich gleich das nächste Rifugio. Hier gab es sogar Livemusik. Die Straße daneben war komplett zugeparkt. 

Nach einem kurzen Stück auf der Straße, führte der SI teilweise sehr steil bergab. Für die Füße war das anstrengend, insbesondere für meine geschundenen Zehen. Aber meist war der Pfad in gutem Zustand und auch hin und wieder markiert. 



Der kleine Weiler Pieia sieht wunderschöne aus, wie es sich in die Berglandschaft hineinschmiegt. Aber es gab dort nicht mal eine Bar. Pause machte ich in einer Kapelle, wo sogar der Strom funktionierte. Hurra! Wasser gab es im Örtchen auch mehr als reichlich. Den Einstieg in den weiteren Weg fand ich erst nicht. Kein Wunder: ich musste dazu durch eine Familienfeier durchlaufen...

Jetzt wurde es immer grandioser. Der schmale gekieste Pfad führte etwas bergab und durch zwei Steinbögen hindurch. Solche Arches kannte ich bisher nur aus den USA. Einfach grandios! 



Generell waren die Berge hier felsig und zerklüftet. Der Wald hatte ich seit diesem Tag auch verändert. Viele Eichen wuchsen hier, aber auch zahlreiche andere Baumarten wie z.B. Robinien. Mir gefällt diese Vielfalt. Der Pfad wurde zu einem Höhenweg und führte auf und ab. Auf der anderen Seite waren einige Bäume sogar schon orange verfärbt. Ich konnte mich gar nicht stattsehen. 




An dem Tag beendete ich den Wandertag zeitig nach 26.5km, denn ansonsten wäre ich schon in den Teil gekommen, der laut der Beschreibung kritisch sein soll. Und diesen wollte ich erst am nächsten Tag gehen. Am Abend gewitterte und regnete es dann noch. Kurz vor Sonnenuntergang kamen dann auch noch Wanderer vorbei. Dabei hatte ich seit drei Stunden keine Menschenseele mehr gesehen. Glücklicherweise regnete es in dem Moment gerade besonders stark und niemand kam auf mein Zelt zu. 




Abenteuerliche Pfade

Schon die Beschreibung der Etappe zwischen Pieia und Cagli zeigte, dass dieser Abschnitt kritisch werden sollte. Mit Brombeeren und anderen Pflanzen zugewachsene Wege ohne Markierung. Zudem teilweise noch sehr steil. Auf der Karte fand ich eine Forststraße und nahm mir vor ggf. diese als Alternative zu gehen. 

Der erste kritische Abschnitt sollte hinter dem Weiler Moria beginnen. Dort war ich nach einem kurzen Asphalt-Uphill schnell angelangt. Natürlich bog ich erst falsch ab. Danach fand ich aber die schmale Spur, die mittig bergab führt. Der Pfad war besser als vermutet. Zwar war er tatsächlich zugewachsen, aber nur selten mit den stacheligen Brombeeren. Auch war der Weg selbst ohne Markierung gut erkennbar. Für meinen Geschmack war er sogar ganz schön. 




Der zweite kritische Teil gestaltete sich schwieriger. Der Beginn sah aus wie eine Forststraße,  blieb aber nicht so. Anfangs war der Pfad immerhin noch markiert und führte durch Wald in Kehren bergauf. 



Auf halber Strecke endeten die Markierungen und der Weg wurde sehr steil. Er war aber noch gut zu erkennen, denn es gab eine schmale Geröllspur, die bergauf führte. Sie war stark zugewuchert. Zum Glück nicht nur mit Brombeeren, sondern auch mit Haselsträuchern und anderer Vegetation. Die Brombeerranken ließen sich mit Zuhilfenahme der Trekkingstöcke nach unten drücken. 





Wenn man genau hinsieht, erkennt man in der Mitte die Geröllspur. Kurz vor dem Ende verschwand diese jedoch. Stattdessen führte mehrere Trittspuren in unterschiedlichen Richtungen. Dank der Komoot-App konnte ich aber erkennen, welche Spur sinnvoll ist. Ich war froh den Weg am Vormittag zu gehen, wo der Anstieg größtenteils im Schatten lag. Bald darauf gab es einen richtigen Pfad durch Graslandschaft hinauf zur Forststraße. Den restlichen Weg zum Gipfel des Monte Petrano war auch weglos, aber unschwer. Dort gönnte ich mir eine Rast.



Auf der anderen Seite unterhalb vom Gipfel gibt es einen Campingplatz. Der Weg hinunter nach Cagli hingegen war in gutem Zustand und problemlos zu begehen. 17 km hatte ich auf dem Tacho.



In Cagli hatte ich zwei Nächte im Hotel gebucht. Da meine Schuhe Salomon XA Takeo schon größere Löcher im Mesh haben und das Profil im vorderen Bereich auch ziemlich abgenutzt ist, buchte ich eine Unterkunft und bestellte mir Schuhe bei Amazon. Hoffentlich kommen die rechtzeitig an. Laut der Zeitangabe von Amazon sollte das funktionieren. 

Alternativplanung

Der Abschnitt des SI zwischen Cagli und Cantiano wird als desaströs beschrieben. Die Wege wären durch zwei Erdrutsche zerstört und zu allem Überfluss massiv überwuchert. Mit fett gedruckter Schrift wird davon abgeraten, den Weg zu gehen. Daher habe ich an meinem Ruhetag mit Komoot eine Alternative geplant, wo ich stattdessen den Weg Nr. 260 nehme und direkt in die darauffolgende Etappe 175 übergehe. Cantiano überspringe ich also. Mal sehen wie diese Alternative gelingt. 

Der erste Wandertag nach dem wohlverdienten Ruhetag führte natürlich mit Lebensmitteln für etwa vier Tage hauptsächlich bergauf. Leider ist das meistens so. Da der schwere Rucksack auf den Schultern drückte, machte ich zwischendurch viele kleinere Pausen. Große Luft aufs Fotos knipsen hatte ich deshalb auch nicht. 

Der erste Teil bergauf war gut markiert und auch in gutem Zustand. Später wurden die Markierungen spärlich und die Wege führten oft ohne erkennbaren Pfad über Weideflächen bergauf. An einer unverhofft auftauchenden Wasserquelle machte ich eine kurze Snackpause. Füße lüften ist dabei auch obligatorisch. In der Nähe der Quelle sah ich ein paar Zelte. Spontan tauchte eine Mutter mit Kind auf und schenkte mir eine Hand voll Tomaten. Sowas nennt man Trail Magic. Grandios! Freudig biss ich hinein - köstlich!

Die Pause beendete ich trotzdem schneller als erwartet, denn es fing an zu regnen. Das begleitende Donnergrollen kündigte ein Gewitter an. Die Regenjacke zog ich trotzdem schnell wieder aus - es war einfach zu warm. Bald hörte es es schon wieder auf. 



Über einen aussichtsreichen Höhenweg ging es weiter. Dort fand ich auch eine kleine Biwakhütte. Dort wollte ich zwar nicht übernachten, doch drinnen lässt sich auch hervorragend eine warme Mahlzeit zubereiten. Francesco war dort gerade dabei draußen den Zaun zu reparieren. Wir unterhielten uns ein wenig.



Nachdem es noch etwas bergauf ging, führte der Weg steil bergab bis zum Kloster Fonte Avellana. Dieser Ort sah schon von oben sehr idyllisch aus. Für eine Pause am Nachmittag perfekt geeignet. 

Schweißtreibend ging es anschließend etwa 300 Höhenmeter durch Eichenwald bergauf bis auf einen sehr aussichtsreichen Bergkamm. Das liebe ich am SI. 



Bergab geht es dann über verwaiste Weideflächen, wo auch eine weitere unerwartete Wasserquellen auftaucht. Abends geht es noch durch den Weiler Isola Fossara. Irgendwie fühle ich mich am Abend immer etwas unwohl wenn ich mit meinem großen Rucksack durch solche kleinen Ortschaften laufe. Kurz füllte ich meine Flasche auf und verließ den Ort über eine breite Forststraße. Diese führte an einem Bach entlang und ich bekam große Lust darauf darin zu baden. Kurz überlegte ich, dies tatsächlich zu tun. Doch ein ganzer Schwarm Bremsen verfolgte mich. Also schnell weiter. Bremsenbisse sind nämlich echt fies! Und zelten mochte ich in dem Gebiet auch ungern.
Also ging ich noch etwa 200 Höhenmeter bergauf, wo ich auf einem Bergrücken in einem lichten Wald ein feines Plätzchen fand. Trotz der etwa 1800hm hatte ich ganze 32km geschafft.

In der Nacht beobachte ich beeindruckende Blitze aus der Ferne. Doch das Gewitter nähert sich und es regnet lange. 

Unwetter in Italien



Am nächsten Tag startete es zuerst ausgesprochen schön. Nein, eigentlich ist das Wort "schön" dafür eine Untertreibung. Es war trocken, doch sie Luft feucht und roch wunderbar würzig. 



Schon bald fand ich eine Wasserquelle in einem winzigen Weiler am Wegesrand. Der Pfad verlief spektakulär am Hang entlang und stieg sanft an. Die Ausblicke waren grandios und die Luft war angenehm kühl. Manche Bäume waren bereits intensiv orange gefärbt. 




An einer hoch gelegen Weidewiese fand ich erneut Wasser. Dort machte ich auch eine kurze Pause. Für eine längere war es dort zu windig. Bald fing es an zu regnen. Donnergrollen kam hinzu. Durch Nebel lief ich auf einer gut ausgebauten Forststraße durch den Regionalpark Monte Cucco. Der Regen wurde irgendwann so stark, dass es nervte. Notdürftig stellte ich mich unter einem überdachten Infoschild unter. Dort kam zwar trotzdem Rehen hin, aber nicht so viel. Als es etwas besser wurde, lief ich weiter.



Zwischendurch hörte es ganz auf und ich dachte schon, dass Gewitter sei weitergezogen. Doch weit gefehlt! Als ich mich auf einem schönen Pfad durch alten moosverwachsenen Buchenwald bergab in Richtung Val di Ranco befand, fing es erst so richtig an. Sinnflutartig ergoss sich eine unglaubliche Menge Wasser vom Himmel. Ich versuchte zwar unter den großen Buchen Schutz zu finden, doch selbst an deren Stämmen floss der Regen in Bächen hinab. 

Als ich in Val di Ranco ankommen bin, hatte es aufgehört. Auf einem der dortigen Picknicktische ließ ich mich nieder und zog mich um. Lange blieb ich dort aber nicht, denn es fing erneut an zu regnen. Also weiter. Beim Gehen wird mir wenigstens warm... 

Der Weg führte bald mehrere Kilometer an einem theoretisch aussichtsreichen Grat entlang. Davon sah ich nichts. Stattdessen kämpfte ich mich bei stürmischen Wind gepaart mit Regen voran. Irgendwann hörte immerhin der Regen auf. 



Als das Foto entstand, hatte ich schon wieder eine recht gute Sicht. Erst als es bergab zu einem Sattel ging, zeigten sich erste blaue Flecke am Himmel. Ich bin hungrig und erschöpft. Genervt schlug ich notdürftig mein Zelt auf und verkriechte mich für eine Stunde darin. Denn dort drinnen war es windstill und trocken...

Der weitere Weg wäre eigentlich durchaus einfach zu gehen gewesen, doch durch den vielen Regen waren die Pfade an vielen Stellen total matschig geworden. 

Am späten Nachmittag hörte ich erneut ein unheilvolles Donnergrollen aus der Ferne. Die dunklen Wolken zeigten Regen an, der auch bald kam. Gegen Abend klarte es dann tatsächlich auf und ich fand ich nach 29.5km sogar einen aussichtsreichen Zeltplatz. Dort hatte ich sogar 4G und erfuhr, dass die deutschen Nachrichten von verherrenden Unwettern in Italien berichten. Aha. Deshalb war das Wetter an diesem Tag so schlecht...





Endlich wieder Sonne

Die Nacht blieb zwar ohne Regen, doch es bildete sich eine Menge Kondenswasser im und am Zelt. Am Morgen wachte ich im Nebel auf. Der Weg führte teilweise über aussichtsreiche Pfade bis zum Campingplatz Valsorda. Bis dorthin hätte ich am Vortag eigentlich laufen wollen, doch das war zu weit. 

Am nächsten Tag füllte ich dort meinen Wasservorrat auf. Inzwischen kam auch die Sonne raus und diesmal freute ich mich sogar darüber. 



Der weitere Weg führte sehr aussichtsreich über am Bergrücken gelegene Weideflächen für Kühe. Die sind hier weiß. 



Am Weg bergab versuchte ich lange Zeit einen riesigen Schwarm von kleinen Fliegen loszuwerden. Erst als ich eine Pause machte und dazu lange Kleidung anzog, ließen sie mich endlich in Ruhe. 

Der Weg bergab nach Bagnara war erstaunlich einfach, da er hauptsächlich über Forststraßen relativ sanft bergab führte. Erst zum Ende hin wurde es steiler. So kam ich in dem Dorf früher an als erwartet. In einem kleinen Lebensmittel-Shop kaufte ich eine Nektarine und eine Kugel Mozzarella. 



Brunnen mit frischem Wasser gab es dort reichlich. Da ein kräftiger Regenschauer vom Himmel kam, stellte ich mich ein paar Minuten bei einer überdachten Wasserquelle unter. Schon komisch. An dem Tag, wo ich so etwas gebraucht hätte, war weit und breit kein solcher Regenschutz zu finden. Auf einer breit ausgebauten Kiesstraße ging es weiter. Dort fand ich überraschend eine Biwakhütte, die aber verschlossen war. Oberhalb davon befand sich aber eine kleine Wiese. Perfekt um dort ein Zelt aufzustellen. Mit 35km hatte ich an dem Tag fünf Kilometer mehr geschafft als geplant.


Sanfte Hügellandschaften

Der weitere Weg bis Colfiorito war denkbar einfach. Hauptsächlich führte es über einsame Forststraßen, die manchmal von Wanderwegen abgewechselt wurden. Die Landschaft hier sah schon mehr nach dem Italien aus, wie man es aus dem Fernsehen kennt. Zumindest hatte ich solche im Kopf.




Kurz vor Colfiorito befindet sich ein kleines unter Schutz gestelltes Sumpfgebiet. Dort konnte ich, neben einem alten Schiffswrack, eine Weile ein Reiher und ein im Wasser schwimmendes Säugetier beobachten. 




In Colfiorito selber kaufte ich im Supermarkt ein - der hat auch am Sonntag auf! Zu Mittag aß ich in einem kleinen, aber feinen Restaurant. Zum Inventar gehörte Dackel Frida, die sich von mir ausgiebig streicheln ließ. Diesmal wartete dort jedoch kein Ruhetag auf mich. Nach der Mittagspause ging es weiter.







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Dieses Blog durchsuchen